Steuerung von Risiken in Großprojekten – Hinweise und Lösungsansätze für den Mittelstand

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  • Großprojekte laufen aus dem Ruder, wenn Konzeptions-, Planungs- und Ausschreibungsunterlagen nicht hinreichend klar und vollständig abgefasst werden.
  • Projektcontrolling, Risiko- und Qualitätsmanagement sowie Rechtsberatung müssen adäquat ausgestaltet sein.
Von Georg Beyer, Rödl & Partner Nürnberg 
 
Schenkt man der Presseberichterstattung Glauben, scheinen Großprojekte von nicht beherrschbaren Risiken geprägt zu sein. Demnach können teilweise weder die geplanten Kosten noch die prognostizierten Erlöse sowie die jeweiligen Eröffnungstermine eingehalten werden – die tatsächlichen Abweichungen sind in Einzelfällen als dramatisch zu bezeichnen. Allerdings ist dieses Phänomen nicht ganz neu: Auch das Opernhaus in Sydney, heute Weltkulturerbe, wurde einst für 3,5 Millionen britische Pfund geplant, kostete dann aber bis zu seiner endgültigen Fertigstellung im Jahr 1973 (der ursprüngliche Eröffnungstermin war bereits für den 26. Januar 1965, dem australischen Nationalfeiertag, vorgesehen) über 50 Millionen britische Pfund. Geringeres Aufsehen erregen dagegen die ungezählten Großprojekte, die mehr oder weniger punktgenau geplant, abgerechnet und eröffnet wurden: so etwa der Umbau des Berliner Reichstages, die Münchener Allianz-Arena und darüber hinaus auch viele Baumaßnahmen im Bereich der Bundesautobahnen.
 
Auch mittelständische Unternehmen führen mitunter Großprojekte durch, die nur einmalig „gestemmt” werden und nicht wiederkehrend sind. Wie kann man dort verhindern, dass solche Projekte aus dem Ruder laufen? Wie lassen sich die wesentlichen Risiken aus großprojektspezifischen Unwägbarkeiten derart steuern, dass die Verantwortlichen (Projektleiter, Geschäftsführer, Aufsichtsräte) rechtzeitig proaktiv reagieren können, um so geplante Kosten, Termine wie auch vereinbarte Leistungen hinsichtlich der vertraglich zugesicherten Eigenschaften einzuhalten?
 
Ist die Projektbeschreibung und die damit zusammenhängende Ausschreibung (bzw. Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes) für ein Großprojekt unklar, missverständlich oder gar unvollständig abgefasst, dann wird das entsprechende Angebot der potenziellen Auftragnehmer entsprechend unwägbar und risikobehaftet ausfallen. Deshalb empfiehlt es sich, bereits in der Konzeptions- und Ausschreibungsphase projektunabhängige Experten hinzuzuziehen und sowohl die wesentlichen Planungsvorgaben und -prämissen als auch die Ausschreibung selbst kritisch zu prüfen. In dieser Projektphase sinnvoll investierte Zeit und Geld machen sich bei der Projektausführung mehr als bezahlt, weil so die Zahl der Projektänderungen bzw. Nachträge auf das unvermeidbare Maß beschränkt werden kann. Unvollständige oder gar unfaire Ausschreibungen müssen entsprechend nachgebessert werden. Erst dann sollte eine Ausschreibung auch tatsächlich freigegeben werden.
 
Da jedes Großprojekt einmalig ist, lassen sich Probleme während der Realisierungsphase zwangsläufig nicht vermeiden. Insofern braucht jedes Großprojekt neben einem angemessen ausgestatteten Projektcontrolling ein der Größe des Projektes angepasstes projektbegleitendes Risiko- und Qualitätsmanagement sowie eine darauf abgestimmte Rechtsberatung (diese wahrt Fristen und sichert Ansprüche bzw. macht diese geltend), im Idealfall ergänzt durch ein Schiedsgericht, das aufkommende Streitigkeiten zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer im beiderseitigen Einvernehmen schneller und kostengünstiger schlichten kann als Gerichte es vermögen.
 
Jedes Unternehmen muss mit unvorhergesehenen Zeitverzögerungen, Kostensteigerungen und zusätzlichen Risiken rechnen, wenn einmal geschlossene Verträge während der Projektrealisierung mehrfach geändert werden. In dieser ganz entscheidenden Projektphase kommt es wesentlich auf die zielgerichtete Kommunikation und eine exakt aufeinander abgestimmte Zusammenarbeit zwischen der Projektleitung, dem Projektmanagement, dem Risiko- und Qualitätsmanagement sowie der Rechtsberatung an. Ziel muss es sein, die möglichst gründlich ausverhandelten Leistungsänderungen reibungslos in den laufenden Leistungserstellungsprozess zu integrieren, um im Streitfall langwierige und kostenintensive Auseinandersetzungen und Gerichtsverfahren mit häufig ungewissem Ausgang zu vermeiden. Großprojekte, die derart konzipiert, geplant und umgesetzt werden, haben gute Chancen, alle vertraglich vereinbarten Termine, Kosten und Leistungen auch tatsächlich einzuhalten.

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Prof. Dr. Peter Bömelburg

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