SE: Pflicht zur Wiederaufnahme der Verhandlungen mit dem BVG

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​veröffentlicht am 3. August 2021 | Quelle: Betriebs Berater, 43/2020

 

Um sich die unternehmerische Mitbestimmungsfreiheit abzusichern, entscheiden sich viele Unternehmen für den Weg in die SE. Da im Mitbestimmungsrecht der SE – anders als im nationalen Recht – allein das Mitbestimmungsniveau zum Zeitpunkt der Gründung maßgeblich ist, kann der aus Unternehmerseite vielfach bestehende Wunsch nach dauerhafter Mitbestimmungsfreiheit Realität werden.

 

 

„Einfrieren" des Status Quo

Um die Registereintragung zur SE-Gründung zu erwirken, ist dabei eine vorherige Vereinbarung zwischen einem besonderen Verhandlungsgremium und der Leitung der SE über die Arbeitnehmerbeteiligung notwendig. Da die allein zu dem Zeitpunkt bestehenden Arbeitnehmerzahlen maßgeblich sind, kann das Mitbestimmungsniveau entsprechend „eingefroren" werden. Selbst nachfolgende Veränderungen bleiben grundsätzlich folgenlos, anders als unter Geltung deutscher Mitbestimmungsgesetze.

 

Ausnahme: Wiederaufnahme von Verhandlungen mit dem BVG

Nur im Falle struktureller Änderungen ordnet § 18 Abs. 3 SEBG die Wiederaufnahme von Verhandlungen an. Wann derartige Änderungen vorliegen, wird gesetzlich jedoch nicht näher definiert. Auch stellt sich im Zusammenhang mit der Gründung einer gänzlich arbeitnehmerlosen SE die Frage, ob in diesem Fall überhaupt Beteiligungsverhandlungen aufzunehmen sind. Mit diesen Fragen hatte sich das ArbG Hamburg mit Beschluss vom 28. Februar 2020 (Az.: 17 BV 20/19) zu beschäftigen.

 

Urteile ArbG und LArbG Hamburg

Dabei entschied es zum einen, dass weder die Sitzverlagerung einer arbeitnehmerlosen Holding-SE, noch deren Wechsel von einer monistischen Verwaltungsrats- in eine dualistische Vorstands-/ Aufsichtsratsverfassung dazu führt, dass die SE-Leitung zur Bildung eines besonderen Verhandlungsgremiums auffordern muss, und zum anderen, dass auch keine strukturelle Änderung im Sinne des § 18 Abs. 3 SEBG vorliegt.

 

Zum gleichen Ergebnis kam auch das LArbG Hamburg mit Beschluss vom 29. Oktober 2020 (Az.: 3 TaBV 1/20), in dem es feststellte, dass keine Umstände vorliegen, welche die Bildung eines besonderen Verhandlungsgremiums rechtfertigen würden. Ob eine Sitzverlegung eine strukturelle Änderung nach § 18 Abs. 3 SEBG darstelle, könne insoweit dahinstehen. Die Verhandlungen hätten nämlich in jedem Fall vor der Sitzverlegung stattfinden müssen. Da die Sitzverlegung aber erst zum Zeitpunkt der Registereintragung des neuen Sitzes wirksam wird, unterlag die SE zum theoretisch erforderlichen Verhandlungszeitpunkt noch britischem Recht. Das SEBG fand somit keine Anwendung.

 

Das Verfahren ist aktuell beim BAG, 1 ABR 37/20 ohne bekannten Verhandlungstermin anhängig.

 

Eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Urteil des ArbG Hamburg und diesbezügliche Praxishinweise finden Sie im Beitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Christoph Kurzböck sowie Rechtsanwältin Kathrin Weinbeck »

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