Sozialversicherungspflicht von Kommanditisten: ein unterschätztes Risiko?

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veröffentlicht am 23. Juli 2020 | Lesedauer ca. 3 Minuten  

 

Kommanditisten sehen sich in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter in der Regel außerhalb der Sozialversicherungspflicht. Tatsächlich sind aber auch Kommanditisten in den meisten Fällen sozialversicherungspflichtig. Vor allem in Folge von Sozial­versicherungs­prüfungen werden hier zunehmend erhebliche finanzielle Nach­forderungen erhoben. Dieser Beitrag zeigt auf, wann eine Sozial­versicherungs­pflicht in Betracht kommt und wie sie unter Umständen vermieden werden kann. 

  

Grundsatz: Sozialversicherungspflicht bei abhängiger Beschäftigung

Eine Sozialversicherungspflicht setzt grundsätzlich voraus, dass eine Person abhängig beschäftigt ist und eben nicht als selbständig beschäftigt eingestuft wird . In der Folge hat das Unternehmen als Arbeitgeber grundsätzlich vollumfänglich Sozialversicherungsbeiträge abzuführen.

  

Verschärfung durch geänderte Rechtsprechung

Die Rechtsprechung (z.B. BSG vom 29. Juli 2015 (Az.: B 12 KR 23/13 R)) hat den Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und somit einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit weiter konkretisiert. Das BSG gab eine Abkehr von der ursprünglich vertretenen „Schön­wetter­recht­sprechung“ bekannt. Der sog. „Schönwetter-Selbstständigkeit“, die sich ausschließlich daraus ableitet, dass dem Betroffenen in harmonischen Zeiten freie Hand gelassen wird, während im Fall eines Zerwürfnisses dessen Weisungsunterworfenheit zum Tragen käme, sei nicht mehr zu folgen.

  

Verlangt wird eine im Gesellschaftsrecht wurzelnde „Rechtsmacht“. Selbstständigkeit wird dann angenommen, wenn der im Unternehmen Tätige an der Gesellschaft eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen hat. Diese Einflussmöglichkeit kann sich aufgrund einem aus seinem Geschäftsanteil ergebenden Stimmgewicht oder in Form einer Sperrminorität ergeben.

  

Im Einzelfall kann auch die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags eine Sozialversicherungsfreiheit begründen.

  

Unterschiedliche Fallgruppen bei GmbH & Co.KG

Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. selbständigen Tätigkeit muss unter einer Abwägung des Einzelfalls vorgenommen werden. Innerhalb des Konstrukts der GmbH & Co.KG können sich die vier folgenden Konstellationen ergeben:

  

1. Der Fremdgeschäftsführer ohne Beteiligung an der KG oder der GmbH

Diesem Fremdgeschäftsführer fehlt es an einer rechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten, die ihn in die Lage versetzt, eine Einflussnahme durch seine Tätigkeit, insbesondere durch ihm etwaig unangenehme Weisungen von Seiten der Gesellschafter zu verhindern. Er ist somit von den Weisungen der Gesellschafterversammlung abhängig, ohne dass er selbst auf diese Einwirken kann, und damit abhängig beschäftigt.

 

2. Die Beteiligung als Kommanditist an der KG

Für eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung dieser Konstellation kommt es entscheidend auf den Gesellschaftervertrag der KG an. Bei einer Beteiligung und Stimmrechtsverteilung von über 50 Prozent, die einen bestimmenden Einfluss des Kommanditisten in der Gesellschafterversammlung sicher stellen soll, liegt eine selbständige Tätigkeit vor. Verfügt jedoch der Kommanditist über einen Gesellschaftsanteil von unter 50 Prozent oder ist eine Sperrminorität im Gesellschaftsvertrag der KG nicht vorgesehen, so liegt grundsätzlich ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor.

