Öffentliche Anhörung des Verkehrsausschusses: Sachverständige begrüßen die StVG-Novelle mehrheitlich

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​veröffentlicht am 19. Mai 2021

 

Bei der öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses am 03.05.2021 begrüßten die geladenen Sachverständigen die StVG-Novelle mehrheitlich, wie aus der zusammenfassenden Mitteilung des Bundestages und den einzelnen Stellungnahmen hervorgeht.

 

Tenor ist, dass die Gesetzesnovelle zu einer Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland beitragen könne (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt – DLR), jedoch insbesondere durch Steigerung der Verkehrssicherheit auf die Akzeptanz in der Bevölkerung geachtet werden müsse, um letztlich in den Genuss der Vorzüge (Klimaschutz, Mobilitätsgerechtigkeit) zu kommen. Ein weiterer Fokus sei vor dem Hintergrund der Akzeptanz auch auf die Cybersicherheit der Fahrzeuge und ihren Schutz vor Angriffen zu legen (Algoright).

 

Die Sachverständigen sind sich einig, dass vor allem der ÖV von der Gesetzesnovelle profitieren wird, da sich der (wirtschaftliche) Betrieb von Fahrzeugen mit autonomer Fahrfunktion in festgelegten Betriebsbereichen kaum für den Individualverkehr eigne. Trotzdem wünscht sich die Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), dass das private Halten entsprechender Fahrzeuge erst in einer kommenden Legislaturperiode geregelt wird.

 

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) begrüßt den Wegfall der Rechtsfigur des Fahrzeugführers und die Einführung der neuen Rechtsfigur der Technischen Aufsicht. Der VDV mahnt jedoch an, dass die in der noch zu fassenden Rechtsverordnung zu bestimmenden Qualifikations-Anforderungen an Hersteller, Halter und Technische Aufsicht mit Augenmaß vorgenommen werden sollten, um insbesondere zu vermeiden, dass das bisherige Fahrpersonal mangels Ingenieurabschluss nicht mit der Aufgabe der Technischen Aufsicht betraut werden könne. Dass dieses der Aufgabe durchaus gewachsen sei, zeige sich auch mit Blick auf die Testfelder.

 

Gleichzeitig bezeichnet es der VDV als konsequent, die Technische Aufsicht nicht unter die Fahrzeugführerhaftung aus § 18 StVG zu fassen, da die Technische Aufsicht keinen unmittelbaren Einfluss auf die Fahrzeugsteuerung habe (keine manuelle Steuerung), sondern lediglich Manöver freigeben und das Fahrzeug deaktivieren könne. Damit liege keine Vergleichbarkeit mit einem Fahrzeugführer vor, sodass die allgemeine deliktische Haftung ausreiche und aufgrund der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung des Halters keine Haftungslücken (Opferschutz) zu befürchten seien. Da das Fahrzeugverhalten primär auf der Programmierung durch den Fahrzeughersteller beruhe, hält es die VZBV darüber hinaus für erforderlich, diesen anstelle des Fahrzeughalters aufgrund einer Gefährdungshaftung haften zu lassen.

 

Hinsichtlich des Betreuungsschlüssels und der Frage, wie viele Fahrzeuge von einer Technischen Aufsicht betreut werden dürfen, sähe es die VZBV und der VDV gerne, wenn diese Möglichkeit stärker als bisher umrissen bzw. untermauert würde und die Möglichkeit nicht nur wie derzeit in der Gesetzesbegründung „grundsätzlich nicht ausgeschlossen sein soll”.

 

Als zu unbestimmt wird auch die Pflicht des Fahrzeughalters gesehen, „die sonstige, nicht an die Fahrzeugführung gerichteten Verkehrsvorschriften” einzuhalten (§ 1f Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StVG-E). Unklar sei, wie Pflichten, die sich an einen menschlichen Adressaten richten und nicht von dem Fahrzeug „selbst” befolgt werden könnten, umgesetzt werden sollten (VDV).

 

Auch bezüglich der Datenhoheit und Datennutzung sieht der VDV noch Konkretisierungsbedarf um insbesondere eine Gatekeeper-Stellung der Fahrzeughersteller zu verhindern. Auch das Fraunhofer Institut würde es begrüßen, wenn die Datennutzung auf ein Minimum reduziert würde und nur auf Wunsch des Halters erweitert werden könnte (Opt-In). Auch die VZBV möchte die Datenkontrolle vollständig in der Hand der Verbraucher sehen und fordert ein verkehrsmittelübergreifendes Mobilitätsdatengesetz auf den Weg zu bringen. Darüber hinaus hält der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) und die FSD Fahrzeugsystemdaten GmbH die unter § 1g StVG-E abschließend genannten Daten für die Unfallforschung und -aufklärung für unzureichend und empfiehlt zusätzlich noch aggregierte und anonymisierte Umfelddaten des Fahrzeuges zu fordern.

 

Das Fraunhofer Institut vermisst Regelungen zu maschinellem Lernen, die analog zu den „schlafenden Funktionen” (§ 1h StVG-E) zu einer dynamischen Veränderung bereits bestehender (Fahr-)Funktionen führen könnten.

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