Freiwillige Nachschüsse bei einer GmbH: handels­rechtliche Beurteilung „nach altem HGB” und „neuem HGB-Reformgesetz” (Teil I.)

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Das Jahresende bedeutet für die meisten Unternehmen auch den Ablauf des Geschäftsjahres. Die Geschäftsleitung  wird zur Rechenschaft gezogen. Nicht alle Geschäftsjahre sind erfolgreich. Der Unternehmenswert  – z.B. am Eigenkapital gemessen – kann in schlechten Jahren stark vermindert werden. Da die Maßnahmen zur Verbesserung der Kapitallage oft unter Zeitdruck getroffen werden müssen, sind sie nicht üblich.

​Für die Verbesserung der Kapitallage bietet sich eine Stammkapitalerhöhung, deren Ablauf jedoch formalisiert und relativ zeitaufwendig ist. Die Gesellschafterversammlung muss zuerst über die die Stammkapitalerhöhung gegen Einlagen auf das erhöhte Stammkapital (es ist eine notarielle Urkunde erforderlich) und die Frist, innerhalb der die Einlagen einzuzahlen sind, beschließen. Die Gesellschafter sind verpflichtet, die Einlagen auf das erhöhte Stammkapital mindestens zu 30% einzuzahlen oder anders, z.B. durch eine Aufrechnung, zu leisten. Danach hat der Geschäftsführer der Gesellschaft die Stammkapitalerhöhung zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden. Der Geschäftsführer hat die Eintragung zwar unverzüglich zu anzumelden, der Zeitaufwand ist jedoch – geschweige von den Fristen, innerhalb deren die Eintragung ins Handelsregister bei einer reibungslosen Stammkapitalerhöhung vorgenommen wird – zum Jahresende meistens zu hoch.   
  
Die Eigenkapitalausstattung sollte eher durch andere Bestandteile des Eigenkapitals als durch das Stammkapital oder den Jahresüberschuss verbessert werden. Einziger möglicher Eigenkitalposten – neben unterschiedlichen Kapitalrücklagen aus Teilwerten – ist in diesem Falle die Kapitalrücklage. In die Kapitalrücklage sind Einzahlungen ins Eigenkapital wie erhaltene Spenden, Inventurüberschüsse von nicht abschreibungsfähigen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens und früher auch Zuzahlungen der Gesellschafter einzustellen. Unter diesem Posten werden allerdings immer öfter diverse Nachschüsse erfasst. Um sie von den Stammeinlagen zu unterscheiden, werden sie im HGB als Nachschüsse – d.h. Betrag über die Stammeinlagen hinaus – bezeichnet. 
  
Im § 121 HGB (im IV. Buch des alten HGB, der die Regelungen für GmbH umfasst) werden die Nachschüsse als „Einlagen über das Stammkapital hinaus zu einer besseren Eigenkapitalausstattung“ definiert. Es wird zwischen gesellschaftsvertraglichen und freiwilligen Nachschüssen unterschieden. Die gesellschaftsvertraglichen Nachschüsse sind strikter geregelt, die Nachschusspflicht, die auf die Hälfte des Stammkapitals be-schränkt ist, ergibt sich aus dem Gesellschaftervertrag oder dem Beschluss der Gesell-schafterversammlung. Darüber hinaus ist eine Bareinlage vorgeschrieben. 
  
Freiwillige Nachschüsse sind nicht so strikt geregelt. Einerseits ist dies vorteilhaft. Nach dem Grundsatz „jedermann darf tun, was nicht gesetzlich verboten ist und niemand darf gezwungen werden, etwas zu tun, was ihm das Gesetz nicht auferlegt” (Artikel 2 der Urkunde der Grundrechte und -freiheiten) werden Nachschüsse von Aktionären einer AG gewährt, für welche die Nachschusspflicht oder freiwillige Nachschüsse durch das HGB nicht geregelt sind. Andererseits kompliziert diese Freiheit die Buchungen, da die Buchhalter oft nicht wissen, wann freiwillige Nachschüsse buchungspflichtig sind. Die Beträge sind oft hoch. Durch ihre Nichterfassung oder unberechtigte Erfassung kann die Gesellschaft beeinträchtigt werden. Für die Entscheidung, ob die Nachschüsse  verbucht werden oder nicht, sind die Adressaten der Bilanz und GuV wichtig. Eine finanzierende Bank oder Leasinggesellschaft kann nach der vorgelegten Bilanz und GuV leicht eine unrichtige Entscheidung treffen. Die Verbesserung der Kapitalstruktur kann dem gegenüber bei einem nachteiligen Verhältnis zwischen dem Eigen- und Fremdkapital den Abzug von Zinsen aus Darlehen von verbundenen Unternehmen ermöglichen. 
  

Erfahrungen und historische Entwicklung

Bevor wir konkrete Details ansprechen, die für die Buchhalter und Finanzleiter wichtig sind, möchten wir die gesetzliche Entwicklung der Nachschüsse erläutern. Sie kann bei der Entscheidung über die Verbuchung oder Nicht-Verbuchung der Nachschüsse helfen.
  
