(Teil-)Automatisierung manueller Prozesse in Microsoft Dynamics 365 Finance & Operations

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 Vom elektronischen Kontoauszug zum Ausgleich offener Posten im Warenwirtschaftssystem

​Bei der Digitalisierung in Unternehmen zählt die Automatisierung von Geschäftsprozessen zu den Schlüsselprojekten. Häufig wird hier sofort an große Prozessketten und an den enormen Aufwand der Umsetzung gedacht. Aber manchmal reicht es auch, kleine Arbeitsschritte zu automatisieren, die im täglichen Geschäft ansonsten viel Zeit in Anspruch nehmen. Ein solches Beispiel möchten wir anhand eines Kundenprojektes aufzeigen. Unser Kunde verarbeitet täglich Zahlungsavisen von mehreren Großkunden, die jeweils bis zu 1000 Positionen umfassen können. Hierbei müssen die Avisepositionen mit den offenen Posten im Warenwirtschaftssystem hinsichtlich des Betrags und den Zahlungsbedingungen verglichen und im System eingepflegt werden. Eine manuelle Bearbeitung dieses Vergleichs nimmt hingegen sehr viel Zeit in Anspruch. Ziel unseres Projektes war daher eine Reduktion des manuellen Aufwandes des Sachbearbeiters mit einem zugleich hohen Grad an Wiederverwendbarkeit der Realisierung. 


Ausgangssituation

Ausgangsproblem unseres Projektes war der hohe manuelle Aufwand unseres Kunden bei der Verarbeitung von Zahlungsavisen in Microsoft D365 Finance & Operations (D365). Täglich können hier bis zu 1000 Positionen anfallen, die dann mit den offenen Posten und mit kundenspezifischen Zahlungsbedingungen verglichen werden müssen. Ziel des Projektes war daher zum einen die (Teil-)Automatisierung des Vergleichsprozesses und zum anderen eine Modularisierung unserer Lösung für die Wiederverwendbarkeit der Logik und des Prozesses in anderen Systemumgebungen. 


Als Ausgangsbasis diente die Logik eines bestehenden Rödl & Partner Moduls in D365, welches der Verarbeitung von MT940-Dateien innerhalb von D365 dient. Die Verarbeitung der Zahlungsavise konnte mit dem bestehenden Modul trotz vergleichbarer Logik und Struktur nicht durchgeführt werden. Daher war für uns wichtig eine Lösung zu implementieren, die durch kleine Modifikationen schnell an leicht abweichende Datenstrukturen angepasst und zugleich an verschiedene Warenwirtschaftssysteme angekoppelt werden kann. Wir entschieden uns für einen modularen Aufbau in der Cloud, der strukturierte Dateien verarbeiten kann.


Was ist MT940?

MT940 ist die Abkürzung für Message Type 940 und entspricht dem Kontoauszug in elektronischer Form. 940 im Namen steht für das Startfeld der Datei, dem Tag „940". Die Struktur der Datei ist genormt und beinhaltet alle relevanten Informationen zu getätigten Banktransaktionen, z.B. Zahlungseingänge und -ausgänge oder Gutschriften, die durch sogenannte Tags eindeutig identifiziert werden können. Neben dem Startfeld gibt es weitere obligatorische und optionale Felder wie z.B. das Feld Kontobezeichnung mit dem Tag „25" oder das Feld Verwendungszweck mit dem Tag „86". Mittels dieses von SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telcommunication) entwickelten Standards werden die elektronische und automatische Verarbeitung von Informationen ermöglicht. Die Darstellung der Informationen kann jedoch von Bank zu Bank variieren.

 

Was ist ein Zahlungsavis?

Die Vorankündigung einer Zahlung wird im Zahlungsverkehr als Avis bezeichnet. Das Zahlungsavis dient dem Zahlungsempfänger als Bestätigung für seine Liquiditätsplanung sowie einer leichteren Zuordnung der Geldanweisung. Es umfasst u.a. Informationen zu Rechnungsdatum, Rechnungsnummer, Zahlungsbetrag, Skontoabzug und berechneten Gutschriften, die für die Zuordnung herangezogen werden können. Das Dateiformat und die Struktur des Dokumentes können jedoch ebenfalls bei verschiedenen Kunden variieren.

