Müssen wegen der Rekodifizierung des Privatrechtes in Tschechien auch (Allgemeine) Geschäftsbedingungen abgeändert werden?

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  • Im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des neuen Bürgerlichen Gesetzbuches in der Tschechischen Republik zum 1. Januar 2014 steht die Frage im Raum, wie sehr sich das neue Gesetz auf vertragliche Beziehungen auswirkt, deren Inhalt in Teilen auch durch Geschäftsbedingungen geregelt wird. Hierunter fallen Vereinbarungen, die durch den Unternehmer vorab erstellt wurden und die einem bestimmten Vertragsentwurf oder einem Vertrag beigefügt werden und die dergestalt zu dessen Bestandteil werden. Geschäftsbedingungen definieren somit über den Rahmen des abgeschlossenen Vertrages hinaus Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, sofern sie nicht im Widerspruch zu den Bedingungen des entsprechenden Vertrages stehen (dann gälten die vertraglichen Vereinbarungen).
​Auf Geschäftsbedingungen treffen wir üblicherweise bei Banken, Versicherungsgesellschaften, Telefonkommunikationsunternehmen und Energieversorgern. Da es sich um ein wirksames Mittel zum Abschluss typisierter Verträge mit einer größeren Anzahl an Kunden handelt, bei dem der Unternehmer zudem eine Kontrolle über den Vertragsinhalt hat, finden Geschäftsbedingungen auch in zahlreichen anderen Branchen Anwendung.
  
Die bisherige rechtliche Regelung des Handelsgesetzbuches widmete den Geschäftsbedingungen einen einzigen Absatz, der u.a. festlegte, dass ein Teil eines Vertrages auch durch einen Verweis auf Geschäftsbedingungen bestimmt werden kann, die der den Entwurf Vorlegende dem Vertragsentwurf beifügt oder die beiden Vertragsparteien bekannt sind. Diese Möglichkeit wurde auch in das neue Bürgerliche Gesetzbuch übernommen, das darüber hinaus aber auch Neues zu bieten hat:
  
Als eine grundlegende Änderung der rechtlichen Regelung muss insbesondere die Bestimmung des neuen Bürgerlichen Gesetzbuches erachtet werden, die ermöglicht, dass Bestandteil eines Vertrages unter bestimmten Bedingungen die (allgemeinen) Geschäftsbedingungen beider Parteien werden können, was bisher unzulässig war. Das Bürgerliche Gesetzbuch legt nämlich Folgendes fest: falls die Parteien in einem Vorschlag auf Vertragsschluss (in einem Angebot) und in der Annahme eines Angebotes auf Geschäftsbedingungen verweisen, die sich widersprechen, wird der Vertrag gleichwohl in einem Umfang abgeschlossen, in dem sich die Geschäftsbedingungen nicht widersprechen. Dies gilt zudem auch, falls die Geschäftsbedingungen dies ausschließen würden. 
  
Des Weiteren sollte angeführt werden, dass die aktuelle rechtliche Regelung neu in sog. adhäsiver Weise geschlossene Verträge definiert. Das Gesetz versteht hierunter Verträge, deren grundlegende Bedingungen nur für eine der Vertragsparteien bestimmt sind, ohne dass die schwächere Vertragspartei tatsächlich eine Möglichkeit hätte, den Inhalt dieser Bedingungen zu beeinflussen.
  
Falls der Vertrag in einem solchen Fall auf Geschäftsbedingungen verweist, müssen diese dem Vertrag beigefügt werden. Eine Ausnahme bilden lediglich Situationen, in denen der schwächeren Partei diese Bedingungen nachweislich bekannt waren. Auf eine solche Situation besteht jedoch kein Verlass, weshalb es angezeigt ist, dass in einem Kontakt mit einer schwächeren Partei die Geschäftsbedingungen dem Vertrag stets beigefügt werden und dass sich die schwächere Partei mit diesen nachweislich vertraut macht (z.B. durch eine schriftliche Erklärung über deren Akzeptierung).
  
