§ 566 BGB analog auch bei Treuhandverhältnissen

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veröffentlicht am  25.10.2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten

LG Lübeck, Urteil vom 10. März 2022, Az.: 14 S 84/21

§ 566 BGB kann bei fehlender Identität zwischen Vermieter und Eigentümer analog anwendbar sein, wenn zwischen ihnen ein Treuhandverhältnis besteht.


Der Kläger hatte im Wege der Zwangsversteigerung ein Grundstück erworben, auf dem sich das Gebäude mit einer vom Beklagten gemieteten Wohnung befindet. Zwischen der vormaligen Grundstückeigentümerin und ihrem Ehemann war ein Treuhandvertrag dergestalt geschlossen worden, dass sie das Eigentum am Grundstück treuhänderisch für ihren Gatten halten sollte, der Gatte hingegen u.a. zum Abschluss eines Mietvertrages berechtigt sein sollte. Entsprechend war der Wohnraummietvertrag, auf den sich der Beklagte gegen den Herausgabeanspruch des Klägers berief, vom Ehemann geschlossen worden. Der Kläger war der Ansicht, dass das Mietverhältnis nicht auf ihn übergegangen sei, weil es nicht – entsprechend dem gesetzlichen Wortlaut – von der Eigentümerin geschlossen worden sei.


Das Gericht bejahte den Vertragsübergang. Der vorliegende Sachverhalt erfülle zwar nicht den gesetzlichen Wortlaut des § 566 BGB, da dieser von Personenidentität zwischen Vermieter, Veräußerer und Eigentümer ausgeht. Das Landgericht hält jedoch eine analoge Anwendung des § 566 BGB für geboten, da das Bestandsinteresse des Mieters schutzwürdig sei.


Schon zuvor hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass sich aus dem Wortlaut des § 566 BGB keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 566 BGB eine abschließende Regelung dahingehend treffen wollte, den Mieter nur dann bei einem Eigentumswechsel an der Mietsache zu schützen, wenn die Identität zwischen Vermieter und Veräußerer gewahrt ist. Vielmehr ist der Sinn der Merkmale entscheidend. Das Merkmal „Eigentümer“ ist dabei abstrakt nach seinen Befugnissen auszulegen. Hiervon ist auch die Befugnis des Eigentümers, das Eigentum dinglich zu belasten, umfasst. Ein fortdauerndes Mietverhältnis stellt dabei eine dingliche Belastung des Eigentums dar. Folglich fällt derjenige, der zu einer solchen Belastung befugt ist, in den Anwendungsbereich des § 566 BGB und ist insoweit nicht schutzwürdig. Seine fehlende Schutzwürdigkeit ergibt sich dabei aus dem Umstand, dass es der Vermieter selbst war, der vorliegend eine vertragliche Gesamtkonstruktion geschaffen hat, die ihn wirtschaftlich in die Position eines Eigentümers gebracht hat und nur formal diese Eigentümerstellung auf seine Ehefrau übertragen wurde. Der Treuhandvertrag zielt ersichtlich darauf ab, ihn wirtschaftlich so zu stellen, als wäre er Eigentümer und eben so ist er auch durchgängig gegenüber den Mietern aufgetreten. Im Gegenzug wird der Mieter über § 566 BGB vor einem Rechtsverlust durch einen Eigentümerwechsel am Mietobjekt geschützt.

 

Fazit:

Die Frage nach der Anwendbarkeit des § 566 BGB ist im Falle des Eigentumserwerbs einer vermieteten Immobilie von wesentlicher Bedeutung. Auch wenn die Rechtsprechung aufgrund des bezweckten Mieterschutzes bereits in mehreren Konstellationen eine analoge Anwendung bejaht hat, sollte vertraglich ein entsprechender vertraglicher Übergang für den Fall des Nichteingreifens des § 566 BGB geregelt werden. 

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