Kosten für den Vermögensübergang bei Verschmelzungen im Fokus von aktuellen Betriebsprüfungen

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veröffentlicht am 30. Oktober 2018

 

​Derzeit ist die Definition des Umfangs der Kosten des Vermögensübergangs bei Verschmelzungen ein immer häufiger aufgegriffenes Spannungsfeld im Rahmen von Betriebsprüfungen. Eine endgültige Klarstellung der Streitfrage wird wohl erst durch die finanzgerichtliche Rechtsprechung erfolgen. Unternehmen und Berater sollten bei aktuellen Verschmelzungsvorgängen ein besonderes Augenmerk auf die Abgrenzung der Kosten des Vermögensübergangs zu den laufenden Betriebsausgaben legen.


Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert der Anteile an der übertragenden Gesellschaft und dem Wert, mit dem die übertragenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen sind, abzüglich der Kosten für den Vermögensübergang, stellt den Gewinn oder Verlust aus einer Verschmelzung dar. Der entstandene Verschmelzungsgewinn oder –verlust bleibt bei der übernehmenden Gesellschaft außer Ansatz (§ 12 Abs. 1 Satz 1 UmwStG, Tz. 12.05 iVm. Tz. 04.27 und Tz. 04.34 BMF-Schreiben v. 10.11.2016 zum UmwStG). Die Kosten des Vermögensübergangs wirken sich somit steuerlich nicht aus. Streitpunkt in aktuellen Betriebsprüfungen ist derzeit die Frage nach der Definition des Umfangs der Kosten des Vermögensübergangs und ihre Abgrenzung zu den laufenden abziehbaren Betriebsausgaben.


Problematisch ist dabei, dass der Begriff der Kosten des Vermögensübergangs bisher weder vom Gesetzgeber noch in der Rechtsprechung ausreichend definiert wurde. Eine Gleichsetzung mit den Umwandlungskosten ist hingegen zu verneinen, da diese sämtliche mit der Umwandlung in Zusammenhang stehende Aufwendungen darstellen. Bei den Kosten des Vermögensübergangs handelt es sich um einen abzugrenzenden Teilbereich der Umwandlungskosten. Dies ergibt sich auch aus der Intention des Gesetzgebers, wonach betriebswirtschaftlich sinnvolle Umwandlungen nicht durch steuerliche Belastungen be- oder verhindert werden sollen. Andernfalls hätte der Gesetzgeber dies zum Ausdruck gebracht, wie schon bereits bei anderen Vorschriften  (z.B. § 8b Abs. 2 S. 2 KStG, § 17 Abs. 2 S. 1 EStG) in welchen der Begriff der Veräußerungskosten konkret definiert wird.


Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind als Kosten des Vermögensübergangs i.S.d. § 4 Abs. 4 S. 1 UmwStG nur die nicht objektbezogenen Kosten des übernehmenden Rechtsträgers – unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Entstehung – sowie auch nicht objektbezogene Kosten, die dem übertragenden Rechtsträger zuzuordnen und nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen. Die Einbeziehung der Kosten des übertragenden Rechtsträgers ergibt sich daraus, dass Geschäftsvorfälle im umwandlungsrechtlichen Rückwirkungszeitraum steuerlich dem übernehmenden Rechtsträger zuzurechnen sind, wenn die übertragende Körperschaft handelsrechtlich aufgelöst und ihr Vermögen auf den übernehmenden Rechtsträger übertragen worden ist.


Je nachdem, wie eng oder weit der Umfang der Kosten für den Vermögensübergang in der Vergangenheit ausgelegt wurde, kann dies Diskussionen mit dem Betriebsprüfer nach sich ziehen. In der Literatur wird der Umfang der Kosten für den Vermögensübergang enger ausgelegt, als dies in der Finanzverwaltung der Fall ist. Allerdings gibt es auch unter den Fachleuten keinen Konsens darüber, bis zu welchem Grad eine enge Auslegung des Umfangs vertretbar ist.