Die Nachschüsse wurden am 01. Januar 2011 reformiert. Vor diesem Tag war die Ge-währung von Nachschüssen gesetzlich unzulässig. Durch den Gesellschaftervertrag konnte jedoch geregelt werden, dass die Gesellschafterversammlung die Gesellschafter verpflichten kann, für den Ausgleich der Verluste der Gesellschaft eine Bareinlage über die Stammeinlagen hinaus bis zur Hälfte des Stammkapitals zu erbringen. Durch diese Einlage konnten jedoch nur Verluste der Gesellschaft ausgeglichen werden. Bei Gesellschaften, die Gewinne erzielt haben, waren Zuzahlungen nicht möglich. Der Begriff „Nachschüsse” wurde im damaligen HGB noch nicht verwendet.
 
Am 01.01.2001 hat sich die Lage geändert. Die Gesellschafterversammlung kann seit diesem Tag über die Gewährung von Nachschüssen für beliebige Zwecke, nicht nur für den Ausgleich der Verluste, beschließen. Nach § 121 Abs. 2 HGB können die Gesellschafter mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung Nachschüsse gewähren. Die Nachschüsse sind unbeschränkt, müssen durch den Gesellschaftervertrag nicht geregelt und können ungeachtet der Stammeinlagen der übrigen Gesellschafter gewährt werden. Es besteht nur die Rückzahlungssperre – sind Verlustvorträge ausgewiesen, dürfen die zurückgezahlten Nachschüsse die Verlustvorträge der Gesellschaft nicht übersteigen. Mit diesem, damals neuen Änderungsgesetz, waren viele offene Punkte verbunden, die laufend geklärt wurden. Mehrere wesentliche Punkte wurden oft unterschiedlich ausgelegt. 
  
Erstens musste die Frage beantwortet werden, ob die Nachschüsse als Erträge oder Spenden gelten, d.h. ob sie steuerpflichtig sind oder nicht. Es wurde schließlich ent-schieden, dass die Nachschüsse weder als Erträge noch als Spenden zu betrachten sind. Da die Nachschüsse keinen Einfluss auf die Ertragslage haben, sind sie steuerfrei. Die Nachschüsse dürfen auch nicht beim Gesellschafter als Betriebsausgabe abgezogen werden (sie erhöhen die Anschaffungskosten für den Geschäftsanteil an der Gesellschaft und können als Betriebsausgaben erst beim Verkauf des Geschäftsanteils abgezogen werden). Die Verbuchung der Nachschüsse als Spenden wurde auch abgelehnt, da die Gewährung von Nachschüssen sowohl für die Gesellschaft (Verlängerung der Aktivseite und Eigenkapitalerhöhung) als auch für den Gesellschafter vorteilhaft ist, da sich die Anschaffungskosten für den Geschäftsanteil durch die Nachschüsse erhöhen, wodurch die allgemeine Definition der Spenden nicht erfüllt ist (Leistung ohne Gegenleistung).  
  
Weiterhin musste § 141 Abs. 1 HGB eindeutig interpretiert werden. Durch diese Bestimmung wird geregelt, welche Beschlüsse der Gesellschafterversammlung in eine notarielle Niederschrift aufzunehmen sind. § 141 Abs. 1 HGB regelt die Beschlüsse nach § 121 HGB. In der Praxis wurde eine notarielle Niederschrift oft gar nicht oder nur in Ausnahmefällen erstellt, was gelegentlich auch heute geschieht. Der Grund dafür war die unterschiedliche Auslegung von § 141 HGB. Einige Fachleute waren der Ansicht, dass § 141 nur die gesellschaftsvertraglichen Nachschüsse regelt. Diese Auslegung beruhte darauf, dass bei der Erweiterung des Absatzes über die gesellschaftsvertraglichen Nachschüsse um freiwillige Nachschüsse die notarielle Niederschrift (§ 141) unterlassen wurde, da eine notarielle Niederschrift definitionsgemäß nur für gesellschaftsvertragliche Nachschüsse erforderlich ist. Diese Ansicht wurde jedoch immer seltener vertreten. Die gesetzliche Regelung wurde durch keine Änderungsgesetze geändert. Die meisten Fachleute vertreten derzeit die Ansicht, dass eine notarielle Niederschrift für eine wirksamen Beschluss der Gesellschafterversammlung notwendig ist. 
  
Mit der Zeit wurden weitere Punkte angesprochen, vor allem die Währung, in der die Nachschüsse gewährt werden dürfen (ob auch die Fremdwährung zulässig ist). Eine weitere Frage war die Bewertung von Sacheinlagen. Allgemein wird die Ansicht vertreten, dass die Form der gutachterlichen Bewertung nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, und die Bewertung nach Ermessen der Gesellschafter erfolgt. Die dritte Frage, die zu beantworten war, war die Rückzahlung der Nachschüsse an den Gesellschafter. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung hat nicht nur die Gesellschaft, sondern auch den Gesellschafter verpflichtet. Aus diesem Grunde wurde entschieden, einen Vertrag zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter abzuschließen, durch den Bedingungen für die Gewährung und Rückzahlung der Nachschüsse zu regeln sind. Weiterhin wurde die Gewährung von Nachschüssen in Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit einer anderen Rechtsform diskutiert.

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