Novelle der EU-Emissionshandelsrichtlinie: Höhere CO₂-Kosten, Entlastung für die Fernwärme und neue Fördermittel?

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Mit der Novelle der EU-Emissionshandelsrichtlinie ist für die vierte Handelsperiode mit erheblich steigenden CO₂-Kosten zu rechnen. Dabei ist für alle betroffene Sektoren, insbesondere auch für die Fernwärmebranche mit geänderten Rahmenbedingungen zu rechnen. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Einführung oder Anpassung von CO₂-Preisgleitklauseln wieder neue Aktualität.

 

Die Novellierung der Emissionshandelsrichtlinie hat mit der am 28. November 2017 angenommenen Entwurfsfassung des Umweltausschusses des Europäischen Parlaments konkrete Gestalt angenommen. Damit zeichnen sich die geänderten Rahmenbedingungen des Emissionshandels für die vierte Handelsperiode von 2021 bis 2030 ab. Im Februar 2018 soll das Europaparlament über die Novelle abstimmen, damit die Richtlinie nach Beschlussfassung durch den Ministerrat der europäischen Union im Sommer 2018 verabschiedet werden kann.

 
Ziel der Novellierung ist die Reparatur des Emissionshandelssystems durch eine Erhöhung der bislang zu niedrigen Preise für Emissionshandelszertifikate.


Hierzu hatte die EU bereits in der Vergangenheit durch einen Einzug die Menge der im Markt befindlichen CO₂-Zertifikate verknappt (sog. „Marktstabilitätsreserve” (MSR)). Die Zertifikatsmenge, die in die Marktstabilitätsreserve eingestellt wird, soll nun bis Ende 2023 vorübergehend verdoppelt werden (sog. „Einstellungsrate”).


Der CDU-Europaabgeordnete und umweltpolitische Sprecher der EVP, Peter Liese, rechnet damit, dass sich der Preis einer Tonne CO₂ durch die Reform auf etwa 25 Euro verfünffache.


Die überarbeitete EHS-Richtlinie enthält andererseits eine Reihe von Bestimmungen, mit denen die Industrie vor dem Risiko einer Verlagerung von CO₂-Emissionen geschützt wird. Den Sektoren, bei denen die Gefahr einer Verlagerung ihrer Produktion an Standorte außerhalb der EU am größten ist, soll eine vollständige kostenlose Zuteilung zugutekommen. Der Anteil kostenloser Zertifikate für Sektoren, die der Verlagerung von CO₂-Emissionen weniger ausgesetzt sind, soll dagegen nur 30 Prozent betragen. Dabei soll auch der Fernwärmesektor von der weiteren schrittweisen Verringerung der kostenlosen Zuteilung ausgenommen werden.


Schließlich sollen die Industrie und der Energiesektor dabei unterstützt werden, die Herausforderungen in den Bereichen Innovation und Investitionen beim Übergang zu einer CO₂-armen Wirtschaft durch neue Fördermittel aus einem sog. „Innovationsfond” zu bewältigen. Dabei sollen diese Mittel vor allem in wirtschaftlichen schwächeren EU-Mitgliedstaaten (z.B. Osteuropas) auch für die Dekarbonisierung des Fernwärmesektors zur Verfügung gestellt werden.

 

Vor diesem Hintergrund erhält die Problematik der Weitergabe steigender Emissionshandelskosten in langfristigen Fernwärme- und Energielieferverträgen neue Aktualität. Einerseits erfordern die steigenden CO₂-Kosten eine Berücksichtigung, sodass alle emissionshandelspflichtigen Energieversorger eine Lösung zur Einpreisung oder Preisanpassung finden müssen. Andererseits entschärft die Aufgabe der sukzessiven Verringerung kostenloser Zuteilungen die Komplexität der bislang vorherrschenden Klauselstandards. Damit bietet die Novelle eine Chance, die Erfahrungen aus der dritte Handelsperiode auch durch eine Novellierung der CO₂-Preisgleitklauseln zu nutzen, da die vorherrschenden Emissionsfaktor-Klauseln ohnehin häufig nicht den Anforderungen der Handels- und Beschaffungspraxis entsprechen. Gerade auch die hohe Abhängigkeit von den ständig wechselnden politischen Rahmenbedingungen und die von der Rechtsprechung verschärften AGB-rechtlichen Standards fordern hier flexiblere und transparentere Preisanpassungsinstrumente wie zum Beispiel besondere vertragliche Leistungsbestimmungsrechte oder Echtkosten-Preisgleitklauseln mit Informations- und Kontrollansprüchen über Wirtschaftsprüfertestate.

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Joachim Held

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