Bahncard steuerfrei vom Arbeitgeber: Das muss beachtet werden!

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veröffentlicht am 28. Januar 2020 | Lesedauer ca. 6 Minuten

 

Müssen Arbeitnehmer öfter weite Strecken während ihrer Arbeitstätigkeit zurück­legen, kann sich für den Arbeitgeber die Anschaffung einer Bahncard für den Arbeit­nehmer lohnen. Darf der Arbeitnehmer die Bahncard auch privat nutzen, so entstehen dem Arbeitgeber hierdurch keine weiteren Kosten. Aber was sagt das Finanzamt dazu? 
 

 

 

Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer z.B. eine Bahncard 100 zusätzlich zum Arbeitslohn zur Verfügung, gilt sie im gesamten Bundesgebiet Deutschland. Insbesondere sind bei der Nutzung auch die Fernzüge der Deutschen Bahn enthalten. Derzeit belaufen sich die Kosten für die Bahncard 100 in der 2. Klasse auf 3.952 Euro.

  

Während Tickets, die lediglich zur Nutzung des Personennahverkehrs berechtigen, regelmäßig auch für die private Nutzung steuerfrei sind, muss bei der Bahncard 100 – die auch zur Nutzung des Personenfernverkehrs berechtigt – noch einmal differenziert werden. Darf der Arbeitnehmer die Bahncard 100 auch privat nutzen, kann das steuerfrei erfolgen, wenn die Kosten der Bahncard 100 durch die eingesparten Kosten im Rahmen der Diensttätigkeit wieder hereingeholt werden. Der Arbeitgeber kann bereits bei Ausgabe der Bahncard 100 bzw. am Anfang des Kalenderjahres im Rahmen einer Prognoseberechnung prüfen, ob die Bahncard 100 steuerfrei dem Arbeitnehmer zur privaten Mitnutzung überlassen werden kann.
 

Dabei wird zwischen Fahrten bei Auswärtstätigkeiten (Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 16 EStG), eine Familienheimfahrt pro Woche bei doppelter Haushaltsführung (Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 16 EStG) und Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 15 EStG) für die die Bahncard 100 eingesetzt wird, unterschieden.
 

Zudem muss für die Anwendung der Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 15 EStG die Bahncard 100 dem Arbeitnehmer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn überlassen worden sein.
 

Prognostizierte Vollamortisation

Auswärtstätigkeiten und Familienheimfahrten

Ergibt die Prognose, dass die durch die Bahncard 100 ersparten Kosten für Einzelfahrscheine für Fahrten im Rahmen von Auswärtstätigkeiten und eine Familienheimfahrt pro Woche im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, die Kosten der Bahncard 100 erreichen oder sogar übersteigen, stellt die Überlassung der Bahncard 100 keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.
 

Eine weitere private Nutzung der Bahncard 100 über die oben genannten Fahrten hinaus ist dann steuerlich unbeachtlich. 
 

Beispiel
Der Arbeitgeber überlässt seinem Arbeitnehmer eine Bahncard 100 im Wert von 3.952 Euro. Außerdem plant der Arbeitgeber für seinen Arbeitnehmer Dienstreisen, deren Einzelfahrscheine er mit Kosten von 4.500 Euro prognostiziert. Nachdem die Prognose der Kosten für die Einzelfahrscheine über den Kosten der Bahncard 100 liegt, kann die Überlassung der Bahncard 100 auch zur privaten Nutzung steuerfrei erfolgen.

 

 

Auswärtstätigkeiten, Familienheimfahrten und Fahrten Wohnung – erste Tätigkeitsstätte

Erreichen die eingesparten Kosten der Einzelfahrscheine für Fahrten im Rahmen von Auswärtstätigkeiten und einer Familienheimfahrt pro Woche noch nicht die Kosten der Bahncard 100, so kann man nun seit dem 1. Januar 2019 auch die Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit einbeziehen.
 

Zu den eingesparten Kosten für Fahrten von Auswärtstätigkeiten und einer Familienheimfahrt pro Woche im Rahmen einer etwaigen doppelten Haushaltsführung sind die eingesparten Kosten, d.h. der reguläre Verkaufspreis für eine Fahrberechtigung, für die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte für den entsprechenden Gültigkeitszeitraum zu addieren. Erreichen oder übersteigen diese Kosten, die Kosten der Bahncard 100, so ist die Bahncard 100 ebenfalls insgesamt steuerfrei. Der Arbeitnehmer kann mit Einverständnis des Arbeitgebers die Bahncard unbeschränkt privat nutzen.
 

Der Anteil, der auf die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte entfällt, ist allerdings in diesem Fall bei der Entfernungspauschale des Arbeitnehmers abzuziehen. Diese Kosten sind nachrangig gegenüber den Kosten der Auswärtstätigkeiten und der Familienheimfahrt. D.h. es wird nur der Teil der eingesparten Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte auf die Werbungskosten angerechnet, der zur Amortisation der Kosten der Bahncard 100 benötigt wird.
 

