BIM, Blockchain und Co – welche Perspektiven bietet die digitale Transformation für die Wahrnehmung der Betreiberverantwortung?

PrintMailRate-it

​veröffentlicht am 01. August 2018

Digitalisierung im Facility Management ist mehr als ein Sensor im Seifenspender. Digitalisierung im FM hat das Potenzial, die Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer substanziell zu verändern. Insbesondere die Kombination der Blockchain-Technologie mit Lösungen zur Dokumentenextraktion bietet dabei interessante Möglichkeiten. Wenn sich dann auch noch BIM durchsetzt, steht einer effektiven und effizienten Wahrnehmung der Betreiberverantwortung endgültig nichts mehr im Weg. Die Technologien sind einsatzbereit. Das Problem ist nur, dass aktuell bei diesem Thema jeder eine Meinung, aber kaum jemand wirklich Projekterfahrung hat. Deshalb muss die  Parole heißen: einfach machen!

 

Digitalisierung im FM ist mehr als BIM und Sensor-Technologie

Kaum eine Veröffentlichung oder ein Seminar kommen aktuell ohne den Begriff der Digitalisierung, PropTech oder andere zunächst weitgehend inhaltsleere Begriffe aus und ziehen damit nach wie vor viel Aufmerksamkeit. Wie bei allen neuen Großtrends ist dabei festzustellen, dass zwar alle die gleichen Begriffe verwenden, aber noch lange nicht das Gleiche meinen. Wir kennen das bei den Themen Betreiberverantwortung und BIM nur zu gut. „Digitalisierung im FM” macht hier keine Ausnahme. Die meisten meinen damit derzeit noch den smarten Seifenspender, der einer App meldet, wenn er nachgefüllt werden möchte oder den smarten Besprechungsraum, der mit Bewegungssensoren ausgestattet ist und so seine Belegung meldet. Schnickschnack aus der Trickkiste des Internet of Things (IoT – die Kommunikation zwischen realen Objekten und dem Internet). Ganz nett, aber vermutlich nicht wirklich entscheidend.

 

Substanzielle Veränderungen wird das IoT eher im Bereich der vorausschauenden Instandhaltung von Maschinen bieten. Hier sind zahlreiche Hersteller (z.B. bei Aufzügen) bereits sehr fortgeschritten und spätestens mit den routinemäßigen Ersatzinvestitionen werden sich solche Lösungen auch immer weiter verbreiten.

 

Andere assoziieren mit dem Begriff die BIM-Methode, über deren Vorteile auch für das Facility Management derzeit viel diskutiert wird. Die Vorteile der Methode sind unbestritten, aber die Standardisierung und Nutzung in der Praxis geht langsamer voran als erhofft.

 

Sensortechnik und BIM kristallisieren sich aktuell als Schwerpunkt der Digitalisierungsdiskussion im FM heraus. Sie setzen aber umfangreiche Investitionen bzw. die Koordination vieler Beteiligter voraus und werden daher noch einige Zeit benötigen, bevor sie als Branchenstandard gelten dürfen. Andere Technologien wie Blockchain oder intelligente Datenräume könnten hier schneller Erfolge zeigen und einen wichtigen Schritt bei der Wahrnehmung der Betreiberverantwortung bedeuten.

 

Veränderung setzt die Kenntnis der Möglichkeiten voraus – und das Ausprobieren

Grundsätzlich können Entscheider nur dann eine Veränderung einleiten, wenn sie die Möglichkeiten kennen, die sich bieten. Es ist deshalb auch für die FM-Branche, wie für alle anderen Branchen auch, unbedingt nötig, sich mit den verfügbaren Möglichkeiten der Digitalisierung zu befassen und darauf aufbauend zu überlegen, welchen konkreten Nutzen sie für den Immobilienbetrieb im Allgemeinen und die Wahrnehmung der Betreiberverantwortung im Besonderen stiften können. Das ist nicht immer einfach, weil Anbieter entsprechender Lösungen in ihren Werbebotschaften meist den Wunsch  oder die Vision zur Richtschnur ihrer Kommunikation machen und nicht unbedingt die realen Leistungen einer Lösung. Die Praxis bleibt dann häufig (noch) hinter den Erwartungen zurück. Das sollte aber nicht abschrecken. Abwarten ist in diesen Fällen sicher die falsche Strategie. Vielmehr sollte man sich ergebnisoffen mit den sich bietenden Möglichkeiten befassen und durch das Ausprobieren, im IT-Jargon einem Proof of Concept, eine realistische Wahrnehmung für das entwickeln, was aktuell bzw. in naher Zukunft umsetzbar ist. Das ist in der Regel mehr als sich der ein oder andere aktuell vorstellen mag.

