Haftung beim Unternehmenskauf für wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche

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veröffentlicht am 7. Mai 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten

von Anna Vogl und Daniela Jochim

  

Im Rahmen des Übergangs eines Unternehmens, z.B. durch Veräußerung, Ver­schmelzung, Spaltung oder Tod des Unternehmers ist die Haftung des Erwerbers für Altverbindlichkeiten des Veräußerers stets einer der großen „Knackpunkte“.

Neben Kaufpreisschulden, Verbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen und Schadensersatzansprüchen, ist auch an wettbewerbsrechtliche Unterlassungs­ansprüche nach § 8 UWG zu denken. Bestehen auch sie gegen den Erwerber eines Unternehmens als Rechtsnachfolger des früheren Unternehmensinhabers?

  

  

Der gesetzliche Unterlassungsanspruch

Wer eine nach § 3 oder § 7 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung droht.

Im Rahmen eines Unternehmensübergangs stellt sich nun die Frage, ob mit der Übernahme des Vermögens von dem früheren Unternehmensinhaber auch die Wiederholungsgefahr hinsichtlich einer rechtswidrigen Handlung auf den neuen Inhaber übergeht. Das würde bedeuten, dass beim Übergang eines Unternehmens auch etwaige wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen den Veräußerers „übernommen“ werden.

Kein Übergang der Wiederholungsgefahr auf den neuen Unternehmensinhaber

Das OLG Frankfurt ist dieser Annahme, übereinstimmend mit dem BGH, in seiner Entscheidung vom 28. Januar 2021 entgegen getreten. Demnach entfällt die Wiederholungsgefahr, wenn das Vermögen des ursprünglichen Verletzers im Wege der Anwachsung von einer dritten Gesellschaft übernommen wird.

Grund dafür sei zum einen der höchstpersönliche Charakter des Unterlassungsanspruchs – gleiches Verhalten des Rechtsnachfolgers kann nicht per se vermutet werden. 

Zum anderen ist die Anspruchsvoraussetzung der Wiederholungsgefahr ein tatsächlicher Umstand der sich der Rechtsnachfolge entzieht, weshalb sie nicht einfach auf den neuen Unternehmensinhaber übergehen kann. 

Originäre Haftung des Erwerbers

Trotzdem ist der neue Unternehmensinhaber nicht ganz „aus dem Schneider“. In seiner Entscheidung vom 28. Januar 2021 hat das OLG Frankfurt nämlich auch klargestellt, dass den neuen Unternehmensinhaber aufgrund früherer Wettbewerbsverstöße von Mitarbeitern oder Beauftragten eine originäre Haftung treffen kann.

Das ist dann der Fall, wenn seitens eines Mitarbeiters eine Zuwiderhandlung droht und das dem Unternehmen gem. § 8 Abs. 2 UWG zugerechnet werden kann. 

Einer solchen Zurechnung liegt folgender Gedanke zugrunde: ein Unternehmensinhaber, dem die Wettbewerbshandlungen seiner Mitarbeiter zugutekommen, soll sich bei einer wettbewerbsrechtlichen Haftung nicht hinter ebendiesen Dritten verstecken können.

Das OLG Frankfurt folgt hier den vom BGH aufgestellten Grundsätzen und stellt fest, dass ein Unterlassungs­anspruch nicht alleine wegen des Unternehmensübergangs und der Fortführung des Betriebes, selbst mit identischem Personal, angenommen werden kann.

Das ergibt sich schon aus dem oben genannten Zweck der Zurechnung: dem neuen Unternehmensinhaber kamen die Wettbewerbshandlungen der Mitarbeiter nicht zugute – weshalb sollten ihm also deren Zuwiderhandlungen zugerechnet werden?

Voraussetzung einer Zurechnung sei also, dass nach dem Inhaberwechsel in der Person des betreffenden Mitarbeiters oder Beauftragten eine Erstbegehungsgefahr bestehe, welche sodann dem neuen Unternehmensinhaber zugerechnet werde.

Hierzu ist anzumerken, dass der Nachweis der Erstbegehungsgefahr für den Kläger oftmals eine besondere Schwierigkeit darstellen wird. Im Gegensatz zur Widerholungsgefahr, die auf Grund einer begangenen Verletzung bereits vermutet wird, muss der Kläger hier darlegen und beweisen, dass eine ernstlich drohende und unmittelbar bevorstehende Gefahr erstmaliger Begehung vorliegt – die bloße theoretische Gefahr der Begehung genügt nicht. 

Der Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten

Was der Erwerber im Fall des Unternehmensübergangs jedoch möglicherweise „miterwirbt“ ist die Ver­pflichtung, Erstattungsansprüche zu erfüllen, die sich aus einer vorausgegangenen Abmahnung gegen den Veräußerer ergeben. Denn der Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten (ursprünglich gegen den Veräußerer gerichtet) geht, mangels höchstpersönlichem Charakter, infolge der Anwachsung auf den neuen Unter­nehmensinhaber über.

Fazit

Der gesetzliche Unterlassungsanspruch nach § 8 UWG geht bei Unternehmensveräußerung, Verschmelzung, Spaltung oder Tod des Unternehmers unter, denn dabei entfällt die Wiederholungsgefahr. Ebenso kann die Rechtskraft eines erstrittenen Titels gegen den Rechtsvorgänger nicht auf den Rechtsnachfolger erstreckt (§ 325 ZPO) sowie der Titel nicht auf diesen umgeschrieben (§§ 727, 729 ZPO)  werden. Anderes gilt jedoch bei bloßem Formwechsel einer Gesellschaft gem. §§ 190 ff UmwG, da dieser nicht zum Wegfall der Wiederho-lungsgefahr führt. 

Besondere Vorsicht ist jedoch im Hinblick auf vertragliche Unterlassungsansprüche geboten, die sich z.B. aus unterzeichneten Unterlassungserklärungen ergeben. Diese bestehen in der Regel unabhängig vom Vorliegen einer Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr, weshalb sie regelmäßig auf den neuen Unternehmensinhaber übergehen.
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