Beispiel
Der Arbeitgeber überlässt seinem Arbeitnehmer eine Bahncard 100 im Wert von 3.952 Euro. Außerdem plant der Arbeitgeber für seinen Arbeitnehmer Dienstreisen, deren Einzelfahrscheine er mit Kosten von 3.000 Euro prognostiziert. Der reguläre Verkaufspreis der Jahreskarte für die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers beträgt 1.500 Euro. Die ersparten Kosten übersteigen somit in Summe die Kosten der Bahncard 100.
 
Der Betrag von 3000 Euro ist steuerfreier Reisekostenersatz und der Restbetrag von 952 Euro entfällt auf Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Der Betrag von 952 Euro ist damit ebenfalls steuerfrei, muss aber von der Entfernungspauschale des Arbeitnehmers abgezogen werden.
 
Steigt aufgrund von unvorhersehbaren Gründen der Anteil des steuerfreien Reisekostenersatzes, so ist trotzdem der höhere Betrag aus der Prognoseberechnung von der Entfernungspauschale abzuziehen. Bei nicht vorhersehbaren Gründen sind Änderungen zur Prognoseberechnung nicht zu berücksichtigen. Etwas anderes gilt nur, wenn die der Prognose zugrunde liegenden Annahmen sich grundlegend ändern.

 
  

Prognostizierte Teilamortisation

Auswärtstätigkeiten, Familienheimfahrten und Fahrten Wohnung – erste Tätigkeitsstätte

Erreichen die eingesparten Kosten für Auswärtstätigkeiten, Familienheimfahrten und Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nicht die Kosten der Bahncard 100, so stellt die Überlassung der Bahncard 100 grundsätzlich erstmal in voller Höhe steuerpflichtigen Arbeitslohn für den Arbeitnehmer dar. Der Anteil, der auf die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte entfällt, kann allerdings bereits im Vorfeld als steuerfrei gem. § 3 Nr. 15 EStG behandelt werden. Der verbleibende Betrag unterliegt dem Lohnsteuerabzug.

 

Danach kann monatsweise oder am Ende des Gültigkeitszeitraumes der Bahncard 100 eine Korrektur um die ersparten Kosten der Einzelfahrscheine für Auswärtstätigkeiten und Familienheimfahrten erfolgen.

 

Beispiel
Der Arbeitgeber überlässt seinem Arbeitnehmer eine Bahncard 100 im Wert von 3.952 Euro. Zudem plant der Arbeitgeber für seinen Arbeitnehmer Dienstreisen, deren Einzelfahrscheine er mit Kosten von 2.000 Euro prognostiziert. Der reguläre Verkaufspreis der Jahreskarte für die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers beträgt 1.500 Euro. Die ersparten Kostenerreichen somit in Summe nicht die Kosten der Bahncard 100.
 
Tatsächlich ergeben sich eingesparte Kosten für Dienstreisen in Höhe von 3.000 Euro. Die Überlassung der Bahncard 100 ist somit zunächst steuerfrei in Höhe von 1.500 Euro (Fahrten Wohnung – erste Tätigkeitsstätte) und der Restbetrag von 2.452 Euro stellt steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Die ersparten Kosten für Einzelfahrscheine im Rahmen von Dienstreisen können dann monatlich den steuerpflichtigen Arbeitslohn mindern. Das heißt es ergeben sich neben den bereits steuerfrei belassenen Arbeitgeberleistungen für Fahrten Wohnung – erste Tätigkeitsstätte in Höhe von 1.500 Euro daneben noch steuerfreie Reisekostenerstattungen in Höhe von 2.452 Euro. Die Bahncard 100 hat sich somit in voller Höhe amortisiert und ist steuerfrei. Allerdings muss die Steuerbefreiung von 1.500 Euro bei der Entfernungspauschale des Arbeitnehmers abgezogen werden.

       
 

Abweichungen von der Prognose

Kann die Prognose auf Grund von unvorhergesehen Ereignissen (z.B. Krankheit oder Verschiebung von Dienstreisen) nicht eingehalten werden, so muss keine Nachversteuerung vorgenommen werden.

Ändern sich allerdings die der Prognose zu Grunde liegenden Annahmen (z.B. Wechsel vom Außendienst in den Innendienst), so hat eine Korrektur mit ggf. Nachversteuer zu erfolgen.

 

Verzicht auf die Prognose

Wird vom Arbeitgeber keine Amortisationsprognose aufgestellt, so stellt die Bahncard 100 zunächst in voller Höhe steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.
 

