Gastbeitrag von Prof. Dr. habil. Stefan Behringer: „Compliance 2030”

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​veröffentlicht am 29. März 2017


Compliance ist eine junge Disziplin und sieht sich schon jetzt neuen Entwicklungen gegenüber. Es stellt sich die Frage: Wie sieht also Compliance 2030 aus?

 


 
Die Datenflut durch die Digitalisierung bringt neue Fragestellungen mit sich. Jeder Mitarbeiter kann sich über digitale Medien zum Compliance-Management informieren: Gesetzestexte und interne Regeln stehen bereit. Das ist aber auch eine Bürde, die Mitarbeiter überfordern kann. Die Ausrede, nicht Bescheid gewusst zu haben, gilt heutzutage nicht mehr.
 
In der vernetzten Welt realisieren sich die Kontrollträume von Frederick Taylor, der den einzelnen Mitarbeiter als Rädchen in der Fabrik angesehen hatte. Die Datenflut ermöglicht stetige Kontrollen eines jeden Mitarbeiters. Das macht vielen Menschen Angst. Zudem verschwimmen die Grenzen zwischen Beruflichem und Privatem: Ständige Erreichbarkeit und der Druck dienstliche Aufgaben auch außerhalb der regulären Arbeits­zeiten übernehmen zu müssen, lassen eine Trennung – insbesondere bei Führungskräften – nicht mehr zu. Dieser Entwicklung müssen sich auch Compliance-Manager sowie Gesetzgeber und Justiz stellen. Es ist fraglich, ob sich Untreue und Vorteilsnahme vor diesem Hintergrund noch genauso definieren lassen, wie es traditionelle jahrzehntealte Definitionen vorgeben. Wer seine private Zeit dienstlich nutzt, muss auch Arbeitsmittel und Arbeitszeit privat einsetzen können. Nur so kann ein faires Miteinander von Privat- und Berufsleben gelingen. Die Gesetzgebung und die Compliance-Regeln müssen sich der Herausforderung annehmen, ohne dass Missbrauch legalisiert wird.
 
In den Unternehmen wird der finanzielle und personelle Einsatz für Compliance häufig mit Haftungsreduzierung begründet. Dieses Argument ist für viele Beschäftigte nicht sehr überzeugend. Im Zweifel sind sie diejenigen, die mit ihrem Arbeitsplatz haften. Für Compliance-Manager kann diese Begründung ihres Tuns auch nicht befriedigend sein. Langfristig kann sich eine Compliance-Abteilung im betriebsinternen Kampf um finanzielle und personelle Ressourcen nur durchsetzen, wenn sie einen erkennbaren Wert für das Unternehmen schafft.  Und dieser Wert wird durch ein integres, gesetzeskonformes und ethisches Management geschaffen. Gerade bei den besonders talentierten Nachwuchskräften spielt die Reputation eines Arbeitgebers bei der Wahl des Arbeitsplatzes eine enorme Rolle. Integrität ist ein entscheidendes Argument beim „war for talents”. Kunden goutieren einen guten Ruf. Zumindest zeigen das Umfragen, die sich nicht unbedingt in den Umsatzzahlen von Unternehmen mit Compliance-Problemen niederschlagen. Nicht zuletzt wollen Investoren eine „saubere” Unternehmensführung, da Börsenkurse sehr empfindlich auf schlechte Nachrichten reagieren. Die Argumente für einen Wert des Compliance-Managements sind also sehr schlagkräftig. Es wird eine Herausforderung sein, den unternehmerischen Wert von Compliance jenseits der Haftungsbegrenzung aufzuzeigen. Denn alle Argumente haben gemein, dass sie nur mittelbar wirtschaftlichen Erfolg bringen.
 
Um den Nutzen von effizienten Compliance-Management-Systemen deutlich zu machen, sollte das nach dem Motto „tue Gutes und rede darüber” auch kommuniziert werden. Dazu bieten sich Zertifizierungen an, die die Validität von Strukturen zur Implementierung sauberen Handelns extern verifizieren. Diese Zertifikate bzw. Prüfungsstandards sprießen wie Pilze aus dem Boden. Sie werden sich weiter in der Praxis durchsetzen.
 
Compliance 2030 wird sich mit anderen Fragestellungen befassen bzw. seinen wirtschaftlichen Wert intern wie extern klarer kommunizieren müssen.

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Prof. Dr. habil. Stefan Behringer

Präsident der Nordakademie, Chefredakteur der Zeitschrift Risk, Fraud & Compliance (ZRFC)

+49 04121 4090 201

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