Selbstanzeige – Berichtigung nach § 153 AO

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Entwurf BMF-Schreiben vom 16. Juni 2015

Das Bundesfinanzministerium hat den Entwurf eines BMF-Schreibens zur Diskussion gestellt, mit dem erstmalig zur Abgrenzung der Berichtigung einer Steuererklärung nach § 153 AO von einer Selbstanzeige Stellung genommen werden soll (vorläufiger Diskussionsentwurf eines Anwendungsschreibens zu § 153 AO: Abgrenzung zwischen Berichtigung nach § 153 AO und strafbefreiender Selbstanzeige nach § 371 AO, Stand: 16. Juni 2015). Nicht zuletzt die Verschärfung der Vorschriften für eine wirksame Selbstanzeige seit dem 01. Januar 2015 macht eine eindeutige Abgrenzung dringend notwendig. 
  

Unterschiedliche Folgen von Berichtigung und Selbstanzeige 

Eine Berichtigung einer Erklärung hat lediglich die Nachversteuerung der Fehler sowie ggf. Nachzahlungszinsen zur Folge.
 
Ziel einer Selbstanzeige ist es dagegen, Straffreiheit zu erlangen. Dies ist mit Verschärfung der Vorschriften für eine wirksame Selbstanzeige seit dem 01. Januar 2015 ungleich schwerer geworden. Wird eine Berichtigung als Selbstanzeige gesehen, so muss bereits die Berichtigung an sich die umfangreichen Anforderungen einer Selbstanzeige erfüllen, um wirksam zu sein und – mit Ausnahme des Bereichs der Umsatzsteuer – die Gefahr einer unwirksamen Teilselbstanzeige zu vermeiden. Auch Hinderungsgründe wie z.B. eine angekündigte Außenprüfung sind zu berücksichtigen. Zudem ist bei einer Hinterziehung von Steuern von mehr als 25.000 Euro ein gestaffelter Strafzuschlag von 10 bis zu 20 Prozent der hinterzogenen Steuern fällig und es wird keine Straffreiheit gewährt, sondern lediglich von der Strafverfolgung abgesehen. Erschwerend kommt hinzu, dass dieser Strafzuschlag nach Ansicht der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung von jedem Tatbeteiligten und damit mehrfach erhoben werden kann. In Unternehmen kann dies mehrere Geschäftsführer und Vorstände betreffen, ebenso wie in Stiftungen die Mitglieder des Stiftungsvorstands. Bei Schenkungen sind die Schenker und Beschenkten jeweils betroffen. Bei z.B. Familien-GbRs könnte es zu einem Strafzuschlag für jeden Gesellschafter kommen, wenn der Fehler in der Steuererklärung der GbR vorsätzlich oder leichtfertig begangen wurde. 
  

Abgrenzungsproblematik 

Das BMF-Schreiben enthält zunächst nur allgemeine Aussagen zur Abgrenzungsproblematik von Berichtigung und Selbstanzeige. 
  
Wichtig ist die Aussage, dass nicht jede objektive Unrichtigkeit den Verdacht einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit nahelegt. Dem entsprechend weist das BMF-Schreiben die Finanzbehörde an, sorgfältig zu prüfen, ob ein Anfangsverdacht einer vorsätzlichen oder leichtfertigen Steuerverkürzung gegeben ist. Positiv ist auch, dass das BMF-Schreiben explizit darauf hinweist, dass allein aufgrund der Höhe der Steuerauswirkung des Fehlers oder aufgrund der Anzahl der Berichtigungen nicht automatisch vom Vorliegen eines Anfangsverdachts, also von einer möglichen Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung ausgegangen werden kann. Leider lässt das BMF hier jedoch offen, ob die Aussage „Anzahl der Berichtigungen” die Berichtigungen pro Steuererklärung und/oder z.B. die Anzahl der Jahre – mehrere Steuererklärungen bzw. Veranlagungszeiträume – umfasst. Hier wäre eine weitergehende Klarstellung wünschenswert. 
 
