Neue Trends im EU-Mehrwertsteuersystem

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  • Die Fachgruppen der Europäischen Kommission und des Europäischen Rates, die für den Mehrwertsteuerbereich verantwortlich sind, versuchen, künftige Schwerpunkte des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems zu definieren. Aus dem MehrwertsteuerPacket sind folgende drei Grundsätze für das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ersichtlich:   
    1. einfacheres und
    2. effektiveres Mehrwertsteuersystem
    3. mehrere Instrumente gegen Umsatzsteuerhinterziehungen
  • In unserem Artikel möchten wir das Konzept eines einheitlichen Ortes von sonstigen Leis-tungen (das auch als mini One-Stop-Shop-Verfahren bezeichnet wird) ansprechen. Das Mehrwertsteuersystem wird um eine verwaltungstechnische Vereinfachungsregelung erweitert, die ab 01.01.2015 für Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehleistungen und die auf elektronischem Weg erbrachten Leistungen (nachfolgend nur „Leistungen auf elektronischem Weg”) an Nichtunternehmer gilt („B2C”). Was ist der mini one stop shop?

​Nach der Implementierung der Richtlinie des Rates Nr. 2008/8/EG, durch die der durch die Richtlinie des Rates Nr. 2006/112/EG geregelte Ort der sonstigen Leistung geändert wird, werden die auf elektronischem Weg erbrachten Leistungen ab dem 01.01.2015 (es wird schon ein neuer Umsatzsteuergesetz-Änderungsgesetz vorbeireitet) am Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Sitz, Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hat, wodurch die abweichende Besteuerung in Staaten der Leistungsanbieter abgeschafft wird. Ein kurzes Beispiel:
 
Ein tschechischer Leistungsempfänger möchte eine Software für das Handy für 100 EUR (zzgl. USt) herunterladen. Es entscheidet sich zwischen der Software eines luxemburgischen und der Software eines slowakischen Programmanbieters. Im Jahre 2014 wird die Leistung nach allgemeinen Grundsätzen nach dem Artikel 45 der Richtlinie des Rates dort ausgeführt, wo der Programmanbieter seinen Sitz hat. Der luxemburgische Programmanbieter wird die Leistung mit der luxemburgischen Umsatzsteuer von 15% besteuern, der slowakische Programmanbieter wird dem Entgelt die slowakische Umsatzsteuer von 20% zurechnen. Der Preis, der vom Leistungsempfänger bezahlt wird, kann sich nach dem Staat, in dem der Programmanbieter ansässig ist, wesentlich unterscheiden. In unserem Fall beträgt der Preis des luxemburgischen Programmanbieters 115 EUR, der Preis des slowakischen Programmanbieters beläuft sich auf 120 EUR.
 
Im Jahre 2015 wird dieser Wettbewerbsvorteil des luxemburgischen Programmanbieters abgeschafft. Die Leistungen des luxemburgischen und slowakischen Programmanbieters werden in Tschechien ausgeführt (beide Anbieter müssen die Leistungen mit tschechischer Umsatzsteuer berechnen), wobei beide Anbieter nach dem Verbrauchslandprinzip den Umsatz im Land des Verbrauchs besteuern. 
 
Nach dem Verbrauchslandprinzip ist es hinreichend, wenn sich die Leistungsanbieter im Staat umsatzsteuerlich registrieren, in dem sie gewerblich tätig sind. In diesem Staat sind sie verpflichtet, vierteljährliche elektronische Umsatzsteuervoranmeldungen zu erstellen. In unserem Fall wird sich luxemburgische Programmanbieter umsatzsteuerlich in Luxemburg registrieren und in diesem Staat die Umsatzsteuervoranmeldung abgeben, in der er auch die tschechische Umsatzsteuer für die Leistung an den tschechischen Leistungsempfänger erklärt. Dieselben Schritte muss auch der slowakische Programmanbieter unternehmen.
 
Wir möchten darauf hinweisen, dass das Verbrauchslandprinzip nicht neu ist und von ausländischen Unternehmern schon seit dem Jahr 2004 angewandt werden konnte. Nunmehr wird es auch auf die Unternehmer aus Mitgliedsstaaten erweitert.
 
Der amtierende EU-Kommissar für Steuern und Zollunion, Audit und Betrugsbekämpfung Algirdas Semeta hat mehrmals betont, dass für die Europäische Kommission eine reibungslose Einführung des Mini One-Stop-Shop-Verfahrens primär ist. Sollte sich das Verbrauchslandprinzip bei elektronischen Leistungen bewahren, wird die Kommission versuchen, dass es auch anderen Branchen angewandt wird. Dadurch würde sich der veraltungstechnische Aufwand z.B. bei Gesellschaften, die in einem Marktsegment tätig ist und ihre Waren an Abnehmer aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten versenden, wesentlich vermindern. Heute – wird die Lieferschwelle überschritten – müssen sich die Unternehmer in allen Mitgliedsstaaten umsatzsteuerlich registrieren, in welche sie die Waren versenden. Nach dem One-Stop-Shop-Verfahren würde der Verwaltungsaufwand, der in diesen Mitgliedsstaaten entsteht, abgeschafft, was vor allem für kleine und mittelgroße Unternehmen interessant ist, die derzeit oft nur wegen des hohen Verwaltungsaufwands in anderen Mitgliedstaaten nicht tätig sind.
 
Zum Schluss möchten wir betonen, dass auch andere EU-Mehrwertsteuerziele bestehen, u.a. 
 

  • einheitliche Vordrucke für Umsatzsteuervoranmeldungen, 
  • Erweiterung des Reverse-Charge-Verfahrens auf Lieferungen von Mobilfunkgeräten, Geräten mit integrierten Schaltkreisen, Gas, Strom, Telekommunikationsleistungen, PC, Getreide oder industriell nutzbaren Pflanzen,
  • neues Instrument zur Bekämpfung des Umsatzsteuerkarussells - Quick Reaction Mechanism, nach dem Mitgliedstaaten, die mit massiven Umsatzsteuerbetrügen konfrontiert sind, das „Reverse-Charge-Verfahren” einführen können.
 

Werden diese Neuregelungen in tschechisches Umsatzsteuergesetz eingearbeitet, werden wir Sie davon selbstverständlich umgehend informieren.

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Miroslav Kocman

Tax Consultant (Tschechische Republik)

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