Unternehmenskauf in Russland – Gestaltung von Aktien- bzw. Anteilskaufverträgen

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Anwendbares Recht

Nach dem erfolgreichen Abschluss einer Due Diligence bzw. parallel zur Prüfung wird ein Aktien- bzw. Anteilskaufvertrag ausgearbeitet, der insbesondere die Ergebnisse der Due Diligence berücksichtigen soll.
 
Auf Verträge mit Aktien oder Anteilen kann nach russischem bzw. internationalem Privatrecht grundsätzlich das von beiden Parteien gewählte Recht angewendet werden, – also nicht zwingend russisches Recht –vorausgesetzt, es besteht ein Auslandsbezug. Treffen die Parteien keine Rechtswahl, ist das Recht des Staates anzuwenden, mit dem das Rechtsverhältnis die engste Verbindung aufweist. Für Kaufverträge gilt als solches das Recht des Landes, in dem der Verkäufer seinen Sitz hat. Vereinbaren die Parteien ausländisches Recht, sind indes stets auch zwingende Vorschriften des russischen Rechts anzuwenden. Dies gilt vor allem hinsichtlich der Übertragung von Aktien nach russischem AG- und Wertpapierrecht, aber auch z.B. in Bezug auf Bestimmungen des Devisenrechts.
 
Da die Übertragung der Anteile an einer russischen GmbH derzeit jedoch durch russische Notare erfolgt, wird für die Anteilskaufverträge das den russischen Notaren bekannte russische Recht vereinbart.
 

Form und Inhalt des Kaufvertrages

Die Aktienkaufverträge sind in einfacher schriftlicher Form abzuschließen. Die Kaufverträge über russische GmbH-Anteile sind zwingend notariell zu beurkunden. Aktien- bzw. Anteilskaufverträge unterliegen nicht der staatlichen Registrierung, allerdings sind die Angaben über die Gesellschafter einer russischen GmbH in das russische „Einheitliche Staatliche Register Juristischer Personen” (EGRUL) einzutragen und werden mit der Eintragung konstitutiv. Der gesetzliche Mindestinhalt eines Anteils- bzw. Aktienkaufvertrages umfasst nur dessen Gegenstand. Fehlt dieser, wird der Vertrag als nicht zustande gekommen betrachtet. Es ist allerdings empfehlenswert, sich nicht nur mit diesen Vertragsbedingungen zu begnügen, sondern ausführlich die Rechte und Pflichten der Parteien, sowie Angaben zu Zahlungsabsicherung, Gewährleistungen usw. nach internationalem Standard zu regeln.
 

Devisenrecht

Bei Abschluss eines Kaufvertrages sind die maßgeblichen devisenrechtlichen Vorschriften zu beachten. Zahlungen zwischen in Russland Ansässigen (worunter russische Bürger mit ständigem Wohnsitz in Russland und nach russischem Recht errichtete juristische Personen zu verstehen sind) und Nichtansässigen (einschließlich natürlicher Personen, die nicht zu den Ansässigen gehören, und im Ausland gegründeter juristischer Personen mit Sitz außerhalb Russlands) können frei in Devisen getätigt werden.
 
Das Gleiche gilt für die Zahlungen zwischen Nichtansässigen. Die Zahlungen zwischen Ansässigen sind hingegen grundsätzlich in Rubel abzuwickeln. Sie können aber ihre Banken beauftragen, Rubel in jede beliebige Fremdwährung zu konvertieren. Für die Ein- und Ausfuhr von Bargeld, Reiseschecks und Wertpapieren gelten bestimmte zollrechtliche Einschränkungen.
 

Besicherung

Die Kaufpreiszahlung für Anteile bzw. Aktien kann durch verschiedene Instrumente abgesichert werden, z.B. durch die Auszahlung mittels eines Akkreditivs. Ein Akkreditiv sieht die Verpflichtung einer Bank vor, der im Akkreditiv genannten Person bei Vorlage der im Akkreditiv angegebenen Unterlagen eine bestimmte Geldsumme auszuzahlen. Üblicherweise wird die Akkreditivsumme bei Vorlage von Unterlagen, die die erfolgte Übertragung von Anteilen bzw. Aktien an den Käufer bestätigen, ausgezahlt.
 
Häufig werden dafür auch Escrow-Vereinbarungen verwendet. Nach der Escrow-Vereinbarung wird das Geld, das von einer Vertragspartei an die andere Vertragspartei zu übergeben ist, bei einer Bank unter der Bedingung hinterlegt, dass diese nach Eintritt eines Ereignisses (z.B. Eigentumsübergabe) den Betrag der Vertragspartei übergibt, für die dieses Geld hinterlegt wurde. Dadurch wird die Erfüllung der gegenseitigen Verpflichtungen des Käufers und des Verkäufers gesichert. Bisher waren solche Escrow-Vereinbarungen nur unter Beteiligung von ausländischen Banken möglich. Ab dem 1. Juli 2014 sind auch russische Banken berechtigt, Escrow-Konten zu eröffnen und zu führen.
 
Beim Kauf von Aktien an einer AG können neben Escrow- auch sogenannte „Delivery-vs.-Payment-Vereinbarungen” genutzt werden, wobei die Übergabe der Aktien und die Geldüberweisung im Rahmen einer Bank fast gleichzeitig erfolgt. Die beiderseitigen Risiken werden so erheblich gemindert. Möglich ist außerdem die Absicherung der Kaufpreiszahlung und der Übertragung von Aktien bzw. Anteilen durch ein Pfand, eine Bankgarantie oder eine Bürgschaft.
 

