Automatischer Informationsaustausch nach OECD-Standards

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1. Hintergrund

Im Rahmen der Bekämpfung von grenzüberschreitendem Steuerbetrug und Steuerhinterziehung und mit der Zielsetzung, eine internationale steuerrechtliche Transparenz zu schaffen, ist eine der wesentlichen Maßnahmen der OECD, einen automatischen Informationsaustausch (AIA) von Finanzkonten zwischen einzelnen Staaten voranzutreiben.
 
Daher hat die OECD einen globalen Standard in Anlehnung an die bereits bestehenden Verfahren des von den USA eingeführten Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) entwickelt, der zu einem einheitlichen und systematischen zwischenstaatlichen Meldeverfahren führen soll.
 
Am 29. Oktober 2014 haben dann 51 Staaten ihre Teilnahme an dem automatischen Informationsaustausch und Anwendung dieses globalen Standards zugesagt. Zwischenzeitlich ist die Zahl der teilnehmenden Länder auf 61 angestiegen (Stand 4. Juni 2015), darunter finden sich auch Bermuda, Cayman Islands, Curacao, Guernsey, Indien, Jersey, Liechtenstein, Luxemburg, Österreich, Schweiz. 
 
Diese Vereinbarung wird von den Staaten in nationales Recht umgesetzt werden. Österreich hat vor wenigen Tagen, am 07. Juli 2015, u.a. für die Umsetzung des Automatischen Informationsaustausches sein Bankgeheimnis faktisch aufgehoben und den Globalen Standard zum automatischen Informationsaustausch durch entsprechende Gesetze bzw. Gesetzesänderungen beschlossen.1 
 
Entsprechend liegt nun auch der Referentenentwurf der deutschen Bundesregierung für ein Gesetz zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung des EU-Amtshilfegesetzes und anderer Gesetze.
 
Um eine größtmögliche Vielzahl von Gestaltungen über diverse Rechtsgestaltungen und Instrumente abzudecken und eine größtmögliche Transparenz zu schaffen, enthält der Referentenentwurf, analog zum  globalen Standard der OECD, eine Vielzahl von Definitionen.
 

2. Gemeinsame Meldestandards und ihre Umsetzung in Deutschland

Nach dem Globalen Meldestandard (Common Reporting Standard – CRS) sind sog. Finanzinstitute (FI) verpflichtet, für meldepflichtige Konten eines anderen Staates bestimmte Informationen zu beschaffen und zu übermitteln:
  • Name, Adresse, Ansässigkeitsstaat, Steueridentifikationsnummer, Geburtsdatum und -ort
  • Kontonummer
  • Name und Identifikationsnummer des meldenden Instituts
  • Kapitalerträge wie Zinsen, Dividenden und andere Kapitalerträge aus Vermögenswerten solcher Konten
  • Veräußerungs- und Einlösungserlöse von Finanzanlagen, insbesondere Wertpapieren

Der Informationsaustausch erfolgt für sog. meldepflichtige Personen, das sind natürliche Personen oder Rechtsträger, der bzw. die in einem anderen (meldepflichtigen) Staat, also grenzüberschreitend (steuerlich) ansässig sind. Bei einem Nachlass kommt es auf den Ansässigkeitsstaat des Erblassers an.
 
Beispiele: Anleger Muster lebt in Österreich. Er hat ein Depot bei einer Bank in Deutschland. Damit ist die deutsche Bank verpflichtet, Kapitalerträge und Veräußerungserlöse von z. B. Wertpapieren nach Österreich zu melden.

Anleger Schlau lebt in Deutschland. Er hatte ein Depot bei einer Bank in Luxemburg. Dieses Depot wurde vor einigen Jahren auf eine Lebensversicherung übertragen. Für diese Lebensversicherung sind ab 2017 die Rückkaufswerte jährlich nach Deutschland zu melden.
 
