Steuerpolitik im Koalitionsvertrag

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veröffentlicht am 7. März 2018

  
Die SPD-Mitglieder haben mit 66-prozentiger Mehrheit entschieden: CDU/CSU und SPD können im Bund eine große Koalition eingehen. Damit bekommt Deutschland nach sechs Monaten wieder eine handlungsfähige Regierung. Ab dem 14. März 2018 kann also wieder offiziell Politik gemacht werden in Deutschland. Die politische Starre, in die das Land seit der Bundestagswahl im September 2017 gefallen war, ist vorbei.

 

 

Welche Weichenstellungen enthält der Koalitionsvertrag für die Steuerpolitik?

Im nationalen Recht wird es in der laufenden 19. Legislaturperiode wieder keine grundlegenden Steuerreformen geben. Es ist ein ganzer „Strauß” von Einzelmaßnahmen, auf die sich die Koalitionäre geeinigt haben. Wichtige Punkte haben wir für Sie thematisch gebündelt zusammengestellt.

 

1. Grundsatzaussagen

  • An der „schwarzen Null” als Haushaltsziel wird festgehalten. Darüber hinaus soll die gesamtstaatliche Schuldenquote auf unter 60 Prozent gedrückt werden.
  • Die Parteien haben sich auf ein Finanztableau im Umfang von 46 Mrd. Euro geeinigt, die als verteilungspolitischer „Spielraum” betrachtet werden. Über die dort aufgelisteten Schwerpunktausgaben (S. 67 f.  im Koalitionsvertrag) hinaus sollen weitere Ausgabenwünsche oder mit Steuermindereinnahmen verbundene Maßnahmen nur bei zusätzlichen Einnahmen oder bei vollständiger Gegenfinanzierung an anderer Stelle verwirklicht werden.
  • Für die Bürger soll es keine Steuererhöhungen geben

 

2. Konkrete Änderungsvorhaben

      • Einstieg in die Abschaffung des Solidaritätszuschlages
        - Im ersten Schritt soll ab 2021 eine Freigrenze (mit Gleitzone) bei der Erhebung für kleine und mittlere
          Einkommen in der Form eingezogen werden, dass 90 Prozent der Steuerzahler nicht mehr belastet  
          werden.
        - Die Höhe der Freigrenze ist noch nicht betragsmäßig festgelegt.
        - Weitere Schritte zur endgültigen Abschaffung auch für „Besserverdienende” sind noch nicht verabredet.
      • Abschaffung Abgeltungsteuer auf Zinserträge
        - Die Abgeltungssteuer auf Zinserträge soll vor dem Hintergrund der Etablierung eines Internationalen
          Finanzdatenaustausches abgeschafft werden. Ein Zeitrahmen ist nicht genannt.
        - Zur Ausgestaltung der dann wieder eingreifenden Individualbesteuerung (Betriebsausgaben- bzw.
          Werbungskostenabzug, Verlustverrechnung, Zinsabschlagsteuer, Freibetrag) wird keine Aussage
          getroffen.
        - Abgeltungssteuer auf Beteiligungserträge bleibt daneben erhalten.
      • Grundsteuer
        - Die Grundsteuer soll nach Vorgaben der zu erwartenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
          verfassungskonform ausgestaltet werden, insb. bei der Bewertung. Konkrete Modelle werden nicht
          genannt.
        - In diesem Rahmen soll eine Grundsteuer C eingeführt werden, die eine höhere Besteuerung von
          unbebauten, aber baureifen Grundstücke ermöglichen soll.
      • Die auf internationalen Verpflichtungen zur Bekämpfung von Steuerumgehung und -vermeidung beruhenden Maßnahmen sollen umgesetzt werden, insb. zur Zinsschranke, Hinzurechnungsbesteuerung, Behandlung hybrider Gestaltungen und Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle.
      • In Zusammenarbeit mit Frankreichsoll in der EU eine gemeinsame, konsolidierte Bemessungsgrundlage sowie Mindeststeuersätze bei der Körperschaftsteuer umgesetzt werden.
      • An der Einführung einer Finanztransaktionssteuer soll festgehalten werden.
      • In der Grunderwerbsteuer sollen missbräuchliche Steuergestaltungen bei Share Deals unterbunden werden. Die Maßnahmen werden nach Abschluss der laufenden Prüfungen verschiedener Modelle festgelegt.

 

3. Umsatzsteuer

  • Ein Ziel ist die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges beim Internethandel. Hierzu sollen Auskunftspflichten der Plattformbetreiber über ihre Nutzer geschaffen werden. Plattformbetreiber, die eine Nutzung durch steuerkriminelle Händler/User nicht unterbinden, sollen in Haftung für die Umsatzsteuerausfälle genommen werden.
  • Bei der Einfuhrumsatzsteuer soll das Erhebungs- und Erstattungsverfahren optimiert werden.
  • Unternehmensgründer sollen zwei Jahre von der Pflicht zur Abgabe monatlicher Voranmeldungen befreit werden.
  • Für elektronische Informationsmedien, z.B. E-Books soll der ermäßigte Steuersatz eingeführt werden.