Gesellschaftsrecht

Beim Erwerb von Aktien bzw. Anteilen an einer russischen Gesellschaft ist auf folgende gesellschaftsrechtliche Bestimmungen zu achten:
 

Eigenkapital

Vor dem Erwerb von Aktien russischer AGs bzw. von Anteilen an russischen GmbHs ist das Eigenkapital der Zielgesellschaft zu prüfen. Ist das Eigenkapital des zweiten und jedes darauf folgenden Geschäftsjahres niedriger als das gesetzlich festgelegte Mindestsatzungskapital, ist die Gesellschaft zu liquidieren. Beschließen die Gesellschafter die Liquidierung nicht, kann die Steuerbehörde die Liquidierung beim zuständigen Arbitragegericht beantragen.
 

Anzahl der Aktionäre bzw. Gesellschafter

Beim Erwerb von Anteilen an einer russischen GmbH bzw. von Aktien einer AG sind die gesetzlichen Beschränkungen der Anzahl der Gesellschafter bzw. Aktionäre zu berücksichtigen. Die Anzahl der Gesellschafter einer GmbH sowie der Aktionäre einer nicht öffentlichen AG darf 50 nicht überschreiten. Die Satzung einer AG bzw. einer GmbH kann außerdem Bestimmungen enthalten, die die Anzahl der einem Aktionär gehörenden Aktien (die Größe des einem Gesellschafter gehörenden Anteils) begrenzen.
 

Enkelverbot

Nach russischem Recht darf eine GmbH bzw. eine AG nicht einen alleinigen Gesellschafter bzw. Aktionär haben, der eine Kapitalgesellschaft ist, die ebenfalls nur einen Gesellschafter bzw. Aktionär aufweist.
 

Einzahlung des Stammkapitals

Die Aktien einer russischen AG müssen vollständig eingezahlt werden, um verkehrsfähig zu sein. Gemäß Art. 2 Ziff. 3 des Gesetzes „Über Aktiengesellschaften” Nr. 208-FZ vom 26. Dezember 1995 („AG-Gesetz”) ist die AG vor der Einzahlung von 50% des Stammkapitals nicht berechtigt, Geschäfte, die nicht mit ihrer Gründung verbunden sind, abzuwickeln. Außerdem räumt gemäß Art. 34 Ziff. 1 AG-Gesetz eine Aktie ihrem Inhaber vor ihrer Bezahlung kein Stimmrecht ein, falls nicht etwas anderes in der Satzung der AG bestimmt ist. Des Weiteren ist der Umlauf von Wertpapieren vor ihrer vollständigen Bezahlung gemäß Art. 27.6 Ziff. 1 des Gesetzes „Über den Wertpapiermarkt” Nr. 39-FZ vom 22. April 1996 („WertpapiermarktG”) verboten, es sei denn, dass die Erfüllung des Aktienkaufvertrages bis zur vollständigen Bezahlung der Aktien aufgeschoben ist. Die Anteile an einer GmbH müssen auch vollständig bezahlt werden. Ist der Anteil gemäß Art. 21 Ziff. 3 des Gesetzes „Über Gesellschaften mit beschränkter Haftung” Nr. 14-FZ vom 8. Februar 1998 („GmbH-Gesetz”) nur teilweise bezahlt, kann nur dieser bezahlte Teil abgetreten werden. Ein Kaufvertrag über den nicht bezahlten Anteil ist nichtig.
 
Vielmehr ist darauf Rücksicht zu nehmen, dass – falls das Stammkapital einer russischen GmbH im Laufe von 4 Monaten ab dem Zeitpunkt ihrer Gründung nicht vollständig bezahlt wurde – der nicht bezahlte Anteilsteil an die GmbH übergeht und im Laufe eines Jahres an andere Gesellschafter bzw. einen Dritten zu veräußern ist.
 
Ab dem 1. September 2014 gelten neue Regelungen bezüglich der Sacheinlagen in das Stammkapital einer GmbH: Jede Sacheinlage muss unabhängig vom Wert durch einen unabhängigen Gutachter begutachtet werden.
 

Aktienrecht

Beim Erwerb russischer Aktien sind noch einige aktienrechtliche Besonderheiten zu beachten.
 

Registrierung der Aktien

Die Aktien einer AG müssen staatlich registriert werden. Gemäß Art. 27.6 Ziff. 1 WertpapiermarktG ist der Umlauf von Wertpapieren vor der staatlichen Registrierung des Berichtes über die Ergebnisse der Ausgabe der betreffenden Wertpapiere verboten. Erfolgt dies nicht, ist das Geschäft nichtig, es sei denn, dass seine Ausführung bis zur Aktienregistrierung aufgeschoben ist.
 

Goldene Aktie

Beim Erwerb von Aktien ist zu beachten, dass mehrere russische Unternehmen, die in der Rechtsform einer AG (und insbesondere einer öffentlichen AG) existieren, durch die Privatisierung staatlicher Unternehmen entstanden sind. Das Verfahren der Privatisierung sah in einigen Fällen die Ausgabe einer sogenannten „Goldenen Aktie” und deren Verankerung im Staatseigentum vor. Die Goldene Aktie stellt ein Sonderrecht des Staates auf die Verwaltung der Gesellschaft dar und räumt dem Staat bzw. den Föderationssubjekten (entspricht in etwa den Bundesländern) das Recht ein, Aktionärsversammlungen einzuberufen, an diesen bei der Fassung einiger Beschlüsse mit Vetorecht teilzunehmen sowie ein Mitglied des Aufsichtsrates bzw. des Revisionsausschusses der Gesellschaft zu ernennen.
 
 

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zuletzt aktualisiert am 14.08.2014
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