Überbau: Duldungspflicht, Verjährung, Kosten

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veröffentlicht am  17.1.2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

Urteil des LG Saarbrücken vom 11.11.2022, Az.: 13 S 51/21

Die Duldung eines Überbaus steht unter strengen Voraussetzungen, allerdings kann die Beseitigung eines Überbaus auch Kosten für den Nachbarn verursachen.


Die streitenden Parteien sind jeweils Eigentümer von Grundstücken. Auf dem Grundstück der Klägerseite befand sich ein Schuppen, der mit ca. 50 cm Abstand zum Nachbarsgrundstück errichtet wurde. An diesen Schuppen wurde von der Nachbarseite eine Garage angebaut, sodass sich ein Überbau auf das Grundstück der Kläger ergab. Nachdem die Nachbarseite erfolglos zur Entfernung des Überbaus aufgefordert wurde, klagten die Eigentümer des überbauten Grundstücks auf Beseitigung, hilfsweise auf Duldung der Entfernung durch sie selbst.


Sowohl das AG Saarbrücken als auch das LG in der Berufung gaben den Klägern im Hilfsantrag statt. Das LG führte aus, dass es sich bei der überbauten Garage weder um einen sog. entschuldigten noch um einen berechtigten Überbau handle. Bei dem entschuldigten Überbau ist der überbaute Nachbar zur Duldung verpflichtet, wenn er der Grenzüberschreitung nicht widersprochen hat und dem Eigentümer des überbauenden Grundstücks bei der Errichtung des Überbaus weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Ein berechtigter Überbau hingegen liegt vor, wenn der Nachbar dem Überbau zustimmt. Die Beklagtenseite führte aus, dass es sich sowohl um einen entschuldigten als auch einen berechtigten Überbau handle. Denn die Voraussetzungen für die Duldungspflicht eines entschuldigten Überbaus seien gegeben: Als die Garage 1937 erbaut wurde, seien die Parteien nämlich übereinstimmend irrig davon ausgegangen, dass sie entsprechend dem Grenzverlauf errichtet wurde. Dies stünde dem Vorwurf einer groben Fahrlässigkeit entgegen. Zum anderen handele es sich ihren Ausführungen nach auch um einen berechtigten Überbau, da die Rechtsvorgänger der jetzigen Eigentümer des Nachbargrundstücks formfrei zugestimmt hätten, was jene sich zurechnen lassen müssten. Die Ausführungen konnten vor dem LG nicht standhalten. Die entscheidende Kammer stellte fest, dass bereits 1936, also ein Jahr vor der Errichtung der Garage, den richtigen Grenzverlauf kennzeichnende Grenzsteine gesetzt wurden. Von einem übereinstimmenden Irrtum der Parteien konnte hiernach nicht mehr ausgegangen werden. Vielmehr sei der überbauenden Partei, zumal Kenntnis über die Grenzen bestand, grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Eine Duldungspflicht wegen des entschuldigten Überbaus sei somit nicht gegeben. Ferner führte das LG aus, dass auch eine Zustimmung für einen berechtigten Überbau nicht zweifelsohne erteilt wurde. Die Beklagtenseite konnte keinen schriftlichen Nachweis erbringen. Eine konkludente Zustimmung, etwa durch stillschweigende Duldung des Überbaus, konnte das Gericht nicht unterstellen. Darüber hinaus kam vorliegend auch keine ausnahmsweise Duldungspflicht aus Treu und Glauben in Betracht.


Im Ergebnis stellte das LG fest, dass den Klägern ein Anspruch auf Beseitigung der Garage zustand. Problematisch war allerdings, dass der Anspruch bereits verjährt war, da die Garage bereits 1937 errichtet wurde. Den Klägern blieb somit nur die Beseitigung der Garage auf eigene Kosten, die das Gericht entsprechend dem Hilfsantrag als zulässig aussprach.

 

Fazit:

Die Voraussetzungen für eine Duldungspflicht bei Überbauten sind vergleichsweise streng. Einerseits kann sich der Überbauende nicht ohne Weiteres mit einem entschuldigten Überbau wegen nur leichterer Fahrlässigkeit entlasten, andererseits ist eine bloße Berufung auf eine langjährige Duldung oder konkludente Zustimmung durch etwaige Rechtsvorgänger des Klägers regelmäßig nicht schlüssig. Der Anspruch auf die Beseitigung des Überbaus wird in Einzelfällen bereits verjährt sein. Überbauten bleibt die Möglichkeit, den Überbau selbst zu beseitigen, dies aber nur auf eigene Kosten.

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