Deutsche Finanzinstitute melden nach dem Referentenentwurf diese Daten erstmals zum 30. Juni 2017 für das Jahr 2016 an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), welches wiederum berechtigt ist, diese Daten an die jeweils zuständige Behörde des anderen Staates weiterzuleiten. Auch werden diese Daten mindestens 15 Jahre durch das BZSt gespeichert. Das BZSt ist daneben zuständig für die Entgegennahme solcher Daten von den Behörden anderer Staaten.
 
Um den Melde- und Sorgfaltspflichten zu genügen, müssen die Finanzinstitute nach dem Referentenentwurf für alle von ihnen geführten Konten die steuerliche Ansässigkeit des Kontoinhabers erheben und dem entsprechend Konten zuordnen, die meldepflichtig sind. Auch müssen die Finanzinstitute vor der erstmaligen Übermittlung von Daten den betroffenen Personen die Meldeverpflichtung mitteilen, was auch im Wege einer allgemein zur Verfügung gestellten Information erfolgen kann.
 
Die von den Finanzinstituten einzuhaltenden Sorgfaltspflichten werden je nach Art des Kontoinhabers und der Höhe der Kontosalden unterschiedlich weit gefasst:
 
Hinsichtlich des Umfangs und der Frist der Überprüfung, ob meldepflichtige Konten natürlicher Personen vorliegen, wird zum 31.Dezember 2015 zwischen Konten mit geringem Wert (Saldo des Kontos beträgt zum 31.Dezember 2016 bzw. zum 31.Dezember der Folgejahre höchstens 1 Mio. USD) und mit hohem Wert (Saldo des Kontos beträgt zum 31. Dezember 2015 bzw. zum 31. Dezember der Folgejahre mehr als 1 Mio. USD) unterschieden. Die Prüfung von Konten mit hohem Wert muss bis Ende 2016 abgeschlossen sein, die Prüfung von Konten mit geringem Wert bis Ende 2017.
 
Bei Neukonten, also Eröffnung der Konten ab 1. Januar 2016, ist die Höhe der Kontosalden für die Überprüfung der Meldepflicht irrelevant.
 
Neben der Meldung von Daten natürlicher Personen müssen Daten von Konten von Rechtsträgern gemeldet werden, wenn deren Gesamtsaldo 250.000 USD zum 31. Dezember 2015 bzw. zum 31. Dezember der Folgejahre übersteigt und wenn eine oder mehrere meldepflichtige Personen Inhaber des Kontos sind. Daneben besteht eine Meldepflicht, wenn ein sog. passiver NFE (Non Financial Entity), der von einer oder mehreren meldepflichtigen Personen beherrscht wird, Kontoinhaber ist.
 
Es erfolgt des Weiteren eine Unterscheidung in aktive und passive NFE. Ist ein aktiver NFE Kontoinhaber, ist das Konto nicht zu melden. Ist dagegen ein passiver NFE Kontoinhaber, erfolgt eine Meldung, wenn meldepflichtige Personen den passiven NFE beherrschen.
 
Generell ist ein NFE zunächst ein Rechtsträger, der kein Finanzinstitut ist. Insbesondere sind die Investmentfonds, Private Equity Fonds, Vermögensverwalter, Trust und weitere „Anlagevehikel” solche NFE. Zudem gelten auch Finanzinstitute in nicht teilnehmenden Staaten als NFE.
 
Beispiel: Eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in Panama, die Vermögensanlage betreibt, bedient sich für ihre Kapitalanlage einer Schweizer Bank. Beherrschende Person ist der in Deutschland ansässige Herr Y, der 100%iger Gesellschafter dieser Kapitalgesellschaft ist. Die Schweizer Bank muss diese Kapitalgesellschaft (Investmentunternehmen im Sinne des globalen Standards) als passive NFE behandeln, da Panama ein nicht teilnehmender Staat ist. Die Konten/Depots dieser Kapitalgesellschaft sind als meldepflichtig zu identifizieren und unter Nennung der unter 2. genannten Informationen nach Deutschland zu melden.
 