 

4. Sonstige Steuerthemen für Unternehmen

  • Es soll eine steuerliche Forschungsförderung für forschende kleine und mittelgroße Unternehmen, orientiert an Personal- und Auftragsaufwand, geben. 
  • Steuerliche Anreize für Investitionen in Wagniskapital sollen geschaffen werden.
  • Die Abschreibungsmöglichkeiten für „digitale Innovationsgüter“ sollen verbessert werden.
  • Der Bürokratieabbau wird mit folgenden Schwerpunkten weiter verfolgt:
    - Verringerung von Statistikpflichten bis Ende 2019
    - Vereinheitlichung von Schwellen- und Grenzwerten
    - Einsatz für Anpassung KMU-Kriterien auf EU-Ebene, insb. bis 500 Beschäftigte
    - Forcierung zeitnaher Betriebsprüfung
    - Abbau von Schriftformerfordernissen
  • Einsatz für Europäische Harmonisierung der Regelungen über grenzüberschreitende Sitzverlegung von Kapitalgesellschaften

 

5. Sozialabgaben

  • Ab 1. Januar 2019 Wiedereinführung der paritätische Finanzierung der Krankenkassenbeiträge, d.h. insb. der Arbeitgeber trägt künftig auch 50 Prozent der Zusatzbeiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung.
  • Senkung des Beitrags in der Arbeitslosenversicherung um 0,3 Prozentpunkte.
  • Bis 2025 soll eine Haltegrenze für den Rentenversicherungsbeitrag von 20 Prozent gelten, bei Bedarf soll der Steuerzuschuss zur Rentenversicherung erhöht werden.
  • Einbeziehung von Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung mit opt-out-Lösung bei anderweitiger Erfüllung Altersvorsorgepflicht.
  • Sozialabgaben sollen unter der Grenze von 40 Prozent stabilisiert werden.
  • Vereinfachung und Vereinheitlichung Statusfeststellungsverfahren in allen Zweigen der Sozialversicherung

 

6. Arbeitnehmer

  • Steuerfreie Zuschüsse des Arbeitgebers für Weiterbildung sollen auch zur „Sicherung der allgemeinen Beschäftigungsfähigkeit“ möglich sein.


7. Förderung der Elektromobilität

  • Die pauschale Dienstwagenbesteuerung soll für E-Fahrzeuge (inkl. Hybrid) auf 0,5 Prozent gesenkt werden.
  • Bei gewerblich genutzten E-Fahrzeugen soll es eine Sonderabschreibung von 50 Prozent im Jahr der Anschaffung, befristet auf 5 Jahre geben.

 

8. Immobilien

  • Zeitlich befristete Sonderabschreibung für freifinanzierten Wohnungsbau in Höhe von 5 Prozent p.a. über 4 Jahre zusätzlich zur linearen AfA.
  • Steuerliche Förderung energetischer Gebäudesanierung mit Wahlrecht zwischen Zuschuss oder Abschreibung.
  • Es wird ein Baukindergeld geschaffen. Dabei handelt es sich um einen Zuschuss in Höhe von 1.200 Euro je Kind, jedoch nur bis zu einer Einkommensgrenze von 75.000 Euro (plus 15.000 Euro je Kind) zu versteuerndem Haushaltseinkommen.
  • Bei der Grunderwerbsteuer wird die Einführung eines Freibetrags für Familien beim erstmaligen Erwerb eines Familienheims geprüft.
  • Verfassungsrechtliche Prüfung einer Reinvestitionsregelung für Landwirte bei Verkauf von Wohnbauland in Mietwohnungsbau.

 

9. Sonstige Steuerthemen für Privatpersonen

  • Alle zwei Jahre soll es einen Bericht zur Entwicklung der kalten Progression mit anschließender Bereinigung des Steuertarifs geben.
  • Das Kindergeld wird um insgesamt 25 Euro pro Monat pro Kind in zwei Schritten erhöht: 1. Juli 2019 + 10 Euro, 1. Juli 2021 +15 Euro. Entsprechende Erhöhung auch der Kinderfreibeträge. Auch eine Erhöhung des Kinderzuschlages wird ohne Konkretisierung versprochen. 
  • Die Pauschalbeträge für Menschen mit Behinderung werden in ihrer Höhe geprüft. 
  • Es soll Zuschüsse für haushaltsnahe Dienstleistungen für erwerbstätige Eltern, Alleinerziehende, ältere Menschen, pflegende Angehörige und Unternehmensgründer geben.

 

10. Besteuerungsverfahren

  • Einführung einer vorausgefüllten Steuererklärung für alle Steuerpflichtigen bis VZ 2021.
  • Stärkung der Stellung des Bundeszentralamtes für Steuern.
  • Alle aus einer Steuer-Straftat erlangten Vermögenswerte und rechtswidrigen Gewinne sollen konsequent eingezogen werden.

 

Bei Interesse können Sie hier den Koalitionsvertrag einsehen:
» Koalitionsvertrag CDU/CSU und SPD vom 7. Februar 2018 (177 Seiten)

  

Nach halber „Amtszeit”, zur Mitte der Legislaturperiode sollen die Regelungen des Vertrages evaluiert und neu justiert werden.    

Kontakt

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Dr. Hans Weggenmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

Geschäftsführender Partner

+49 911 9193 1050

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