Neues Mutterschutzgesetz 2017

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veröffentlicht am 3. Juli 2017
von Nadja Roß-Kirsch

 

  

Einleitung

Das bisherige Mutterschutzgesetz (MuSchG) stammt – von wenigen Anpassungen abgesehen – aus dem Jahr 1952 und der Gesetzgeber sah sich zu einer grundlegenden Reform veranlasst. Durch die elementare Modernisierung des Mutterschutzrechts soll ein zeitgemäßer Ausgleich zwischen Gesundheitsschutz für die (werdende) Mutter und ihr Kind sowie selbstbestimmter Teilhabe für Frauen am Arbeitsleben geschaffen werden. Das „Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechts”, dem der Bundesrat im Mai 2017 zugestimmt hat, enthält einige Änderungen, die wichtige Auswirkungen für Unternehmen haben:
 
Künftig wird es mehr Schutz bei Geburt behinderter Kinder oder im Fall einer Fehlgeburt geben, der erfasste Personenkreis wird ausgeweitet und Beschäftigungsverbote sollen durch Umgestaltung der Arbeitsplätze gemäß der neu zu erstellenden Gefährdungsbeurteilung vermieden werden. Außerdem soll es mehr Möglichkeiten geben, die Arbeitnehmerinnen flexibel zu beschäftigen.
 
Die Änderungen des MuSchG werden an den bisherigen Kernbereichen – konkret der Zuschusspflicht zum Mutterschaftsgeld in den Schutzfristen vor und nach der Geburt sowie der Entgeltfortzahlung während eines Beschäftigungsverbots – grundsätzlich nichts ändern.
 
Bei dem MuSchG handelt es sich um ein aushangpflichtiges Gesetz und es sollte darauf geachtet werden, die aktuelle Version im Betrieb bekannt zu geben.
 
Die wesentlichen Neuerungen werden überwiegend erst zum 1. Januar 2018 in Kraft treten, die Neuerungen zur verlängerten Schutzfrist nach der Geburt eines behinderten Kindes und dem Kündigungsschutz nach einer Fehlgeburt gelten bereits am Tag nach Verkündigung des Gesetzes (im Juni oder Juli 2017):
 

Mehr Schutz bei behinderten Kindern oder Fehlgeburten

Mütter von Kindern mit Behinderung werden künftig 4 Wochen länger und damit insgesamt 12 Wochen Mutterschutz nach der Geburt erhalten, um ihre Kinder zu betreuen, da die Geburt in vielen dieser Fälle für die Mutter mit besonderen körperlichen und psychischen Belastungen verbunden ist.
 

Außerdem wird ein Kündigungsschutz für Frauen nach einer nach der zwölften Schwangerschaftswoche erfolgten Fehlgeburt neu eingeführt.
 

Folgende weitere Regelungen werden ab 1. Januar 2018 bindend:

 

Ausweitung des geschützten Personenkreises

Ab 2018 gelten die neuen präventiven Maßnahmen des mutterschutzrechtlichen Arbeitsschutzes auch für folgende Personen:
  • Frauen in betrieblicher Berufsbildung und Praktikantinnen im Sinne von § 26 des Berufsbildungsgesetzes;
  • Frauen mit Behinderung, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt sind;
  • Frauen, die als Entwicklungshelferinnen tätig sind;
  • Frauen, die als Freiwillige nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz beschäftigt sind;
  • Frauen, die als Mitglieder einer geistlichen Genossenschaft, Diakonissen oder Angehörige einer ähnlichen Gemeinschaft auf einer Planstelle oder aufgrund eines Gestellungsvertrags für diese tätig werden, auch während der Zeit ihrer dortigen außerschulischen Ausbildung;
  • Frauen, die in Heimarbeit beschäftigt sind;
  • arbeitnehmerähnliche Selbstständige;
  • Schülerinnen und Studentinnen unter bestimmten Voraussetzungen, besonders soweit die Ausbildungsstelle Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildungsveranstaltung verpflichtend vorgibt.


