Europäische Kommission: Beschlussdoppel gegen Beihilfen Frankreichs zugunsten der SNCM

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Die Kommission hat zwei Beschlüsse zu rechtswidrigen Beihilfen Frankreichs erlassen.
Die von Frankreich an die Société nationale maritime Corse Méditerranée (SNCM) gezahlten „Umstrukturierungsbeiträge” (vgl. EuG, Rechtssache T-565/08 und IP/13/1126) und Ausgleichszahlungen für „Zusatzdienste” (vgl. Entscheidung C (2013) 1926 final vom 02. Mai 2013) stellen mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfen dar. Sie sind daher durch Frankreich von der SNCM zurückzufordern.   
 
Die SNCM ist ein Schifffahrtsunternehmen, das Personen, Fahrzeuge und Güter auf Verbindungen zwischen dem französischen Festland und verschiedenen Mittelmeerinseln befördert. Das Unternehmen stand mittelbar im 100-prozentigen Eigentum Frankreichs. Im Laufe einer gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung und Privatisierung hat Frankreich dem Unternehmen Zahlungen in Höhe von rund EUR 220 Mio. zukommen lassen. Hiergegen ist ein Konkurrent der SNCM zunächst durch Einschaltung der Kommission erfolglos und anschließend vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) erfolgreich vorgegangen (vgl. Rechtssache T-565/08). Die Kommission hat daraufhin den hier dargestellten Beschluss erlassen. Die „Umstrukturierungsbeiträge” sollen nicht mit EU-Recht über staatliche Beihilfen in Einklang stehen. Die Kommission sehe unter Berücksichtigung der Auffassung des EuG die gezahlten Beiträge als mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfen an und forderte Frankreich zur Rückforderung der gezahlten Beträge auf. Als Begründung wurde angeführt, dass nicht mit Sicherheit festgestellt werden könne, dass Frankreich sich bei seiner Entscheidung für eine Privatisierung wie ein marktwirtschaftlicher Investor verhalten und die für den Staatshaushalt kostengünstigste Lösung gewählt habe. Für das Nicht-Vorliegen einer Beihilfe sei das positive Ausfallen dieses sogenannten „Private-Investor-Test” entscheidend.
 
Der zweite Beschluss bezieht sich auf die von Frankreich unterlassene Rückforderung der in den Jahren 2007 bis 2013 an die SNCM gezahlten Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Seeverkehrsdienstleistungen als sogenannte „Basis- und Zusatzdienste”. In einem vorangegangenen Beschluss hat die Kommission festgestellt (vgl. Beschluss vom 02. Mai 2013, C (2013) 1926 final), dass die gezahlten Ausgleichsleistungen Frankreichs für die „Zusatzdienste“ mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar seien. Die Zahlungen erfolgten auf der Grundlage eines Vertrages zur Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen, der die „Zusatzdienste” als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse klassifizierte. Die Kommission ist jedoch der Auffassung, dass die für die „Zusatzdienste” erforderlichen höheren Ausgleichsleistungen keinen Ausgleich für tatsächlich benötigte öffentliche Dienstleistungen darstellen. Die von der SNCM unterhaltenen Fährverbindungen wurden gleichzeitig auch von privaten Anbietern bedient, die keine staatlichen Beihilfen erhielten. Die Seeverkehrsleistungen der SNCM seien also anders als die „Basisdienste”, die eine Grundversorgung der Inselbewohner sicherstellen, nicht von öffentlichem Interesse. Gegen diese zweite Entscheidung der Kommission gehen die SNCM und Frankreich gerichtlich vor dem EuG vor (vgl. Rechtssache T-454/13). Dies ist jedoch für die Umsetzung der Rückforderungsentscheidung unerheblich. Frankreich war nach Ergehen der Kommissionsentscheidung verpflichtet, innerhalb von vier Monaten die gezahlten rechtswidrigen Beihilfen von der SNCM zurückzufordern. Dies ist bisher nicht erfolgt. Daher wird die Kommission das Gericht der Europäischen Union anrufen und die Rückforderung u.U. mit Zwangsmitteln durchsetzen.
 
Die Kommissionsbeschlüsse sind auch für den ÖPNV von Bedeutung. Auch hier gibt es vielfach Unternehmen, die im Eigentum der öffentlichen Hand stehen. Dabei muss sich das Handeln der öffentlichen Hand vielfach an (markt-) wirtschaftlichen Maßstäben messen lassen, andernfalls handelt es sich um Beihilfen. Das Verfahren, das dem zweiten Beschluss zugrunde liegt, schärft den Begriff der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung. Ein Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen besteht nur dort, wo Verkehrsleistungen nicht eigenwirtschaftlich erbracht werden können. An sich eigenwirtschaftliche Leistungen können nicht in gemeinwirtschaftliche Leistungen „umgedeutet” werden. Die Abgrenzung erfolgt anhand einer Marktbetrachtung.
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