Einblicke aus Berlin: Dritter Rechtspolitischer Dialog zur „Arbeitszeitflexibilisierung und -erfassung in der modernen Arbeitswelt“

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​veröffentlicht am 18. September 2023


Mit dem Rechtspolitischen Dialog hat der unlängst gegründete Bundesverband der Wirtschaftskanzleien in Deutschland (BWD) mit dem Forschungsinstitut für Anwaltsrecht der Humboldt Universität und dem Zentrum für Europäisches Wirtschaftsrecht der Universität Bonn ein weiteres Format direkt an der Schnittstelle von rechtlicher Praxis und Politik ins Leben gerufen. Die Folgeveranstaltung am 06. September 2023 befasste sich mit interessanten Eindrücken und Diskussionen zur Frage nach der Arbeitszeitflexibilisierung und -erfassung in der modernen Arbeitswelt und fand vor Ort an der Humboldt Universität in Berlin statt. 

Für Rödl & Partner nahm Victoria Caliebe an diesem Austausch mit Vertretern aus der Wissenschaft und Praxis in Berlin teil. Aufschlussreiche Kurzvorträge zum Thema Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung leiteten den Veranstaltungsnachmittag ein. Es folgte eine durch Herrn Prof. Dr. Gregor Thüsing (Universität Bonn) moderierte Plenardiskussion zu diesen Themen mit eindrucksvollen Einblicken in die unterschiedlichen Interessenlagen der Anwesenden und politische Intentionen. Erneut wurde durch die Vertreter des Anwaltsberufs unter anderem die Kollision anwaltlicher Tätigkeit und anwaltlichen Berufsrechts mit den Vorgaben des Arbeitszeit- und Arbeitsschutzgesetzes erörtert. Herr Prof. Dr. Stefan Greiner stellte die Spielräume der Flexibilisierung mittels eines Vergleichs von Arbeitszeitrichtlinie und Arbeitszeitgesetz heraus. Auch Impulse aus der Sicht der Wissenschaft und der Medien wurden im Rahmen der Kurzvorträge gesetzt. 

Im Rahmen der Plenardiskussion als Veranstaltungsschwerpunkt fand ein eindrucksstarker Austausch zwischen Herrn Jörn Böttcher, Ministerialdirektor und Leiter der Abteilung III des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Herrn Christoph Kleinmann, dem Co-Leiter der BWD-Task-Force Arbeitszeitgesetz und Vertretern der Gewerkschafts- und Arbeitgeberverbandsseite statt. Herr Jörn Böttcher bestätigte, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beabsichtige, den im Frühjahr diesen Jahres bekannt gewordenen Referentenentwurf – der dieses Stadium jedoch noch gar nicht final erreicht hat – noch in diesem Jahr im Parlament zur Diskussion vorzulegen. Der Inhalt des bekannten Papieres bilde die Eckpunkte des vorzulegenden Referentenentwurfs dar, wie er zu geltendem Recht werden solle. Auch die anwesende Vertreterin der Gewerkschaft ver.di verteidigte den Inhalt des bekannt gewordenen Entwurfs und bekräftigte dessen Erfordernis.

Seitens der Vertreter der Wissenschaft und Praxis wurden erneut die berufsspezifischen Besonderheiten, das Erfordernis eine Arbeitssouveränität und die im Anwaltsberuf bestehende Eigenverantwortlichkeit hervorgehoben und die Umsetzung entsprechender Bereichsausnahmen wurden diskutiert. Stark kritisiert wurde auch die im Entwurf einzig vorhandene Ausnahmeregelung für Tarifvertragsparteien. Es wurden interessante Impulse für eine einzelvertragliche Lösung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, jedenfalls in den Berufen mit einem hohen Maß an eigenverantwortlicher Arbeitszeiteinteilung und Flexibilisierungserfordernissen, gesetzt. Jedenfalls forderten die Anwesenden, von den vorhandenen Flexibilisierungsmöglichkeiten der Arbeitszeitrichtlinie Gebrauch zu machen, wie es auch andere EU-Mitgliedstaaten tun. Auch die Idee einer weiteren Flexibilisierung auf europäischer Ebene wurde diskutiert. 

Herr Jörn Böttcher stellte in Aussicht, die im Rahmen der Veranstaltung gesammelten Impulse mit in die weitere politische Diskussion zu nehmen. Es bleibt abzuwarten, ob berufsspezifische Besonderheiten in dem zu erwarteten „offiziellen“ Referentenentwurf tatsächlich Einzug finden werden. 

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Victoria Caliebe

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