 

Aus der Vielzahl der Optionen erscheinen derzeit die Distributed Ledger Technologien (DLT), besser bekannt in ihrer Spielart „Blockchain” und die Dokumentextraktion, kombiniert mit Verfahren des maschinellen Lernens (oft auch als Künstliche Intelligenz, KI, bezeichnet). Diese  Technologien bieten die Chance, die Wahrnehmung der Betreiberverantwortung entscheidend voranzubringen. Die Blockchain-Technologie hat zuletzt eine gewisse Bekanntheit durch die sog. Kryptowährungen erhalten. Häufig wird dabei übersehen, dass der Einsatz von Blockchain keineswegs auf den Finanzbereich beschränkt ist. Vielmehr bietet diese Technologie durch ihre möglichen Wertbeiträge wie etwa „automatisiertes Vertrauen”, die genaue (zeitliche) Nachverfolgbarkeit von Transaktionen aller Art oder hohe Fälschungsresistenz in nahezu jedem Wirtschaftsbereich, eine Vielzahl hochinteressanter Einsatzmöglichkeiten. Viele Experten sprechen deshalb von der Blockchain-Technologie als einer der bedeutendsten Innovationen seit der Erfindung des Internets.

 

Die Kombination aus Blockchain und maschinellem Lernen ist sehr vielversprechend

Im FM entsteht täglich eine Vielzahl von Informationen, die in den meisten Organisationen nicht strukturiert bzw. nicht strukturiert auswertbar vorliegen. Daraus resultiert häufig ein gewisser „Blindflug” der Auftraggeber. Ob das in den Dienstleister gesetzte Vertrauen gerechtfertigt ist oder ob  dieser – aus welchen Gründen auch immer – der Devise der Vertragsoptimierung durch Weglassen folgt, ist vielfach kaum nachvollziehbar. Das gilt umso mehr, wenn es in streitigen Auseinandersetzungen nicht nur auf die erbrachte Leistung ankommt, sondern auch auf den Zeitpunkt der erbrachten Leistung.

 

Über eine Blockchain-Anwendung können im Grundsatz beliebige Informationen gespeichert bzw. eindeutig nachvollziehbar gemacht werden. Das Besondere dabei ist, dass derartige Dokumentationen in einer Blockchain im Nachhinein entweder gar nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand änderbar sind. Die Blockchain ist vereinfacht gesagt ein auf viele miteinander kommunizierende Rechner verteiltes Notizbuch, in das alle oder nur bestimmte Beteiligte Informationen eintragen können und das sich unmittelbar synchronisiert. Alle Eintragungen („Blöcke”) in eine Blockchain werden mit einem Zeitstempel und einem sog. Hashwert versehen. Aus der Aneinanderreihung solcher Blöcke entsteht mit der Zeit eine Kette („Blockchain”). Die Hashwerte wiederum werden nach speziellen Verfahren generiert, die für besondere Sicherheit des Systems sorgen und können etwa mit einem Dokument (Wartungsprotokoll) verknüpft werden. Dadurch kann beispielsweise auch die Erstellung eines Protokolls eindeutig über eine Blockchain-Anwendung dokumentiert und fälschungssicher ausgestaltet werden, auch wenn das Protokoll z.B. als pdf-Datei in einem strukturierten Datenraum abgelegt wird.

 

Der Mehrwert der Blockchain entsteht unter anderem durch das gleichzeitige Speichern einer Information auf mehreren miteinander verbundenen Rechnern. Es liegt also kein zentraler Eintrag auf nur einem Rechner vor, d.h. es gibt folglich auch keinen zentralen „Angriffspunkt” für negative Einwirkungen („no single point of failure”). Bei der Fortschreibung eines „Blocks”, d.h. wenn ein neuer Block an die Kette aus vorhergehenden Blocks angehängt werden soll,  kann dann sozusagen über den auf die beteiligten Rechner verteilten letzten Stand des Eintrags eine Überprüfung auf Richtigkeit durchgeführt werden. Ist das nicht der Fall, etwa weil der Eintrag auf einem Rechner manipuliert wurde, wird dies unmittelbar für alle Beteiligten erkennbar. Für die Manipulation einer Blockchain würde es daher prinzipiell nicht ausreichen, nur einen Rechner des Netzwerks zu manipulieren, vielmehr müsste ein Angreifer viele Systeme angehen, was entweder aus seiner Sicht unwirtschaftlich (hoher Rechenaufwand) oder technisch nicht umsetzbar sein kann. Dieses Funktionsprinzip gilt derzeit als außerordentlich sicher. Die aktuell bekannteste Blockchain, die Bitcoin-Blockchain, konnte zahlreichen Versuchen leistungsfähiger Hacker bislang standhalten.