Die Literatur stützt sich in ihrer Argumentation auf die ständ. Rechtsprechung des BFH, nach welcher bei einer Verschmelzung auf Ebene des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers ein Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft vorliegt. Dabei geht der BFH davon aus, dass sich die Vermögensübertragung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge und das Vorliegen eines Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäfts tatbestandlich nicht ausschließen. Daher sind die aufgrund einer Verschmelzung beim übernehmenden Rechtsträger anfallenden objektbezogenen Kosten der Vermögensübertragung als Nebenkosten der Anschaffung beim entsprechenden Wirtschaftsgut aktivierungspflichtig.


Im Hinblick auf die Abgrenzung des Umfangs der Kosten des Vermögensübergangs kann sich ebenfalls an der Rechtsprechung zu Veräußerungskosten bei Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäften orientiert werden. In seinem Urteil vom 9. April 2014 (I R 52/12) führt der BFH aus, dass die Veräußerungskosten von den laufenden Betriebsausgaben nicht mehr danach abgegrenzt werden, ob sie in unmittelbarer sachlicher Beziehung zum Veräußerungsgeschäft stehen, sondern danach, ob ein Veranlassungszusammenhang zum Veräußerungsgeschäft besteht. Dabei ist auf den „auslösenden Moment“ für die Entstehung der Aufwendungen und ihre größere Nähe zur Veräußerung oder zum laufenden Gewinn abzustellen. 


Für die Zuordnung zum Veräußerungsgeschäft ist eine unmittelbare veräußerungsbedingte Kausalität des angefallenen Aufwandes erforderlich.  Bei einer Verschmelzung ist als „auslösender Moment“ für die „Kosten für den Vermögensübergang“ der Übernahmevorgang anzunehmen.


Die Finanzverwaltung hingegen legt den Umfang der Kosten für den Vermögensübergang danach aus, ob die Kosten auch ohne den zugrunde liegenden Umwandlungsvorgang entstanden wären. Ist die Fragestellung zu verneinen, liegen demnach automatisch Kosten des Vermögensübergangs und nicht laufende Betriebsausgaben vor. Diese Auslegung ist nach herrschender Meinung in der Literatur auf Dauer nicht haltbar. Eine Zuordnung kann nicht pauschal aufgrund einer Verursachung der Kosten durch die Verschmelzung vorgenommen werden. Hier muss vielmehr differenziert werden, welche Kosten dem Übernahmevorgang direkt zuzuordnen sind und welche Kosten laufende Betriebsausgaben - wie beispielsweise für die Ausgestaltung und Ausrichtung der Gesellschaft - darstellen. Andernfalls bestünde zudem die Gefahr, dass die Nachbereitungsphase einer Verschmelzung nie beendet wäre und sämtliche im Nachhinein anfallende Kosten, selbst bei nur entferntem Bezug zur Verschmelzung, nicht als Betriebsausgaben abziehbar wären. Dies würde allerdings gegen die bereits dargelegte Intention des Gesetzgebers zur Förderung von betriebswirtschaftlich sinnvollen Umwandlungen sprechen.


Derzeit ist der Umfang der Kosten des Vermögensübergangs ein immer häufiger aufgegriffenes Prüffeld im Rahmen von Betriebsprüfungen. Eine endgültige Klarstellung dieser Streitfrage wird wohl erst durch die finanzgerichtliche Rechtsprechung erfolgen. Unternehmen und Berater sollten daher bei aktuellen Verschmelzungsvorgängen ein besonderes Augenmerk auf die Abgrenzung der Kosten des Vermögensübergangs zu den laufenden Betriebsausgaben legen. Des Weiteren ist zu empfehlen bei Eingangsrechnungen zu Leistungen im Rahmen von Verschmelzungen Wert auf eine korrekte und detaillierte Leistungsbeschreibung zu legen um, sofern die Thematik bei einer späteren Betriebsprüfung aufgegriffen wird, die Argumente für die Zuordnungsentscheidung nachhaltig belegen zu können.

 

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Antonia Schemmel

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