 

Prozessschritte & Module der Implementierung

Der Implementierungsprozess gliedert sich in mehrere Schritte, die als einzelne Module implementiert werden und somit eine Anbindung an unterschiedliche Warenwirtschaftssysteme ermöglichen. Hierbei gibt es sogenannte Kernmodule, die die Verarbeitung der Daten durchführen und es gibt Schnittstellenmodule, die Quell- und Zielsysteme mit den Kernmodulen verbinden und an das jeweilige System angepasst bzw. implementiert werden müssen. Die Steuerung des Prozesses erfolgte im Kundenfall durch eingerichtete Jobs, die zu definierten Uhrzeiten werktags automatisch laufen.


Im Allgemeinen umfasst der Prozess folgende Schritte:


  1. Datenabruf der Dateien im strukturierten Format (bzw. Dateien, die durch Tags eindeutig identifizierbare Informationen je Position beinhalten).
  2. Datenabruf der offenen Posten und Kundendaten aus dem Warenwirtschaftssystem.
  3. Zerleger" - Extraktion der benötigten Tags und Positionen der strukturierten Datei.
  4. Matcher" - Vergleich und Identifikation der entsprechenden Positionen in den offenen Posten im Zusammenspiel mit kundenspezifischen Informationen, z.B. individuellen Zahlungsbedingungen.
  5. Ausgleicher" - Markierung der Positionen, die eindeutig identifiziert und im System automatisch ausgeglichen werden können und der Positionen, die durch einen Sachbearbeiter geprüft werden müssen.
  6. Import/Überführung der Ergebnisdaten in das Warenwirtschaftssystem.


Je nach Warenwirtschaftssystem müssen gegebenenfalls kleine Modifikationen vorgenommen oder zusätzliche Schritte implementiert werden. Diese Anpassungen können zum einen durch das Warenwirtschaftssystem bzw. dessen Verarbeitungslogik oder zum anderen durch kundenspezifische Anforderungen bedingt sein. Im besagten Kundenfall war beispielsweise in D365 die Anpassung einer Entität für den Datenimport notwendig sowie ein zusätzlicher Importschritt vor dem Ausgleicher. Ebenfalls musste die Zerlegerlogik kundenspezifisch modifiziert werden, sodass die Avise-Dateien mit einer leicht abweichenden Struktur von dem MT940-Format verarbeitet werden konnten.

Eine weitere Herausforderung in unserem Kundenfall war das Vorliegen der Avisdateien im PDF-Format sowie einer kundenspezifischen tabellarischen Struktur innerhalb des PDF. Die Überführung dieser Avisdateien in das von uns benötigte strukturierte Format à la MT-940 erfolgte durch eine Bilderkennungs-Lösung eines beteiligten Partners, welche die Inhalte elektronischer Dokumente extrahiert und in eine vorgegebene Struktur überführt.

 

Verwendete Technologien/Stack

Der im Kundenfall realisierte Prozess basiert auf Azure-Ressourcen und Microsoft D365 Finance & Operations. Die implementierte Logik der Datenverarbeitung ist mittels der Programmiersprache Python realisiert worden. Sie ermöglicht eine Realisierung/Überführung des Prozesses in andere Systemumgebungen und die Kopplung mit anderen Warenwirtschaftssystemen. Im Kundenfall wurde der Pythoncode mittels DataBricks ausgeführt. Für die Ablage der im Prozess benötigten und erstellten Dateien wurde eine BlobStorage verwendet.

 

Zusammenarbeit mit dem Kunden


Das Projekt erforderte eine enge Zusammenarbeit mit dem Fachbereich des Kunden und deren Expertise sowie mit unseren Beraterkollegen, die sich mit den Prozessen innerhalb der Finanzbuchhaltung in D365 auskennen. Besonders, aber kein Hindernis war, dass alle Beteiligten deutschlandweit verstreut saßen und der gesamte Austausch während des Projektes online stattfand. Nach ersten Meetings und der Klärung der Randbedingungen wie beispielsweise dem zu erwartenden Datenumfang, dem Zielformat, der Häufigkeit der Verbuchung und der beteiligten Module in D365, implementierten wir zunächst einen Prototyp, der die klaren 1:1 Fälle verarbeitete. Auf diesen Prototyp aufbauend entwickelte sich der Verarbeitungsprozess stetig weiter. Fragen zum Umgang mit nicht zuordnungsfähigen Positionen oder mit Teilzahlungen, Sammelüberweisungen und Gutschriften wurden schrittweise in der Implementierung ergänzt und durch den Kunden getestet. 

Kontakt

Contact Person Picture

Oliver Tovar

Leiter Business Line BI & Analytics

+49 731 7255 7368

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