 

Ein einfaches – natürlich stark vereinfachtes – Beispiel zum Verständnis eines verteilten Systems zum Abschluss: Indem Sie bei einer wichtigen E-Mail viele „Zeugen” ins cc setzen, können Sie gut im Nachhinein den Nachweis über eine Kommunikation mit einem bestimmten Inhalt erbringen – die „Netzwerkteilnehmer” sind dann alle auf demselben Stand.

 

Wenn sich nun zwei Vertragsparteien darauf verständigen, die Dokumentation des Auftrags mit  einer Blockchain-Anwendung abzusichern, kann so unabhängig von der tatsächlichen Kon-trolle durch den Auftraggeber keine Diskussion mehr über das rechtzeitige Vorliegen eines Wartungsprotokolls, über den Aussteller oder  Inhalte entstehen. Die eingesetzte Blockchain kann für jeden Beteiligten, also auch den Subunternehmer eines FM-Dienstleisters nutzbar gemacht werden, sodass die Dokumentation vollkommen unabhängig von der beteiligten Organisation erfolgt. Gerade bei der Frage, wie Verursachungsbeiträge bei einem Schaden verteilt sind, können solche Informationen entscheidend sein.  Die Blockchain ist somit ein organisationsübergreifend nutzbares Mittel, um nachhaltiges Vertrauen in die erbrachten Leistungen herzustellen.

 

Mit der Blockchain-Technologie kann somit auch im FM Vertrauen über Organisationsgrenzen hinweg sichergestellt werden. Parallel dazu entwickeln sich aktuell die Datenraumanbieter unter Nutzung von lernender Extraktionssoftware weiter. Dabei wird ein Datenraum orientiert an den Bedürfnissen eines Auftraggebers vorstrukturiert. Sämtliche bei der Erfüllung des FM-Vertrages entstehenden Dokumente werden dann von einer Extraktionssoftware „ausgelesen”. Die so identifizierten Merkmale eines Dokuments führen zu einer automatischen Zuweisung in den richtigen „Koffer” der Datenraumstruktur. Handelt es sich also z.B. um ein Wartungsprotokoll eines Aufzuges, weist die Software das Dokument dem Ordner Aufzüge/Wartungsprotokolle zu. Selbstverständlich ist diese Struktur beliebig verfeinerbar und kann bis auf Anlagenebene heruntergebrochen werden. Die Komponente des maschinellen Lernens in solchen Lösungen führt dazu, dass die Software bei Zweifeln über die richtige Zuordnung eine Meldung absetzt und ein fachkundiger Nutzer auf diese Weise das System „trainiert”. Die Treffergenauigkeit der Zuweisungen steigt damit sukzessive. Durch die Analyse der eingestellten Dokumente und die Zuweisung zu der vordefinierten Struktur bieten solche Lösungen auch die Möglichkeit einer sehr effizienten Auswertung. In sog. Dash-Boards kann dann z.B. aufbereitet werden, für wie viele Aufzüge in einem Objekt welche Wartungsprotokolle vorhanden sind.

 

Ein erster Workshop kann bereits einiges bewirken

Selbstverständlich können die Optionen dieser Technologien im Rahmen einer solchen Veröffentlichung nur sehr oberflächlich skizziert werden. Und auch hier gilt, dass der Beweis, dass solche Optionen in der Praxis tatsächlich reibungsfrei funktionieren, noch aussteht. Sicher ist aber auch, dass es bereits erste Akteure im Markt gibt, die im Rahmen von Workshops und Pilotprojekten testen, was für ihre jeweilige Situation möglich ist. Im Erfolgsfall werden solche Tests die Zusammenarbeit von Auftraggebern und Auftragnehmern im FM substanziell verändern.

Sprechen Sie uns an, wenn Sie die Optionen in diesem Bereich auf Ihren Bedarf zugeschnitten kennenlernen wollen. Profitieren Sie von unserer Aufgeschlossenheit für Veränderungen und unserer Innovationskraft im Facility Management.


 

 

 

 

 

 

 Aus dem Newsletter

Kontakt

Contact Person Picture

Jörg Schielein

Rechtsanwalt

Partner

+49 911 9193 3554

Anfrage senden

Profil

Deutschland Weltweit Search Menu