Neue Arbeitgeberpflichten zum Arbeitsschutz für Mütter und weniger Beschäftigungsverbote als Ziel

Der Arbeitgeber wird ausdrücklich aufgefordert, Beschäftigungsverbote aus betrieblichen Gründen zu vermeiden.
 
Die in der bisherigen Mutterschutzarbeitsverordnung (MuSchArbV) geregelten Arbeitgeberpflichten zur Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsbedingungen werden künftig im MuSchG selbst zu finden sein. Außerdem wird ein Ausschuss für Mutterschutz eingerichtet. Er soll Empfehlungen und sicherheitstechnische, arbeitsmedizinische und arbeitshygienische Regeln aufstellen. Sie sollen bei der praxisgerechten Umsetzung der mutterschutzrechtlichen Regelungen helfen. In diesem Ausschuss sollen Mitglieder der Sozialpartner, der Ausbildungsstellen, von Studierendenvertretungen, Landesbehörden und Wissenschaftler vertreten sein.
 

Gefährdungsbeurteilung

Arbeitgeber sollen künftig für jeden einzelnen Arbeitsplatz prüfen, ob dort Gefahren für Schwangere oder Stillende auftreten. Das ist auch dann erforderlich, wenn der Arbeitsplatz aktuell und perspektivisch wohl ausschließlich von Männern besetzt wird. Zu den Prüfungen gehören jeweils entsprechende Dokumentations- und Informationspflichten.
 
Mit den neuen Pflichten zu den Gefährdungsbeurteilungen kann Mehrarbeit auf die Unternehmen zukommen. Zumindest kritisierten das die Arbeitgeberverbände bereits seit dem Bekanntwerden der Pläne.
 
Soweit Gefährdungen vorliegen, wird der Arbeitgeber künftig im ersten Schritt die Arbeitsbedingungen durch Schutzmaßnahmen umgestalten müssen. Ist das nicht oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand möglich, ist die schwangere Frau an einem anderen geeigneten und zumutbaren Arbeitsplatz einzusetzen. Erst nach Verneinung aller zwingend vorzunehmenden Maßnahmen greift dann das betriebliche Beschäftigungsverbot ein.
 

Beschäftigungsverbot bei vorgeschriebenem Zeittempo

Demgegenüber sieht das Reformgesetz neben der Beibehaltung des Verbots der Akkordarbeit auch ein Beschäftigungsverbot für Schwangere vor, die in einem vorgeschriebenen Zeittempo arbeiten – auch wenn das in deutlich langsamerem Tempo abläuft als bei der Akkordarbeit, was im Gesetzgebungsverfahren seitens der Wirtschaftsverbände kritisiert wurde.
 

Flexiblere Arbeitszeiten möglich

Außerdem sollen auch flexiblere Arbeitszeiten ermöglicht werden: Sonn- und Feiertagsarbeiten bleiben zwar weiterhin grundsätzlich verboten, jedoch sind ab 2018 auch branchenunabhängig Ausnahmen denkbar. Es wird zudem möglich sein, schwangere Frauen zwischen 20 und 22 Uhr zu beschäftigen. Für den genannten Arbeitszeitraum wird ein behördliches Genehmigungsverfahren eingeführt. Der Bundesrat hat demgegenüber allerdings Bedenken angemeldet und fordert insoweit eine Evaluation.
 
Selbst Mehrarbeit kann der Arbeitgeber anordnen, sofern die Arbeitnehmerin nicht mehr als 8 1/2 (bei minderjährigen Frauen 8) Stunden täglich oder 90 (bei minderjährigen Frauen 80) Stunden in einer Doppelwoche arbeitet. Voraussetzung dafür ist neben der Einwilligung der Betroffenen, die jederzeit widerrufen werden kann, eine Bestätigung des Arztes, dass von diesen Arbeitszeiten keine Gefahr für Mutter und Kind ausgeht.
 

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