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  • Der Gestaltungsmissbrauch – wieder aktuell

 

Das Bezirksgericht in Brünn hat ein interessantes Urteil über den Gestaltungsmissbrauch gefällt. Der Gestaltungsmissbrauch lag vor, weil die rechtliche Gestaltung zu einem Steuervorteil des Steuerpflichtigen geführt hat. Der Steuerpflichtige – die Tochtergesellschaft, hat an die Gesellschaft B (Muttergesellschaft) Dividenden ausgeschüttet. Die Mutter- und Tochtergesellschaft waren sich sicher, dass die formellen Voraussetzungen des Einkommensteuergesetzes für die steuerfreie Gewinnausschüttung erfüllt sind und die Dividendenausschüttung steuerfrei zu erfolgen hat.

 

Das Finanzamt hat jedoch unter Berücksichtigung der vor und nach der Dividendenausschüttung ausgeführten Geschäfte festgestellt, dass die Dividendenausschüttung ausschließlich mit dem Ziel vorgenommen wurde, einen unangemessenen Steuervorteil zu erreichen. Diese Annahme wurde durch das Gericht bestätigt. 

 

Die Gesellschaft ist im Mai 2010 durch die Abspaltung eines Teils des Vermögens der Gesellschaft A entstanden. Auf den übernehmenden Rechtsträger wurde ein Teil der Vermögensgegenstände des übertragenden Rechtsträgers A – flüssige Mittel in Höhe von Mio. 210 CZK - übertragen. Die Anteilsinhaber der Gesellschaft A waren natürliche Personen, die im Juni 2010 die Aktien der Gesellschaft an die Gesellschaft B zu einem Preis i.H.v. Mio. 207 CZK veräußert haben. Durch diese Veräußerung wurde die Gesellschaft B zum einzigen Aktionär der Gesellschaft. Sie hat umgehend über die Dividendenausschüttung in Höhe von Mio. 210 CZK beschlossen, um den Kaufpreis den ursprünglichen Aktionären – natürlichen Personen – bezahlen zu können.

 

Das Bezirksgericht hat in diesem Zusammenhang zwei Geschäfte beurteilt (Aktienveräußerung und Dividendenausschüttung). Vor allem die Aktienveräußerung scheint offensichtlich den Tatbestand des Gestaltungsmissbrauches zu erfüllen, da deren Ziel steuerfreie Einkünfte der ursprünglichen Aktionäre waren.

 

Das Bezirksgericht hat betont, dass die Erträge der ursprünglichen Aktionäre aus der Aktienveräußerung einkommensteuerfrei waren, da die gesetzlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt waren. Sollten sich jedoch die ursprünglichen Aktionäre für eine direkte Entnahme des Eigenkapitals der Gesellschaft (z.B. für die Dividendenausschüttung) entscheiden, wären diese Einkünfte einkommensteuerpflichtig. Um die Besteuerung der Einkünfte zu vermeiden, sollten die ursprünglichen Aktionäre ihre Aktien an die Gesellschaft B veräußern. Die Liquiditätslage der Gesellschaft B hat jedoch die Bezahlung des Kaufpreises nicht ermöglicht. Über die erforderlichen Geldmittel hat die Gesellschaft B erst nach dem Erwerb der Aktien der Gesellschaft und dem Beschluss über die Dividendenausschüttung verfügt. Da die Dividenden an die Muttergesellschaft ausgeschüttet wurden und die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt waren, war die Dividendenausschüttung nicht steuerpflichtig.

 

Das Bezirksgericht hat festgestellt, dass die Aktienveräußerung an die Gesellschaft B wirtschaftlich nicht begründet war und beide Geschäfte so gestaltet wurden, dass dadurch ein Steuervorteil erzielt wird. Das Gericht hat des Weiteren betont, dass eine rechtliche Gestaltung vorgenommen wurde, die den wirtschaftlichen Vorgängen nicht angemessen war und die Steuerbefreiung missbraucht wurde.

 

Außerdem hat das Bezirksgericht festgestellt, dass die Einkünfte der ursprünglichen Aktionäre theoretisch auch in einer anderen Etappe der Aktienveräußerung und Dividendenausschüttung besteuert werden konnten – das Finanzamt war berechtigt, auch die Gewinne der ursprünglichen Aktionäre aus der Veräußerung der Aktien der Gesellschaft zu versteuern. Nach Auffassung des Bezirksgerichts wurde bei Aktienveräußerung und der anschließenden Dividendenausschüttung die rechtliche Gestaltung missbraucht. Das Bezirksgericht hat betont, dass das Finanzamt nach seinem Ermessen entscheiden konnte, dass nicht die Aktienveräußerung, sondern die Dividendenausschüttung besteuert wird.

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Mgr. Jakub Šotník

Attorney at Law (Tschechische Rep.)

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