Mitarbeiterentsendung und Sozialversicherungsrecht

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veröffentlicht am 9. August 2017

 

Mit der dynamischen Entwicklung des indischen Marktes wachsen die Präsenzen deutscher Unter­nehmen vor Ort und deutsche Mitarbeiter werden auch häufiger nach Indien entsandt. Mit der Entsendung von Mitarbeitern ins Ausland ergeben sich im Bereich Sozialversicherung Pflichten für den Arbeitgeber und die Anforderung, die Fragen interessengerecht zu gestalten.
 

 

Das Sozialversicherungssystem in Indien

Die meisten indischen arbeitsrechtlichen Vorschriften gelten für den ausländischen Staatsangehörigen („Expat”), der als Angestellter oder in einer Entsendung zu einer indischen Gesellschaft stößt oder als Angestellter der Zweigniederlassung oder des Verbindungsbüros eines ausländischen Unternehmens in Indien tätig wird. Dort, wo der Angestellte eines indischen Unternehmens ins Ausland entsandt wird, kann die Beschäftigung mit dem indischen Unternehmen fortbestehen oder aber für den vorgesehenen Zeitraum ausgesetzt werden. Wenn das Beschäftigungsverhältnis mit dem indischen Unternehmen fortbesteht, müssen weiterhin alle gesetzlichen Leistungen (je nach Anwendbarkeit) vom Arbeitgeber getragen werden.

  

Die wichtigste indische Regelung für Expats in Indien (für den Fall der Anwendbarkeit der Rechtsvor­schriften auf das jeweilige Unternehmen) ist der Employees' Provident Funds and Miscellaneous Provisions Act, 1952 („PF Act”).

  

Vorsorgefonds „Provident Fund”

Der PF Act sieht die Einrichtung eines obligatorischen Vorsorgefonds, eines Pensionsfonds und eines depotgebundenen Versicherungsfonds zugunsten von Mitarbeitern in Fabriken sowie allen Handelsbetrieben und Wirtschaftsunternehmen mit mind. 20 Arbeitnehmern vor. Der PF Act enthält auch die Verpflichtung sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer, entsprechende Beiträge in die oben genannten Fonds zu leisten.

  

Alle Mitarbeiter, die am Tag ihrer Einstellung ein Gehalt von max. 15.000 Indischen Rupien beziehen, haben Anspruch auf die Leistungen aus dem PF Act. Allerdings erweitern die meisten Arbeitgeber die Vorteile des PF Acts freiwillig auch auf die Mitarbeiter, die mehr als 15.000 Indische Rupien pro Monat verdienen.

  

Darüber hinaus bestimmt das Employees' Provident Funds Scheme, 1952, dass alle „internationalen Arbeit­nehmer” verpflichtet sind, den Vorsorgefonds zu nutzen, wenn sie in einem Unternehmen beschäftigt sind, für das der PF Act Anwendung findet. Das gilt nur dann nicht, wenn der ausländische Arbeitnehmer und gleichzeitig Expat weiterhin als Staatsbürger oder Einwohner in das Sozialversicherungssystem seines Herkunftslandes integriert ist und Indien mit dem Land ein gegenseitiges Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat. Der Arbeitnehmer ist für die Dauer und unter den Konditionen, die in dem Abkommen vereinbart wurden, vom Geltungsbereich des PF Act freigestellt.

  

Ein „internationaler Arbeitnehmer” ist:
  • ein indischer Arbeitnehmer der in einem fremden Land gearbeitet hat oder arbeiten wird, mit dem Indien ein Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat und der entsprechend des Abkommens berechtigt ist, die Leistungen des Sozialversicherungssystems jenes Landes zu beziehen,
  • ein nicht-indischer Arbeitnehmer, der einen ausländischen Pass besitzt und der für ein Unternehmen in Indien tätig ist, für das der PF Act Anwendung findet.

   

Sozialversicherungsabkommen

Indien hat mit zahlreichen Ländern Social Security Agreements (SSAs) abgeschlossen, einige davon sind bereits in Kraft getreten. Demgemäß ist im Falle eines Expat stets zu prüfen, ob ein SSA wirksam  und somit für ihn maßgeblich und anwendbar ist.

  

Das Hauptziel der SSA ist es, die sozialen Sicherungsinteressen der Arbeitnehmer zu schützen, die ins Ausland entsandt werden. Da es sich bei den SSA um wechselseitige Vereinbarungen handelt, sucht sie eine doppelte Deckung zu vermeiden (d.h. die Deckung durch die Sozialversicherungssysteme beider Länder –Heimat- und Gastland – zugleich). Daher müssen internationale Arbeitnehmer eine Bestätigung über den Status Mitgliedschaft im Sozialversicherungssystem beibringen (Certificate of Coverage, „COC”, oder Detachment Certificate).

  

Ein COC wird von der Sozialversicherungsbehörde des Herkunftslandes gemäß dem einschlägigen Sozial­versicherungsabkommen ausgestellt. Sobald das COC eingereicht wurde, ist der Arbeitnehmer – wie bereits erwähnt – für den im COC angegebenen Zeitraum von Sozialversicherungsbeiträgen oder Sozialversicherungssteuern im Gastland für die Dauer der Auslandstätigkeit befreit.

 

Fazit: Aktuelle gesetzliche Klarstellung

Die Employees' Provident Fund Organization hat kürzlich konsolidierte Richtlinien für Vorsorgebeiträge für im Ausland befindliche Mitarbeiter herausgegeben. Gemäß den Richtlinien ist dort, wo Gehälter fällig und in der Buchhaltung indischer Unternehmen ausgewiesen werden, der indische Arbeitgeber verpflichtet, für berechtigte Mitarbeiter Beiträge in die Vorsorgefonds zu leisten. Die Verpflichtung entsteht unabhängig davon, ob ein Mitarbeiter in ein Land entsandt wurde, mit dem Indien ein SSA abgeschlossen hat oder nicht. Handelt es sich um ein Land ohne Sozialversicherungsabkommen mit Indien, können Sozialver­sicherungs­beiträge gemäß den Gesetzen des Landes zusätzlich zu dem Erfordernis der Bereitstellung von Vorsorgebeiträgen in Indien fällig werden. Allerdings sind die Arbeitgeber nicht verpflichtet Beiträge zu leisten, wenn der Arbeitnehmer vom PF Act befreit ist bzw. bei Aussetzung oder Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses.

Kontakt

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Martin Wörlein

Partner, Leiter Team Indien

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