Neue Gestaltungen im Erbschaftsteuerrecht – Überprüfung bestehender Nachfolgekonzepte

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von Lutz Günther  

 

Das lange Tauziehen um die Begünstigung des Betriebsvermögens in der Erb- und Schenkungsteuer ist im Jahr 2016 vorerst zu Ende gegangen. Die Erbschaftsteuerreform hat zu Änderungen bei der Besteuerung von Betriebsvermögen geführt, die im Einzelfall grundlegend sein können. Unternehmer sind daher aufgerufen, ihre Nachfolgekonzepte zu überprüfen.
 

 
Um in den möglichst umfangreichen Genuss der Befreiungsvorschriften zu kommen, ist eine langfristigere Steuer- und Erbrechtsplanung notwendiger geworden als bisher. Dabei können nachstehende ausgewählte Gestaltungsmöglichkeiten dabei helfen, die Erbschaftsteuer zu optimieren.

 

Begünstigtes Vermögen bilden

Eine wesentliche Neuerung besteht darin, dass das Verwaltungsvermögen nicht mehr (mit-)begünstigt wird, sondern im Rahmen der Erbschaftsteuer versteuert werden muss. Die Privilegierungen gibt es nur noch für das begünstigte Vermögen. In Konzernstrukturen ist es erforderlich, den Stand des schädlichen Verwaltungs­vermögens im Blick zu behalten. Eine integrierte Finanzierungsgesellschaft könnte hierbei die Mechanismen erleichtern, denn neben fremdvermieteten Grundstücken, Anteilen an Kapitalgesellschaften unter 25 Prozent und Wertpapieren sind auch Finanzmittel in einem bestimmten Umfang als schädliches Verwaltungsvermögen zu behandeln.
 
Der Finanzmitteltest wird auf Ebene der obersten Gesellschaft durchgeführt, nachdem mithilfe einer Verbundvermögensaufstellung sämtliche Finanzmittel und Schulden im Konzern zusammengefasst wurden. Letztere dürfen mit den Finanzmitteln saldiert werden und können somit das Verwaltungsvermögen minimieren. Konzerninterne Forderungen und Verbindlichkeiten werden hingegen nicht angesetzt. Das schädliche Verwaltungsvermögen wird auf den Übertragungszeitpunkt ermittelt und der Nettowert besteuert. Aus Sicht der Erb- und Schenkungsteuer ist es ratsam, zum Übertragungsstichtag möglichst keine fremdvermieteten Betriebsgrundstücke, Wertpapiere oder schädliche Finanzmittel zu halten.
 
Durch eine neue Investitionsklausel kann bei der Nachfolge von Todes wegen innerhalb von 2 Jahren schädliches Verwaltungsvermögen in begünstigtes Vermögen investiert werden. Der Erwerber kann so rückwirkend begünstigtes Vermögen schaffen, das von der Privilegierung profitiert. Voraussetzung ist aber, dass die Reinvestition unmittelbar einer gewerblichen Tätigkeit dient. Ferner muss die Neuanschaffung „auf Grund eines vorgefassten Plans des Erblassers” (§ 13b Abs. 5 ErbStG) erfolgen. Welche Anforderungen daran künftig gestellt werden, wird die Finanzverwaltung noch konkretisieren müssen – ein entsprechender Finanz- und Investitionsplan, der von der Gesellschafterversammlung genehmigt und beschlossen ist, wird vermutlich ausreichen. Empfehlenswert ist es daher, jährlich einen Investitionsplan aufzustellen und auf Gesellschafterebene zu beschließen.
 

Familiengesellschaft: Voraussetzungen schaffen

Der Gesetzgeber hat mit der Reform eine besondere Privilegierung von Familiengesellschaften vorgesehen. Die Kriterien, die dafür erfüllt werden müssen, sind jedoch sehr streng. Eine Familiengesellschaft erkennt das Erb- und Schenkungsteuerrecht dann an, wenn
  • der Gewinn nach Steuern nur zu 37,5 Prozent entnommen oder ausgeschüttet wird. Keine Beschränkungen bestehen bei der Entnahmen bzw. Ausschüttung für Steuern vom Einkommen.
  • die Gesellschaftsanteile lediglich an nahe Angehörige, Mitgesellschafter oder eine Familienstiftung übertragen werden dürfen.
  • die Abfindung, die ein ausscheidender Gesellschafter vereinnahmt, unter dem tatsächlichen Wert der Beteiligung liegt. 

