Batteriespeicher im Stadtwerk: Geschäftsmodelle und Herausforderungen

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​veröffentlicht am 1. März 2018

 

Veränderungen machen bekanntlich auch vor dem Strommarkt nicht halt. Durch die Energiewende werden zentrale (Groß-)Erzeugungsanlagen stetig durch kleinere dezentrale Erzeugungsanlagen abgelöst. Seit einiger Zeit lässt sich zudem beobachten, dass ein weiterer „Akteur” auf dem Markt in Erscheinung tritt: der Energiespeicher. Die Energiewirtschaft scheint sich mit der Einordnung dieses neuen Akteurs allerdings mitunter (noch) schwer zu tun: Ist er Verbraucher? Erzeuger? Teil des Verteilernetzes? Oder von allem ein bisschen?

 

Technologieüberblick

Energiespeicher können je nach Bauart verschiedene Energiearten speichern: Strom, Gas, Wärme oder Kälte. Wir wollen uns in unserem Beitrag jedoch mit dem Einsatz von Stromspeichern beschäftigen. Diese können Energie auf verschiedene Arten speichern:

  • chemisch
  • thermisch
  • elektrochemisch oder
  • mechanisch
Die Möglichkeiten reichen dabei von Batterien (z.B. Lithium-Ionen-, Blei-Säure-, Redox-Flow-Batterien) über Schwungräder bis hin zu Pumpspeichern, wobei die Technologien sich jedoch im Hinblick auf Lade-/Entladeleistung, Kapazität, Zyklenstabilität, Langlebigkeit, Kosten (in Bezug auf die Kapazität oder die Entladeleistung) und (für mobile Anwendungen) Gewicht in Bezug auf die Kapazität oder die Entladeleistung unterscheiden. 
 

Exemplarische Einsatzmöglichkeiten und Geschäftsfelder

Generell kann man festhalten, dass Speicher auf vielfältige Art und Weise eingesetzt werden können. Welcher Speicher in welcher Größe für welche Einsatzmöglichkeit „der richtige” ist, hängt dabei von verschiedensten Faktoren ab. So können Batteriespeicher beispielsweise als Heim(-batterie-)speicher zur Erhöhung der Eigenverbrauchsquote eingesetzt werden, aber auch als markt-, netz- und/oder systemdienlich eingesetzte Großspeicher.

 

Bei einer ökonomischen Betrachtung können sowohl Heimbatteriespeicher als auch Batteriespeicher, die im Verteilernetz zum Einsatz kommen, für Stadtwerke eine Möglichkeit darstellen, über das Kerngeschäfte hinaus energienahe Leistungen anzubieten.

 

Der Betrieb von Speichern im Privatkundenbereich ergänzt dabei meist eine bereits vorhandene oder neu zu errichtende Erzeugungsanlage. Durch die Installation eines zusätzlichen Speichers kann der Eigenverbrauch des Betreibers signifikant erhöht und so die Einspeisung von Überschussmengen reduziert werden. Hinzu kommt der nicht zu vernachlässigende Aspekt, dass das Netz im Hinblick auf den weiteren Zubau von Erzeugungsanlagen (vor allem Photovoltaik) durch die Reduzierung der aufzunehmenden dezentralen Erzeugungsmengen entlastet wird.

 
Gerade im Privatkundensegment ist ein steigendes Interesse an Batteriespeichern zu verzeichnen, das mit dem Wunsch der Kunden nach eigenständiger Stromerzeugung und einer damit verbundenen zumindest „gefühlten” Unabhängigkeit einhergeht.
 
Seitens der Stadtwerke kann dabei zunächst vertrieblich an ihre Stellung als zuverlässiger Partner in Fragen der Energieversorgung angeknüpft werden: Speicher, Versicherungen, Wartung und ggf. der Austausch nach dem Erreichen des Lebensendes der Anlagen können aus einer Hand angeboten werden. Denkbar wäre es aber auch, wie bereits in der Praxis umgesetzt, virtuelle Speicherlösungen anzubieten. In Zeiten sinkender Vertriebsmengen und Gewinnmargen können somit Kunden langfristig gebunden und Erträge stabilisiert werden.
 
