Investmentsteuerreformgesetz – Ermittlungen und Auswirkungen der Vorabpauschale

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veröffentlicht am 1. Februar 2018

 

Mit dem Systemwechsel in der Besteuerung von Investmentfonds entfällt ab 2018 die Versteuerung von Thesaurierungen der Fonds. Da der Gesetzgeber nicht vollends auf die Besteuerung nicht ausgeschütteter Erträge der Fonds auf Seiten der Anleger verzichten wollte, wurde die sog. „Vorabpauschale” geschaffen.

  

Die Vorabpauschale ist eine Fiktion von nicht ausgeschütteten Erträgen der Investmentfonds, die durch das Investmentsteuerreformgesetz mit Wirkung zum 1. Januar 2018 eingeführt wurde. Sie wird sehr schematisch berechnet und kommt voraussichtlich bei solchen Investmentfonds zum Tragen, die wenige Ausschüttungen vornehmen oder nur thesaurieren.

 
Der Gesetzgeber möchte insbesondere vermögende Privatpersonen hindern, über Konstruktionen mit thesaurierenden Investmentfonds die Besteuerung von Erträgen in die ferne Zukunft zu verschieben.

  

Wie wird die Vorabpauschale berechnet?

Es bedarf nur weniger Werte, um die Vorabpauschale zu berechnen: Rücknahmepreis zum Anfang und Ende eines Kalenderjahres, Summe der Ausschüttungen im Kalenderjahr, sog. Basiszinssatz sowie ggf. die Freistellungsquote.

 
Der Ertrag wird geschätzt, indem der sog. Basiszinssatz der deutschen Bundesbank auf den Rücknahmepreis Anfang des Kalenderjahres abzüglich Ausschüttungen angewendet wird, gedeckelt auf die Wertentwicklung in diesem Kalenderjahr inklusive der Ausschüttungen.

  
Mit Schreiben vom 4. Januar 2018 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) die Höhe des Basiszinssatzes für die Berechnung der Vorabpauschale 2018 mit 0,87 Prozent bekanntgegeben.

 
Ein Beispiel soll die Berechnungsmethode verdeutlichen:

 

  • Rücknahmepreis (RNP) 1. Januar 2018  = 100 Euro
  • Rücknahmepreis (RNP) 31. Dezember 2018  = 100,50 Euro
  • Ausschüttung 01 = 0,40 Euro
  • Teilfreistellung 15 Prozent (Mischfonds, Aktienanteil mind. 25 Prozent)

 

​Berechnung​Beispiel
​RNP 1. Januar *70 % § 18 Abs. 4 InvStG
= vorläufiger Basisertrag
​100 Euro * 70 % *0,87% = 0,623 Euro
​Deckelung: Ausschüttzung + Wertsteigerung
= endgültiger Basisertrag
​0,623 Euro < 0,90 Euro (0,40 Euro + 0,50 Euro)
​Abzüglich Ausschüttung
= Vorabpauschale
​0,623 Euro - 0,40 Euro = 0,223 Euro
​Abzüglich Teilfreistellung
= steuerpflichtige Vorabpauschale
​0,223 Euro - 0,223 Euro * 15 % = 0,1895 Euro


Die so ermittelte Vorabpauschale fließt am ersten Werktag des Folgejahres zu. Somit ist erstmals die Vorabpauschale 2018 Anfang 2019 zu versteuern.

  

Hinweise und Empfehlungen

Der Anleger sollte sich darauf vorbereiten, dass Anfang eines jeden Kalenderjahres, erstmals ab 2019, die Vorabpauschalen zu einem steuerlich relevanten Kapitalertrag führen. Dieser schmilzt den Sparerpauschbetrag ab und kann zu einem Liquiditätsabfluss durch Einbehalt von Kapitalertragsteuer führen, wenn sich das Depot des Anlegers bei einer inländischen Bank befindet.

 

Durch die Berechnungsmodalitäten des neuen Investmentsteuergesetzes kann der Anleger bereits Anfang 2018 berechnen, mit welchem Höchstbetrag der Vorabpauschale (vorläufiger Basisertrag) er zu rechnen hat. So kann er sich um die Liquiditätsbeschaffung bis Anfang 2019 kümmern. Der Anleger kann aber auch dem Abzug von Kapitalertragsteuer bei seinem depotführenden Institut widersprechen. Das bedeutet jedoch, dass dieses Institut dann den Kapitalertrag aus der Vorabpauschale an das Finanzamt des Anlegers melden muss.

 

Sicherlich ist es überlegenswert, ganz bewusst in thesaurierende Investmentfonds zu investieren, wenn die Rendite des Fonds größer ist als 70 Prozent des Basiszinssatzes, also größer als aktuell 0,623 Prozent. Liegt die tatsächliche Rendite zum Beispiel bei 3 Prozent, so bleibt nach Abzug der Vorabpauschale ohne Ausschüttung oder Anteilsverkauf die verbleibende Wertsteigerung zunächst steuerfrei.

 

Doch die Kehrseite der Medaille des neuen Investmentsteuerrechts ist eine mögliche Substanzbesteuerung, wenn zwar jährlich Vorabpauschalen berechnet und versteuert werden, über die gesamte Haltedauer der Fondsanteile jedoch ein Verlust eintritt. Dann wurde fiktiv ein Ertrag ermittelt und versteuert, der gar nicht eingetreten ist. Zwar darf der Anleger die in den Vorjahren versteuerten Vorabpauschalen vom Gewinn abziehen bzw. die Verluste aus der Veräußerung erhöhen. Doch benötigt er für eine entsprechende Steuerwirkung dieser erhöhten Verluste wiederum anderweitige Kapitalerträge. Es bleibt abzuwarten, ob eine solche Fallvariante den Weg vor das Finanzgericht findet.    

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