Zudem ist zu unterstreichen, dass die neue rechtliche Regelung im Fall dieser Verträge ausdrücklich anführt, dass sofern ein in sog. adhäsiver Weise abgeschlossener Vertrag Geschäftsbedingungen beinhaltet, die nur sehr schwierig zu lesen sind (z.B. zu kleine oder zu helle Schrift, eine schlechte Kopie), oder die für eine durchschnittliche Person unverständlich sind, eine entsprechende Vereinbarung nur gültig ist, sofern diese der schwächeren Partei keinen Nachteil zufügt. Eine solche Bestimmung ist ferner ungültig, falls sie für die schwächere Partei nachteilige Bedingungen umfasst, für die kein vernünftiger Grund gegeben ist. Hierzu ist hinzuzufügen, dass diese Bestimmungen zwingend sind und somit vertraglich nicht ausgeschlossen werden können.
  
Eine Reihe neuer Bestimmungen, die Geschäftsbedingungen betreffen oder betreffen können, sind jedoch dispositiver Natur und können somit vertraglich ausgeschlossen werden. Gerade diese Tatsache ist einer der Gründe, warum im Zusammenhang mit der Rekodifizierung einer Überarbeitung von Geschäftsbedingungen eine gebührende Aufmerksamkeit zuteil werden sollte.
 
Die neue rechtliche Regelung führt z.B. an, dass falls die andere Vertragspartei auf ein Angebot eines Vertragsschlusses mit dessen Annahme reagiert, jedoch mit einem bestimmten Nachtrag oder einer Abweichung, die die Bedingungen des Angebotes nicht grundlegend ändert (und falls der den Vertragsentwurf Vorlegende diese Annahme nicht ausdrücklich ablehnt), der Vertrag gültig abgeschlossen wird. Es sollte daher in Erwägung gezogen werden, eine solche Regel gegebenenfalls vertraglich auszuschließen.
 
Das neue Bürgerliche Gesetzbuch beinhaltet ferner die Möglichkeit im Vertrag oder im Rahmen der Geschäftsbedingungen die Möglichkeit ihre spätere einseitige Änderung zu vereinbaren (siehe hierzu auch unseren Mandantenbrief vom Dezember 2013). Dies kann selbstverständlich nur in einem angemessenen Umgang erfolgen; falls ein solches Vorgehen jedoch wünschenswert ist, sollte diese Möglichkeit im Vertrag oder in den Geschäftsbedingungen ausdrücklich verankert werden.
 
Eine weitere Neuerung stellt auch das Konstrukt sog. überraschender Klauseln dar. Enthalten Geschäftsbedingungen eine Bestimmung, die die andere Partei vernünftigerweise nicht hätte erwarten können, ist eine solche Bestimmung unwirksam, sofern diese nicht ausdrücklich angenommen wurde. Hierzu ist hinzuzufügen, dass diese Regel nicht ausgeschlossen werden kann.
 
Die gegenständliche Bestimmung reagiert auf die Tatsache, dass Menschen Geschäftsbedingungen eben meist nicht lesen. Mit Blick auf diese Regel können sie somit rational erwarten, dass Geschäftsbedingungen nichts Unübliches beinhalten. Falls dem jedoch so sein sollte, sollten sie hierauf in entsprechender Weise hingewiesen werden. Aus Sicht eines Unternehmers wird daher erforderlich werden, dass in Geschäftsbedingungen konkrete Bestimmungen identifiziert werden, die gegebenenfalls sog. überraschenden Klauseln entsprechen, und die andere Partei müsste auf diese z.B. durch eine wörtliche Anführung nicht nur in den Geschäftsbedingungen, sondern auch im eigentlichen Vertrag hingewiesen werden, welchen die andere Partei unterzeichnet.
  
Es kann somit zusammengefasst werden, dass das neue tschechische Bürgerliche Gesetzbuch im Zusammenhang mit der rechtlichen Regelung von Geschäftsbedingungen erhebliche Änderungen aufweist und daher empfohlen werden muss, konkrete Geschäftsbedingungen einer detaillierten Überarbeitung zu unterziehen und mit Blick auf die neue rechtlichen Regelung zu optimalisieren. Der oben angeführte Text stellte in diesem Zusammenhang gleichwohl keine komplette Auflistung der relevanten Änderungen dar – der vorliegende Artikel illustriert die gegenständlichen Änderungen nur anhand einiger Beispiele und skizziert mögliche Lösungsansätze: in einigen Fällen durch einen vertraglichen Ausschluss einer bestimmten Bestimmung, in anderen Fällen durch eine Anpassung der Geschäftsbedingungen an die neue rechtliche Regelung.

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JUDr. Martin Švéda

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