3. Unterscheidung der Finanzinstitute

Es werden meldende und nicht meldende Finanzinstitute sowie Finanzinstitute in nicht teilnehmenden Staaten unterschieden. Dabei sind meldende Finanzinstitute v.a. Kreditinstitute und sog. Investmentunternehmen (Rechtsträger, die vorwiegend gewerblich für einen Kunden Handel mit Vermögenswerten – Finanzvermögen – betreiben, individuell oder kollektiv Vermögen verwalten oder sonstige Arten der Anlage oder Verwaltung von Finanzvermögen oder Kapital im Auftrag Dritter betreiben). Investmentunternehmen dürften damit v.a. Investmentfonds, Private Equity Fonds, Vermögensverwalter und Trust sowie andere besondere „Anlagevehikel” sein. Auch Versicherungsgesellschaften, die rückkauffähige Versicherungsverträge vertreiben, v.a. als Lebensversicherungs- und Rentenversicherungen, fallen unter den Begriff des meldenden Finanzinstituts.
 
Nicht meldende Finanzinstitute sind grundsätzlich staatliche Rechtsträger, internationale Organisationen und Zentralbanken (soweit nicht gewerbliche Zahlungsaktivitäten vorliegen), Altersvorsorgeeinrichtungen und bestimmte Investmentunternehmen. Ausgenommen von der Meldepflicht sind wohl auch Investmentfonds (Organismen für die gemeinsame Anlage – OGAW), wenn sämtliche Beteiligungen von nicht meldepflichtigen natürlichen Personen oder Rechtsträgern gehalten werden (es sei denn, es handelt sich bei den Rechtsträgern um passive Rechtsträger mit meldepflichtigen beherrschenden Personen).
 

4. Ausblick

Dass der Steuerhinterziehung international ein Riegel vorgeschoben werden soll, ist seit langem ein Ziel vieler Staaten. Diesem Ziel kommt der Automatische Informationsaustausch (CRS) mit großen Schritten näher. Der Anleger, der noch nicht deklarierte Konten im Ausland hat, muss sich zeitnah mit der Deklaration seiner Vermögen und Kapitalerträge beschäftigen. 
 
Aber auch Anlagevehikel wie Spardosen-GmbH und Private Equity Fonds müssen ihre Qualifikation im Sinne dieses AIA prüfen: Sind sie ein meldepflichtiges Finanzinstitut oder ein NFE, sind sie als NFE aktiv oder passiv einzustufen, wer ist ggf. beherrschender Rechtsträger? Wie sind künftige Melde- und Sorgfaltspflichten einzuhalten und Ordnungswidrigkeiten (ggf. mit hohen Bußgeldern) zu vermeiden?
 
In den nächsten Jahren ist jedoch auch bezogen auf die Besteuerung von Kapitaleinkünften mit erheblichen Veränderungen zu rechnen. Viele Zeichen deuten zudem darauf hin, dass die anonymisierte Form der Abgeltungsteuer ihr Ende findet. Zum einen äußerte sich Herr Schäuble bejahend zur Abschaffung der Abgeltungsteuer, zum anderen wird die Finanzverwaltung ein großes Interesse haben, nicht nur Informationen über Kapitaleinkünfte aus dem Ausland zu erhalten, sondern auch von den Banken aus Deutschland. Auch die vorausgefüllte Einkommensteuererklärung wäre somit um einige Daten reicher (Anlage KAP).
 
Die 4. Geldwäscherichtlinie verlangt ein nationales Register, in dem die wirtschaftlichen Berechtigten erfasst werden, die könnte der Finanzverwaltung für einen Abgleich mit den Steuererklärungen dienen.
 
1 Siehe die Änderungen, die mit dem sog.Bankenpaket am 7. Juli 2015 beschlossen wurden: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesen (Bankwesengesetz – BWG) geändert, das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Kontenregisters (Kontenregistergesetz – KontRegG), das Bundesgesetz über die Meldepflicht von Kapitalabflüssen (Kapitalabfluss-Meldegesetz) und das Bundesgesetz zur Umsetzung des gemeinsamen Meldestandards für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten (Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz – GMSG) erlassen, das EU-Amtshilfegesetz und das Amtshilfe-Durchführungsgesetz geändert werden.
 
zuletzt aktualisiert 10.07.2015
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