Auswirkungen der Formunwirksamkeit des Kaufvertrags auf die miterteilte Auflassungsvollmacht

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​BGH, Urteil vom 27. Mai 2020, Az.: XII ZR 107/17

Im Zweifel schlägt die Formnichtigkeit eines Kaufvertrages auf die in ihm enthaltene Auflassungsvollmacht durch, so der BGH in einer aktuellen Entscheidung.


Im vorliegenden Fall bewohnten die Parteien, die in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebten, ein ursprünglich der Klägerin gehörendes Hausgrundstück. Diese unterbreitete dem Beklagten mit notarieller Urkunde vom 5. November 2012 ein Angebot zum Abschluss eines Übertragungsvertrags über den hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück. Darin hieß es: „Das Angebot ist unbefristet und unwiderruflich. (…) Zur Wirksamkeit der Annahme genügt deren Erklärung zum notariellen Protokoll. Die Klägerin bevollmächtigt hiermit den Beklagten unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB mit der Annahme des Angebots gleichzeitig die Auflassung in ihrem Namen zu erklären und alle zur vertragsgemäßen Durchführung des Vertrages erforderlichen Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen.” Zudem wurde, unabhängig von der Annahme des Angebots, zugunsten des Beklagten eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. Nachdem die Klägerin im Jahr 2015 die Beziehung zum Beklagten beendete, forderte sie ihn mehrfach erfolglos zum Auszug auf und erklärte sodann die Anfechtung der notariellen Vereinbarung vom 5. November 2012. Daraufhin erklärte der Beklagte am 7. Oktober 2015 vor einem Notar die Annahme des betreffenden Angebots sowie die Auflassung, aufgrund derer er am 5. Januar 2016 als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen wurde. Zwei Tage später stellte er einen Antrag auf Teilungsversteigerung des Grundstücks. Vor diesem Hintergrund beantragte die Klägerin, den Beklagten zur Rückübertragung des ideellen Miteigentumsanteils zu verurteilen und die Teilungsversteigerung für unzulässig zu erklären.


Entgegen der Vorinstanz gab der BGH nun der Klägerin recht. Seiner Ansicht nach habe die von ihm zu unterstellende Formnichtigkeit des Grundstückskaufvertrags wegen nichtbeurkundeter Nebenabreden im Zweifel auch die Unwirksamkeit der in diesem Vertrag dem Käufer erteilten Auflassungsvollmacht zur Folge. Dies sei nur dann anders, wenn die eine Partei die andere unwiderruflich zur Auflassung bevollmächtigt hat, um so die Vollziehung des Vertrags – und damit die Heilung des gesamten Vertrags – zu sichern. In letzterem Fall wäre die Auflassungsvollmacht nämlich als selbständig gewollt anzusehen. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall gewesen. Entsprechend dem Wortlaut der notariellen Vereinbarung vom 5. November 2012 beziehe sich die Unwiderruflichkeit lediglich auf das Angebot und nicht auch auf die Auflassungs-vollmacht. Auch ist vom Beklagten nicht geltend gemacht worden, dass die Parteien sich etwa einer Formnichtigkeit bewusst gewesen seien, was auch dafür hätte sprechen können, dass die Auflassungsvollmacht als selbstständig gewollt anzusehen ist. Im Ergebnis müsse somit die Formnichtigkeit des Grundstückskaufvertrags auch zur Unwirksamkeit der Auflassungsvollmacht und – mangels Genehmigung – in der Folge ebenso zur Unwirksamkeit der Auflassungserklärung des Beklagten führen.


Über die Heilung des Formmangels durch Auflassung und Grundbucheintragung zur Gültigkeit des Übertragungsangebots sowie der Auflassungsvollmacht zu gelangen, ist nach Ansicht des BGH widersprüchlich. Die Heilung setze eine wirksame Auflassung voraus und könne daher gar nicht eintreten, wenn die Auflassungsvollmacht nicht wirksam erteilt worden und die vom Bevollmächtigten erklärte Auflassung aufgrund fehlender Vertretungsmacht unwirksam ist. Insgesamt durfte der Miteigentumsanteil somit nicht auf den Beklagten übertragen werden, soweit – bisher offengelassen und nur unterstellt – der Übertragungsvertrag tatsächlich formunwirksam ist.

 

Fazit:

Die Formnichtigkeit eines Grundstückskaufvertrages schlägt somit grundsätzlich auf die darin enthaltene Auflassungsvollmacht durch, es sei denn diese wurde unwiderruflich und selbständig erteilt. Um Feststellungen hinsichtlich der nunmehr maßgeblichen Formnichtigkeit des Übertragungsvertrags zu treffen, hat der BGH die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Es bleibt abzuwarten, wie dieses entscheidet.

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