Letzten Endes verweist das BMF-Schreiben die Finanzbehörden auf die Prüfung der Gesamtumstände des Einzelfalles. Nur 3 Beispiele im BMF-Schreiben sollen diese Aussage konkretisieren und betreffen nur Unternehmenssachverhalte wie Abschreibungsfehler bei Gesetzesänderung, falsche Rechtsauffassung bei Umsatzsteuerfreiheit (schriftlich dokumentiert) und technischer Fehler. Hier verneint das BMF Vorsatz oder Leichtfertigkeit. 
 
Gerade aber die für die Einzelfallprüfung so wichtige Frage, wie die Nachweise des Versehens, der falschen Rechtsauffassung und des technischen Fehlers erbracht werden sollen, bleibt im BMF-Schreiben offen. Wir schließen daraus, dass nur eine sehr gute, zeitnahe schriftliche Dokumentation von steuerlichen Entscheidungen und Prozessen hilfreich sein kann, Vorsatz- und Leichtfertigkeitsvorwürfe zu entkräften. Wünschenswert wäre es gewesen, auch Beispiele aus dem Privatbereich zu formulieren. Abgeleitet aus den vorgenannten Beispielen ist es u. E. notwendig, vergleichbare Tax Compliance-Regelungen auch bei vermögenden Privatpersonen und Family Offices mit hohen Investitionen im Privatbereich, vor allem Immobilien und Kapitalvermögen, zu installieren. 
 
Wird eine erkannte Pflicht zur Berichtigung nicht vorgenommen, liegt mit dem Unterlassen der Berichtigung wiederum eine ggf. vorsätzliche oder leichtfertige Steuerverkürzung vor, die ihrerseits nun zu einer Steuerhinterziehung oder einer bußgeldbewerten leichtfertigen Steuerverkürzung mit den oben genannten Folgen führen kann. Darauf weist das BMF-Schreiben zu Recht hin. 
 

Zur Anzeige und Berichtigung verpflichtete Personen 

Das BMF nennt Steuerpflichtigen und Gesamtrechtsnachfolger als verpflichtete Personen ebenso wie die für diese handelnden Personen, z.B. jeder Geschäftsführer oder Vorstand, wohl aber auch Testamentsvollstrecker, Betreuer etc. 
  
Wie bereits in Rechtsprechung und Literatur zutreffend anerkannt, nimmt auch das BMF-Schreiben Bevollmächtigte, die die Erklärung erstellt (und ggf. zudem digital versandt) haben, von der Pflicht zur Anzeige und Berichtigung aus. 
 

Zeitpunkt der Anzeige und Berichtigung 

Äußerst problematisch erscheinen die Ausführungen des BMF zum Zeitpunkt der Berichtigungsanzeige. Da eine Anzeige nach § 153 AO unverzüglich nach Erkennen des Fehlers erfolgen muss, die Berichtigung selbst jedoch (begründet) im Nachgang erfolgen kann, besteht in vielen Fällen die Gefahr, dass die Finanzbehörde bei einer Einzelfallbetrachtung von einer Selbstanzeige ausgeht. Inhaltlich dürfte jedoch diese Anzeige nach § 153 AO allein, noch ohne die weiteren inhaltlichen Berichtigungen, nicht die Erfordernisse einer wirksamen Selbstanzeige erfüllen – mit allen Konsequenzen der dann eintretenden fehlenden Straffreiheit.
 
Es ist ratsam, vor Abgabe einer Anzeige zur Berichtigung, sei es im betrieblichen oder privaten Bereich, diese mit dem Berater abzustimmen und ggf. weitaus umfassendere Berichtigungen, z.B. über einen wesentlich längeren Zeitraum und mit geschätzten Steuerbemessungsgrundlagen, vorzunehmen. So ist es möglich, gleichzeitig der Anforderung der unverzüglichen Anzeige nachkommen zu können und für Zweifelsfälle die Voraussetzungen einer wirksamen Selbstanzeige parallel ebenfalls zu erfüllen. Auf diese Weise kann die Annahme einer Steuerhinterziehung wegen Unterlassens einer zeitnahen Anzeige, aber auch eine misslungene Selbstanzeige durch Abgabe einer vermeintlichen Berichtigungserklärung, die durch die Finanzbehörde als unwirksame Teilselbstanzeige gewertet wird, vermieden werden.
 
zuletzt aktualisiert am 07.08.2015

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Ellen Ashauer-Moll

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