Die ersparten Kosten der Einzelfahrscheine für Fahrten von Auswärtstätigkeiten, einer Familienheimfahrt pro Woche im Rahmen einer etwaigen doppelten Haushaltsführung und Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sind am Ende des Kalenderjahres als Korrekturbetrag beim steuerpflichtigen Arbeitslohn mindernd zu berücksichtigen. Bei einer Gültigkeitsdauer über das Jahresende hinaus oder einer mehrjährigen Gültigkeitsdauer, ist der Korrekturbetrag zum Ende des Kalenderjahres und zum Ende des Gültigkeitszeitraumes zu berechnen. Dabei wird die Steuerbefreiung für Fahrten Wohnung – erste Tätigkeitsstätte nachrangig gegenüber den anderen Steuerbefreiungen behandelt. Die Korrektur erfolgt maximal bis zur Höhe des steuerpflichtigen Arbeitslohn aufgrund der Bahncard 100.

 

Beispiel
Der Arbeitgeber überlässt seinem Arbeitnehmer eine Bahncard 100 mit Gültigkeitszeitraum vom 1. April 2020 bis 31. März 2021 im Wert von 3.952 Euro. Eine Prognoseberechnung führt der Arbeitgeber nicht durch.
 
Zum Ende des Kalenderjahres 2020 ergeben sich für den Zeitraum 1. April 2020 bis 31. Dezember 2020 eingesparte Kosten für Dienstreisen in Höhe von 400 Euro. Der reguläre Preis der Jahreskarte für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte beträgt anteilig 750 Euro (3/4 von 1.000 Euro). Für den Zeitraum 1. Januar 2021 bis 31. März 2021 ergeben sich eingesparte Kosten für Dienstreisen in Höhe von 100 Euround des anteiligen Preises der Jahreskarte in Höhe von 250 Euro (1/4 von 1.000 Euro). Für alle Fahrten kann die Bahncard 100 genutzt werden.
 
Da keine Prognoseberechnung durchgeführt wurde, liegt bei Überlassung der Bahncard 100 an den Arbeitnehmer im Jahr 2020 steuerpflichtiger Arbeitslohn in Höhe von 3.952 Euro vor. Am Ende des Jahres 2020 kann der Arbeitgeber die eingesparten Kosten der steuerfreien Leistungen für Dienstreisen in Höhe von 400 Euro und für Fahrten Wohnung - erste Tätigkeitsstätte in Höhe von 750 Euro als Korrekturbetrag den steuerpflichtigen Arbeitslohn mindernd berücksichtigen. Der Arbeitnehmer muss den Betrag der Steuerbefreiung für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte bei seiner Entfernungspauschale abziehen.
 
Am Ende des Gültigkeitszeitraumes im Jahr 2021, d.h. nach Ablauf des 31. März 2021, können erneut Korrekturbeiträge in Höhe von 100 Euro für Dienstreisen und in Höhe von 250 Euro für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte angesetzt werden. 
 
Die Summe der Korrekturbeiträge (400 + 750 + 100 + 250 Euro = 1.500 Euro) übersteigt nicht den steuerpflichtigen Arbeitslohn aufgrund der Bahncard 100 von 3.952 Euro.

 

 

Bahncard 25 oder 50

Auch bei einer Bahncard 25 oder 50 sind die Regelungen entsprechend zu berücksichtigen.
 

Beispiel
Der Arbeitgeber überlässt seinem Arbeitnehmer, auch zur privaten Benutzung, eine Bahncard 50 im Wert von 255 Euro. Weiterhin plant der Arbeitgeber für seinen Arbeitnehmer Dienstreisen, deren Einzelfahrscheine er mit Kosten von 600 Europrognostiziert. Nachdem die ersparten Kosten für die Einzelfahrscheine (50 Prozent von 600 Euro = 300 Euro) über den Kosten der Bahncard 50 liegen, kann die Überlassung der Bahncard 50 auch für die privaten Fahrten steuerfrei erfolgen.


 

Pauschalierung der Lohnsteuer

Seit Kurzem kann, anstatt dass die Steuerbefreiung für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gem. § 3 Nr. 15 EStG in Anspruch genommen wird, der Arbeitgeber diese Leistungen an seinen Arbeitnehmer auch pauschal mit 25 Prozent besteuern. Das ist, im Gegensatz zur Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 15 EStG, auch möglich, wenn die Bezüge dem Arbeitnehmer nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.
 

In diesem Fall unterbleibt eine Minderung des Werbungskostenabzugs beim Arbeitnehmer.
 

Fazit

Die Überlassung einer Bahncard zur Nutzung auch für private Fahrten der Mitarbeiter ist eine gute Möglichkeit um Mitarbeitern ohne zusätzliche Kosten etwas Gutes zu tun. Es empfiehlt sich meist bereits im Vorfeld zu klären, ob eine steuerfreie Überlassung in Frage kommt.
 

Der Arbeitnehmer muss steuerfreie Leistungen gem. § 3 Nr. 15 EStG allerdings bei seiner Entfernungspauschale berücksichtigen. Der Arbeitgeber hat die steuerfreien Leistungen in Zeile 17 der Lohnsteuerbescheinigung auszuweisen.      

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