Spannungsfeld Betriebsprüfung vs. Selbstanzeige

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veröffentlicht am 26. Juli 2017

 

Eine steuerliche Selbstanzeige kann nur dann eine strafbefreiende Wirkung für den Tatbestand einer Steuerhinterziehung entfalten, wenn und soweit die Voraussetzungen der Selbstanzeige vorliegen und darüber hinaus keine sog. Sperrgründe eingreifen. Der Gesetzgeber hat die Anforderungen an die strafbefreiende Selbstanzeige mit Wirkung zum 1. Januar 2015 verschärft. Erfasst hiervon ist auch die Frage, inwiefern welche Phase der Betriebsprüfung einer Selbstanzeige entgegensteht.
 

 


Sperrgründe für eine Selbstanzeige

Die Straffreiheit einer Selbstanzeige tritt gemäß § 371 Abs. 2 AO u.a. in folgenden Fällen nicht ein:
  • bei Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung sowie
  • bei Erscheinen eines Amtsträgers zur steuerlichen Prüfung, zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit oder zu einer (sonstigen) Nachschau.

 

Bekanntgabe Prüfungsanordnung

Wenn und sobald eine Prüfungsanordnung dem Steuerpflichtigen oder dessen Vertreter wirksam bekannt gegeben worden ist, hindert die Bekanntgabe die Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige, d.h. es tritt keine Straffreiheit ein. Eine dennoch abgegebene Selbstanzeige entfaltet dann die Wirkung eines Geständnisses, das dann bei der Festlegung des Strafrahmens zu Gunsten des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen ist.

 

Telefonische Ankündigung einer Außenprüfung ist kein Sperrgrund für Selbstanzeige

Sollte der Betriebsprüfer vor Versendung der Prüfungsanordnung den Beginn der Betriebsprüfung telefonisch ankündigen, ergibt sich hieraus jedoch noch kein Sperrgrund für eine Selbstanzeige, da die Prüfungsanordnung noch nicht schriftlich bekannt gegeben worden ist


Das sich durch den Anruf und der sich erst anschließenden Bekanntgabe der Prüfungsanordnung resultierende, wenn auch sehr enge, Zeitfenster sollte der Steuerpflichtige allerdings nutzen und in Zusammenarbeit mit einem steuerlichen Berater prüfen, ob etwaiger Handlungsbedarf für eine steuerliche Selbstanzeige besteht.

 

Laufende Betriebsprüfung

Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist nicht mehr möglich, wenn „ein Amtsträger zur steuerlichen Prüfung” erscheint.


In dem Zusammenhang ist aber zu berücksichtigen, dass sowohl die „Bekanntgabe der Prüfungsanordnung” als auch das „Prüfer-Erscheinen” sich hinsichtlich der Sperrwirkung auf den sachlichen (bestimmte Steuer­arten) und zeitlichen Umfang der (angekündigten) Außenprüfung (zu prüfende Jahre) beschränken. Damit lässt das Gesetz eine Teilselbstanzeige hinsichtlich nicht zu prüfender Jahre ausdrücklich (wieder) zu (§ 371 Abs. 2 S. 2 AO).


Aber dennoch sollte man das Vorgehen eindrücklich prüfen, denn die Sachverhalte außerhalb des Betriebs­prüfungszeitraumes stellen natürlich auch Indizien dahingehend dar, dass die Sachverhalte auch in den zu prüfenden Jahren verwirklicht wurden. Das bezeichnet man als geständnisähnliche Wirkung.


Beispiel:
Umfasst die Prüfungsanordnung bspw. die Umsatzsteuer 2014 bis 2016, so sperrt jedenfalls die bekannt gegebene Prüfungsanordnung nicht die Selbstanzeige für eine einkommensteuerliche Nacherklärung, soweit im Übrigen die Voraussetzungen für die Selbstanzeige gegeben sind.


Selbstanzeige nach Betriebsprüfung

Die Möglichkeit, eine wirksame Selbstanzeige für während der Betriebsprüfung nicht aufgedeckte Taten zu erstatten, lebt nach Abschluss der Betriebsprüfung grundsätzlich wieder auf. Die Betriebsprüfung endet aber erst vollständig mit Erlass der entsprechenden Steuerbescheide oder der Mitteilung nach § 202 Abs. 1 S. 3 AO. Auf keinen Fall darf nach Abschluss der Prüfungstätigkeit, auch wenn sie einvernehmlich beendet wurde, eine Selbstanzeige erstattet werden, da hier noch die Aufhebung der Sperrwirkung der Betriebs­prüfung stark umstritten ist. Um die notwendige Sicherheit erlangen zu können, sollte, wie erwähnt, der Erlass der Bescheide abgewartet werden.

 

Soweit innerhalb der Betriebsprüfung bereits eine Steuerhinterziehung durch den nachschauenden Steuer­beamten entdeckt wird, liegt neben dem Sperrgrund der laufenden Betriebsprüfung auch der weitere Sperrgrund der Tatentdeckung gemäß § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO vor. Er bleibt – auch nach Beendigung der Betriebsprüfung und Wegfall des damit verbundenen Prüfungs-Sperrgrundes – bestehen. Eine Selbstan­zeige ist strafbefreiend auch weiterhin nicht möglich.

 

Typische Risikofelder bei einer Betriebsprüfung stellen u.a. erfahrungsgemäß wiederholtes Monieren des Fehlens eines Fahrtenbuches, Eigenverbrauch, verdeckte Gewinnausschüttungen, Provisionen, Berater­verträge, Offshore-Geschäfte, Umsatzsteuerreihengeschäfte dar.

 

Fazit

Die einer Betriebsprüfung innewohnenden Risiken und möglicherweise damit verbundenen Folgen sind nicht zu unterschätzen. Zwar führt nicht jede Betriebsprüfung zu einem Steuerstrafverfahren – dennoch gibt es fast immer einzelne Aspekte, die entsprechend bewertet werden können.


Es ist daher immer anzuraten, rechtzeitig vor dem Beginn der Prüfung mögliche „Schwachstellen” aufzu­decken und etwaige Abhilfemöglichkeiten, z.B. eine Selbstanzeige, in Erwägung zu ziehen.

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