 

Etwas anderes kann jedoch dann gelten, wenn der Kommanditist ausschließlich aufgrund gesellschafts­vertraglicher Verpflichtung tätig wird und keine Tätigkeitsvergütung erhält. Die Aufteilung des Gewinns und des Verlustes, die aus dem Gesellschaftsverhältnis resultieren, sollen dann kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt darstellen. Das gilt selbst dann, wenn auf den zu erwartenden Gewinn monatliche Vorwegentnahmen ausgezahlt werden.

 

Allerdings ist im Hinblick auf die Rechtssicherheit zu vereinbaren, dass der Kommanditist diesen Gewinnvorab zurückzuzahlen hat, wenn nach Erstellung des Jahresabschlusses eine Überzahlung festgestellt werden sollte. Hierin liegt auch der signifikante Unterschied zwischen der Zahlung eines Gewinnvorabs im Vergleich zur Zahlung eines Gehaltes. Ein überzahlter Gewinnvorab muss zurückgezahlt werden, ein gezahltes Gehalt nicht.

 

3. Die alleinige Beteiligung an der Komplementär-GmbH

Verfügt der Gesellschafter der Komplementär-GmbH über 50 Prozent der GmbH-Anteile oder ist in dem dortigen Gesellschaftsvertrag eine Sperrminorität vereinbart, so liegt eine selbständige Tätigkeit vor. Verfügt der Gesellschafter über einen geringeren Gesellschaftsanteil, ohne dass eine Sperrminorität vereinbart ist, so sind die aus der Geschäftsführertätigkeit resultierenden Bezüge als sozialversicherungspflichtiges Entgelt zu werten.

 

Die aus der Geschäftsführertätigkeit resultierenden Bezüge sind auch dann als sozialversicherungspflichtiges Entgelt zu werten, wenn im Rahmen des Gesellschaftsvertrages der KG eine (Mit-) Entscheidungsbefugnis des Kommanditisten vorgesehen ist, so dass der Gesellschafter der Komplementär-GmbH innerhalb der Gesellschafterversammlung der KG überstimmt werden kann.

 

Auch hier gilt das bereits zum Gewinnvorab Ausgeführte. Ein solcher, der seine Quelle nicht in der Geschäftsführertätigkeit, sondern in der Gesellschaftsbeteiligung gefunden hat, kann sozialversicherungsfrei ausgezahlt werden.

  

4. Die gemeinsame Beteiligung an der KG und der Komplementär-GmbH

Der mitarbeitende Gesellschafter/Geschäftsführer, der sowohl an der KG als auch an der GmbH beteiligt ist, unterliegt der gleichen sozialversicherungsrechtlichen Bewertung. Auch bei diesem Gesellschafter ist zu prüfen, ob dessen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen und die damit verbundenen Stimmrechte ausreichend sind, um einen bestimmenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft auszuüben. Insoweit kann auf die vorstehende Ausführungen verwiesen werden. Ein hinreichend bestimmender Einfluss liegt bei einer Beteiligung von 50 Prozent oder einer gesellschaftsvertraglich vereinbarten Sperrminorität vor. Auch hier lassen sich über gesellschaftsvertragliche Regelungen im Einzelfall eine Sozialversicherungsfreiheit gestalten. Gewinnausschüttungen sind hiervon unabhängig und sozialversicherungsfrei möglich.

 

Einzelfallprüfung erforderlich  

Die Sozialversicherungspflicht muss schlussendlich singulär innerhalb der jeweiligen Konstellation betrachtet werden. Eckpfeiler lassen sich dahingehend konstruieren, dass eine gesellschaftsrechtliche Verpflichtung zwingend von Nöten ist. Das alleinige Vorliegen eines faktischen Weisungsverhältnisses reicht nicht mehr aus. Des Weiteren darf kein arbeitsrechtliches Anstellungsverhältnis vereinbart sein und kein Arbeitslohn ausgezahlt werden. Jedoch spricht nichts gegen die Vereinbarung eines Gewinnvorabs.

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Christian Speckert

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Rechtsanwalt

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