 

Die Kriterien müssen in den Statuten der Gesellschaft mindestens 2 Jahre vor der Schenkung oder dem Erbfall vereinbart worden sein. Nach der Übertragung ist die Regelung für einen Zeitraum von 20 Jahren in der Art unverändert aufrecht zu erhalten. Es reicht dafür nicht aus, dass die Regelungen auf Papier stehen; sie müssen auch ordnungsgemäß umgesetzt werden. Wer die Beschränkungen über den verhältnismäßig langen Zeitraum durchhält, bekommt ein erhebliches Steuerprivileg: Bei der Berechnung der Schenkungsteuer erhält der Beschenkte oder Erbe einen Abschlag in Höhe des gesellschaftsvertraglich vereinbarten Abschlags, maximal jedoch 30 Prozent.
 
Da die Voraussetzungen in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden müssen, sind alle Gesellschafter davon betroffen. Sie sollten daher die grundsätzliche Entscheidung treffen, ob die Gesellschaft als eine Familiengesellschaft definiert wird oder ob nicht.
 

Großerwerbe bis ca. 90 Mio. Euro in Raten übertragen

Spürbar ungünstiger ist die Rechtslage für sehr wertvolle Unternehmen geworden, denn für Großerwerbe hat sich das System grundlegend geändert: Im Regelfall kommt es dazu, dass die Begünstigung abschmilzt. Bei einem begünstigten Unternehmenserwerb ab 26 Mio. Euro sinkt der Abschlag für das Betriebsvermögen und entfällt vollständig bei 90 Mio. Euro. Die Großerwerbsgrenze besteht für 10 Jahre in Beziehung zu einem bestimmten Erwerber. Es kann also künftig Sinn machen, Beteiligungen an wertvollen Unternehmen jeweils im Wert von bis zu 26. Mio. Euro in Schritten von 10 Jahren an den Nachfolger zu übertragen. Ratsam kann auch sein, das Unternehmen nicht an einen, sondern auf mehrere Nachfolger übergehen zu lassen. Es sollte erwogen werden, die Enkelkinder oder Ehegatten in die Nachfolgestrategie mit einzubeziehen. Während bspw. auf ein Kind innerhalb von 10 Jahren nur Gesellschaftsanteile i.H.v. 26 Mio. Euro unter Inanspruchnahme der Betriebsvermögensbegünstigung übertragen werden können, sind es bei einem Kind und einem Enkel insgesamt 52 Mio. Euro.
 
Für Großerwerbe besteht ferner die Möglichkeit des Steuererlasses nach Durchführung einer Verschonungs­bedarfsprüfung. Bei Erwerben von mehr als 90 Mio. Euro ist das neben der 7-jährigen Stundung von Erbfällen die einzige Möglichkeit der Verschonung. Dabei wird auf Antrag des Erwerbers geprüft, ob er nachweislich nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen zu begleichen. Das ist keine Alles- oder Nichts-Betrachtung. Es besteht auch die Möglichkeit eines Teilerlasses, soweit die Steuer nicht aus dem verfügbaren Vermögen beglichen werden kann. Das verfügbare Vermögen, das zur Begleichung der Steuer eingesetzt werden muss, beträgt 50 Prozent der Summe aus dem mit der Erbschaft oder Schenkung zugleich übergegangenen, nicht begünstigten Vermögen und dem im Übertragungszeitpunkt beim Erwerber bereits vorhandenen. Erhöht sich nachträglich das verfügbare Vermögen innerhalb von 10 Jahren z.B. durch weitere Schenkungen, mindert sich rückwirkend auch die Höhe der erlassenen Steuer. Wird das Erlassmodell gewählt, sind auch die Lohnsummenkriterien und Behaltensregelungen bindend, die ebenfalls für die Betriebsvermögens­begünstigung gelten. Das Erlassmodell macht für Großerwerbe Stiftungsgestaltungen attraktiv. Sie könnten so aussehen, dass das Unternehmen auf eine Stiftung übertragen wird, die kein nennenswertes eigenes Vermögen besitzt. Dadurch kann ein Großteil der Steuer erlassen werden. Die Familie hingegen bezieht dann aus der Stiftung Destinatärzahlungen.
 

Bitte beachten Sie:

  • Überprüfen Sie Ihr bisheriges Nachfolgekonzept angesichts der neuen Regelungen.
  • Vermeiden Sie schädliches Verwaltungsvermögen im Unternehmensverbund – evtl. bietet sich die Errichtung einer Finanzierungsgesellschaft an.
  • Passen Sie ggf. den Gesellschaftsvertrag an, um von dem Verschonungsabschlag zu profitieren.
  • Neben der Erbschaftsteuer sind auch andere Aspekte wichtig, z.B. der Familienfrieden, die Liquidität, der Schutz vor Zersplitterung des Vermögens oder der Pflichtteilsrecht etc.  
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