Aktuelles Urteil: BFH zur Pauschalbesteuerung von intransparenten Investmentfonds aus Drittstaaten

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Nach aktuellem Recht werden die steuerpflichtigen Kapitalerträge bei intransparenten Investmentfonds pauschal besteuert. Da die Investmentfonds bestimmte steuerliche Bekanntmachungsanforderungen nicht erfüllen, werden die Ausschüttungen zuzüglich 70 Prozent der Wertsteigerung des Fonds im Kalenderjahr, mindestens jedoch 6 Prozent vom Rücknahmewert am Jahresende als steuerpflichtiger Ertrag pauschal ermittelt. Diese Regelung kann in Fällen des Wertverlustes sogar zu einer Substanzbesteuerung führen.
 

Bereits mit Urteil van Caster und van Caster vom 9. Oktober 2014 hat der Europäische Gerichtshof (C-326/12) entschieden, dass allein die fehlende Bekanntmachung und Veröffentlichung bestimmter (Ertrags-)Angaben nicht dazu führen darf, die vorgenannte Strafbesteuerung anzuwenden. Es muss dem Anleger die Möglichkeit eingeräumt werden, die tatsächliche Höhe seiner Einkünfte nachzuweisen.
 

Am 17. November 2015 (VIII R 27/12, veröffentlicht am 10. Februar 2016) hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun entschieden, dass die Pauschalbesteuerung von intransparenten Investmentfonds auch aus Drittstaaten, hier die USA, nicht mit der Kapitalverkehrsfreiheit im Einklang steht. Anwendung findet das Urteil auf solche Drittstaaten, die aufgrund von Verfahren für den Informationsaustausch der deutschen Finanzverwaltung ermöglichen, die vom Anleger nachgewiesenen Erträge zu verifizieren. Als Rechtsgrundlage für einen solchen Informationsaustausch findet sich in zahlreichen Doppelbesteuerungsabkommen bereits der Art. 26 OECD-Musterabkommen in entsprechender Form.
 

Wermutstropfen dieser Rechtsprechung: Der Anleger, der die Besteuerung von tatsächlichen Erträgen anstrebt und damit die hohe Pauschalbesteuerung vermeiden will, ist gezwungen, detaillierte Ermittlungen vorzunehmen. Der BFH verweist hier auf die Ausführungen des Bundesfinanzministeriums vom 28. Juli 2015. Eine Schätzung der Erträge ist dem Anleger somit weitgehend verwehrt.
 

Nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums muss der Anleger folgende Mindestangaben vorlegen:
  • Betrag der Ausschüttung (der dem Anleger gutgeschriebene Ausschüttungsbetrag nach Abzügen wie Quellensteuern und Spesen)
  • Betrag der ausgeschütteten Erträge (dieser weicht regelmäßig aus diversen Gründen von den Ausschüttungsbeträgen ab)
  • Erträge, die bereits dem deutschen Steuerabzug unterlagen, und zur Anrechnung von Kapitalertragsteuer berechtigen (insbesondere deutsche Dividenden)
  • Abschreibungsbeträge und Substanzverringerungen
  • Gezahlte und erstattete Quellensteuer innerhalb des Fonds

 

Erleichterung verschafft der BFH dem Anleger jedoch insoweit, als bei lückenhaften Angaben die Finanzverwaltung gehalten ist, ihre innerstaatlichen und abkommensrechtlichen Möglichkeiten zu nutzen, um die Angaben der Anleger zu vervollständigen.
 

Im Rahmen der Reform der Investmentfondsbesteuerung (Entwurf des Reformgesetzes vom 24. Februar 2016) wird zumindest für intransparente EU-Fonds der Nachweis der Erträge durch den Anleger normiert – eine gesetzliche Regelung für Fonds aus Drittstaaten fehlt jedoch. Ob diese noch bis zur geplanten Änderung der Besteuerungssystematik von Investmentfonds zum 1. Januar 2018 umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.
 

Hinweis: Deutsche Zahlstellen sind vom Bundesfinanzministerium angewiesen, die Kapitalertragsteuerabzüge weiterhin nach dem hohen Pauschalverfahren vorzunehmen. Der Anleger kann i.d.R. den jeweiligen Abrechnungsbelegen entnehmen, ob diese Pauschalbesteuerung Anwendung gefunden hat (oftmals gekennzeichnet als sog. „Mehrbetrag”). Eine Reduzierung der Besteuerungsgrundlage erreicht der Anleger nur über die Korrektur in seiner Steuererklärung.
 

zuletzt aktualisiert am 01.03.2016

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