BGH: Zur ordnungsgemäßen Anlageberatung hinsichtlich der Fungibilität der Anteile bei geschlossenen Immobilienfonds

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​Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Anschluss an sein Urteil vom 11.Dezember 2014 (Az. III ZR 365/13) (siehe unseren Fonds-Brief direkt 5. Februar 2015 sowie unseren Fonds-Brief direkt 15. Januar 2014) in drei Urteilen vom 17. September 2015 (Az. III ZR 385/14, III ZR 392/14 sowie III ZR 393/14) die Kriterien für eine ordnungsgemäße Aufklärung des Anlegers im Zusammenhang mit der Zeichnung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds, insbesondere im Hinblick auf die eingeschränkte Fungibilität der Anteile, präzisiert. 

Im seinem Urteil vom 11. Dezember 2014 hatte der BGH im Hinblick auf die erforderliche Aufklärung über die eingeschränkte Fungibilität eines geschlossenen Immobilienfonds bereits ausgeführt, dass es ausreichend ist, wenn im Prospekt darauf hingewiesen wird, dass die Veräußerung der Beteiligung mangels eines institutionalisierten Zweitmarkts praktischen Schwierigkeiten begegnen kann und die Beteiligungen langfristig ausgerichtet sein sollten.  

In den Urteilen vom 17. September 2015 wurde vom jeweiligen Kläger, Anleger eines geschlossenen Immobilienfonds, geltend gemacht, der Prospekt sei fehlerhaft, da ihm der Umstand, dass die Fungibilität geschlossener Fondsbeteiligungen erheblich eingeschränkt sei, nicht entnommen werden könne. In der Gesamtschau der Prospektaussagen sei suggeriert worden, dass ein Wiederverkauf der Beteiligung ohne Probleme möglich sei, sodass der Anleger auch eine hochinteressante Rendite erzielen könne. Durch den Hinweis im Prospekt „zur Zeit" werde der Eindruck erweckt, dass es lediglich derzeit keinen Zweitmarkt gäbe, generell aber ein Zweitmarkt für entsprechende Beteiligungen vorhanden sei. Der Berater habe nicht darauf hingewiesen, dass es keinen Zweitmarkt gebe und, falls ein Verkauf überhaupt möglich sei, mit hohen Verlusten zu rechnen sei. Der BGH ist dem auf diesem Vortrag basierenden Schadenersatzbegehren wegen fehlerhafter Anlageberatung der Kläger nicht gefolgt. 

Nach Ansicht des BGH wurden die Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag nicht verletzt. Der Hinweis in dem Prospekt für einen geschlossenen Immobilienfonds, dass ein Markt für die Veräußerung des Gesellschaftsanteils des Anlegers „zur Zeit" nicht vorhanden ist, verharmlost nach Auffassung des BGH nicht, dass angesichts eines fehlenden Markts mit praktischen Schwierigkeiten bei der Veräußerung der Fondsanteile zu rechnen ist. Er erweckt nicht den Eindruck, dass grundsätzlich eine Veräußerung des Anteils möglich ist und lediglich für einen absehbaren und vorübergehenden Zeitraum derartige Möglichkeiten nicht bestehen. Ein solcher Hinweis legt auch nicht die Annahme nahe, dass in naher Zukunft mit der Entstehung eines Zweitmarkts zu rechnen ist, der nicht mit den praktischen Schwierigkeiten der Veräußerbarkeit des Fondsanteils behaftet ist. Die Formulierung „zur Zeit" lässt vielmehr offen, ob und wann mit dem Entstehen eines solchen Markts gerechnet werden kann. Für einen verständigen Anleger wird dadurch klargestellt, dass eine Verwertung im Wege der Veräußerung praktischen Schwierigkeiten begegnen kann. 

Eine Verschleierung der eingeschränkten Fungibilität ergibt sich auch nicht aus dem Satz im streitgegenständlichen Prospekt, dass der Preis, den ein Dritter zu zahlen bereit ist, nicht zuletzt vom Zeitpunkt der Veräußerung und damit von den zu diesem Zeitpunkt herrschenden Kapitalmarktverhältnissen abhängt. Er verdeutlicht nach Auffassung des BGH das Risiko, dass der bei einem Verkauf zu erzielende Preis deutlichen Unwägbarkeiten ausgesetzt ist. Der Prospekthinweis, der Geschäftsanteil sei jederzeit veräußerlich, ist aus Sicht eines verständigen Anlegers nicht im Sinne einer wirtschaftlichen Veräußerbarkeit zu verstehen. Aus dem Gegensatz zwischen Veräußerbarkeit als solcher und den sodann dargestellten Schwierigkeiten muss ein verständiger Anleger – so der BGH – die Formulierung derart verstehen, dass sie sich lediglich auf rechtliche oder gesellschaftsvertragliche Hindernisse bezieht. 

Zur Begründung führt der BGH weiter aus, dass auch ein Prospekt nicht die hinreichende Aufklärung des Anlegers über die eingeschränkte Fungibilität beeinträchtigt, der darauf hinweist, dass die Möglichkeit bestehe, die Beteiligung gegebenenfalls zwar unter dem Nominalwert zu veräußern, aber dennoch eine hochinteressante Rendite zu erwirtschaften, weil der Anleger unter Umständen in der Investitionsphase einen Teil der Beteiligung aus ersparter Steuer finanziert habe. Die „hochinteressante Rendite" ergibt sich – so der BGH – nur aus einer Gesamtbetrachtung mit zuvor erzielten Steuervorteilen. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beteiligung nur weit unter dem Nominalwert veräußerlich sein kann. Die „hochinteressante Rendite" wird zudem vom Prospekt nur als möglich und nicht als sicher bzw. wahrscheinlich dargestellt. 

Die weitere Formulierung im Prospekt, die mit der Vermittlung des Eigenkapitals beauftragte Gesellschaft sei bereit, bei der Realisierung von Verkaufsabsichten mitzuwirken, enthält nach Auffassung des BGH inzident die Bestätigung dafür, dass es keinen allgemein zugänglichen geregelten Zweitmarkt gibt.

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Meike Farhan

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