Im Netzbereich könnten Batteriespeicher den erforderlichen Netzausbau reduzieren bzw. eine Interimslösung verzichtbar machen. Insbesondere dadurch, dass Photovoltaikanlagen grundsätzlich ein zur Stromnachfrage gegenläufiges Einspeiseverhalten aufweisen, kommt es immer öfter zu Rückspeisungen aus Verteilernetzen in vorgelagerte Netzebenen, wobei eine „ungehemmte” Rückspeisung zu technischen Problemen führen kann. Batteriespeicher könnten seitens der Verteilernetzbetreiber jedoch gezielt eingesetzt werden, um die Stromüberschüsse noch im lokalen Verteilernetz „einzufangen und zeitversetzt wieder einzuspeisen.
 
Neben der Reduzierung des Netzausbaubedarfs, können mit Batteriespeichern auch verschiedenste andere Leistungen angeboten werden. Von besonderem Interesse ist hierbei die Teilnahme am Markt für Regelleistung. Zudem können größere Batteriespeicher gegebenenfalls auch für die Blindleistungskompensation eingesetzt werden.
 

Rechtliche Herausforderungen

Die aktuelle Rechtslage hält jedoch verschiedene Hürden für die Umsetzung von Geschäftsmodellen unter Einsatz von Speichern bereit.

 

So setzt zwar beispielsweise § 61k EEG einen Anreiz, eine (bereits vorhandene) Photovoltaikanlage mit einem Speicher zu ergänzen, jedoch zeigt sich am derzeit noch laufenden Empfehlungsverfahren der Clearingstelle EEG|KWKG (Aktenzeichen: 2017/29), dass gerade beim Messkonzept komplexe Anpassungen erforderlich werden können. Rechtliche und technische Fragen überschneiden sich dabei. So sind beispielsweise die genaue Ermittlung von Speicherverlusten und der Umgang mit der Begrenzung der Verringerung der EEG-Umlage Gegenstand des Verfahrens. Mit einem Abschluss des Empfehlungsverfahrens der Clearingstelle EEG|KWKG ist wohl zeitnah (noch im ersten Quartal des Jahres 2018) zu rechnen.

 

Beim Einsatz von Speichern in Verteilernetzen stellt sich mit Blick auf die Entflechtungsvorschriften bereits die Frage, ob der Speicher zum Netz- oder zum Vertriebsbereich zuzuordnen ist. Die überwiegende Auffassung geht derzeit davon aus, dass Speicher sowohl als Stromverbraucher (Einspeichervorgang) als auch als Stromerzeuger (Ausspeichervorgang) zu qualifizieren sind. Auch die Anrechnung eines Speichers als ein für den Netzbetrieb notwendiges Vermögen ist unserer Auffassung nach nur mit gesonderter Begründung möglich und dürfte in der Kostenprüfung zumindest zu Rückfragen führen.

 

Ein Schritt in die richtige Richtung ist die Novellierung des Stromsteuergesetzes (StromStG): seit dem 01. Januar 2018 können stationäre Batteriespeicher, die dazu dienen, Strom vorübergehend zu speichern und anschließend in ein Versorgungsnetz für Strom einzuspeisen, als Teile des Versorgungsnetzes gelten (§ 5 Abs. 4 StromStG). Die Einspeicherung des Stromes wird demnach nicht als steuerpflichtiger Vorgang eingestuft.

 

Fazit

Trotz der rechtlichen Herausforderungen besitzen Energiespeicher bereits heute das Potenzial, in wirtschaftlich darstellbaren Geschäftsmodellen eingesetzt zu werden. Dabei kann der Aufwand durchaus auch als Investition in die Zukunft gesehen werden: Sollten die nationalen Klimaziele erreicht werden und die Stromerzeugung bis 2030 bereits zu 60 Prozent aus regenerativen Quellen bestritten werden, so ist eine Angleichung von Erzeugung und Abnahme unumgänglich. Trotz des geplanten Netzausbaus auf Übertragungs- und Verteilernetzebene wird die Integration hoher Kapazitäten durch volatile dezentrale Erzeugung wohl mittel- bis langfristig ohne den Einsatz von Speichern nicht gelingen. Es bleibt zu hoffen, dass die im Koalitionsvertrag (Entwurf 7. Februar 2018 12:45 Uhr) formulierten Ziele und Vorhaben im Hinblick auf die Mehrfachnutzung von Speichern und deren Einsatz in Verteilnetzen zu besseren und klareren Rahmenbedingungen für diese Technologie führen.

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Benjamin Hufnagel

Wirtschaftsingenieur (B.Eng.), M.A. Europäische Energiewirtschaft

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