Bundesarbeitsgericht stärkt Witwenrente

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Wer kurz vor dem Eintritt ins Pensionsalter nochmals heiratet, muss sich keine Sorgen um die Versorgung des Ehepartners nach dem Tod machen. Denn Spätehenklauseln, wie sie viele Pensionszusagen und betriebliche Versorgungswerke enthalten, sind unwirksam. Dies hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt. Viele Verträge für die betriebliche Altersversorgung müssen nun angepasst werden.
 

Die Klausel

Mit der Betriebsrente honorieren Arbeitgeber Betriebstreue und Leistung ihrer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, indem sie auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Beitrag zur Wahrung des Lebensstandards leisten. Viele Arbeitgeber gewähren neben der klassischen Betriebsrente zusätzlich eine Hinterbliebenenversorgung in Form der Witwen- bzw. Witwerrente. Wenngleich diese regelmäßig nicht mehr als 60% der Altersrente beträgt, kann sie teuer zu stehen kommen – etwa wenn der oder die Hinterbliebene deutlich jünger ist und damit statistisch betrachtet eben auch deutlich länger die Rente erhalten wird.
 
Ein bisschen anders liegt die Sache, wenn ein beispielsweise bereits schwerkranker, hochbetagter Betriebsrentner noch kurz vor seinem Ableben heiratet und so erst den Anspruch auf die Witwenversorgung auslöst. Auch wenn der Regelfall sicher eine Eheschließung aufgrund emotionaler Verbundenheit sein dürfte, könnten Arbeitgeber auf den Gedanken kommen, dass die Versorgung einer ihnen fremden Person bei den Überlegungen mitgeschwungen haben könnte. Deshalb soll das Risiko, für Hinterbliebenenleistungen aus kurz vor dem Tod abgeschlossenen Ehen aufkommen zu müssen, durch sogenannte Spätehenklauseln minimiert werden. Mit ihnen werden schlicht Hinterbliebenenleistungen zu Gunsten von Ehepartnern/Ehepartnerinnen ausgeschlossen, wenn die Ehe erst nach Erreichen einer bestimmten Altersgrenze eingegangen wurde.
 

Das Urteil

Nunmehr hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass das zuvor skizzierte Interesse des (ehemaligen) Arbeitgebers hinter den legitimen Interessen der versorgungsberechtigten Betriebsrentner zurückstehen muss. Spätehenklauseln belasten diese Interessen übermäßig und sind altersdiskriminierend.
 

Die Folgen

Damit dürfen Witwen und Witwer auch dann auf eine Hinterbliebenenversorgung hoffen, wenn die Ehe erst relativ spät geschlossen wurde. Wenn auch die Urteilsbegründung abzuwarten bleibt, scheint die Entscheidung in jedem Fall konsequent – schließlich liegt die tatsächliche Diskriminierung im Ausschluss derjenigen, die tatsächlich ihr Glück ein bisschen später finden, nur um damit möglicherweise missbräuchliche Einzelfälle auszuschließen.
 
Bilanziell wurde in den relevanten Fällen die Witwenversorgung bisher nicht bei der Berechnung der Pensionsrückstellung erfasst – ein Anspruch schien ja nicht gegeben. Hier wird eine Anpassung und damit einhergehend eine Erhöhung vorzunehmen sein, die jedoch zumindest bei größeren Versorgungswerken nicht ins Gewicht fallen sollte.
 

Ähnliche Klauseln

Dem bereits erwähnten finanziellen Risiko des Arbeitgebers, eine/n deutlich jüngere(n) Witwe/Witwer unter Umständen mehrere Jahrzehnte und damit vermeintlich übermäßig lange mit Betriebsrente versorgen zu müssen, tragen viele Arbeitgeber durch eine sogenannte Altersabstandsklausel Rechnung. Danach soll sich die Hinterbliebenenleistung reduzieren oder ganz ausgeschlossen sein, wenn der Altersabstand zwischen den Eheleuten 10 Jahre und mehr beträgt. Diese Klauseln hat das Bundesarbeitsgericht zwar bisher für zulässig gehalten. Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Frage, ob darin eine Diskriminierung zu sehen ist, steht indes noch aus.
 
zuletzt aktualisiert am 06.08.2015

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Dr. Michael S. Braun

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth)

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