Nicht zu unterschätzende Erbschaft- und Schenkungsteuer

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veröffentlicht am 26. Juli 2017

 

Nach dem Tod eines nahen Angehörigen denken die Hinterbliebenen verständlicherweise zuletzt an die Erfüllung steuerlicher Pflichten. Doch solche können v.a. die Erben in vielfältiger Weise treffen. Auch bei einer Selbstanzeige sind Aspekte der Erbschaft- und Schenkungsteuer häufig zu beachten, wenn die Mittelherkunft offengelegt werden muss.
 


 


 

Pflichten der Erben

Grundsätzlich ist jeder der Erbschaftsteuer unterliegende Erwerb innerhalb von 3 Monaten nach Kennt­niserlangung dem Finanzamt anzuzeigen. Wird das unterlassen oder werden gegenüber dem Finanzamt sogar unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht, so steht der Vorwurf der Erbschaftsteuer­hinter­ziehung schnell im Raum.


Selbstverständlich erfordert eine strafrechtlich relevante Steuerhinterziehung auch in dem Fall ein Handeln mit Absicht, d.h. Wissen und Wollen, Steuern zu verkürzen oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile zu erlangen. Sind dem Erben die Erbschaft und deren Umfang bekannt und handelt er nicht pflichtgemäß und gibt frist­gerecht eine vollständige Erbschaftsteuererklärung ab, unterstellt die Rechtsprechung aber i.d.R. vorsätzliches Handeln und damit eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen. Die Hürde hierbei ist häufig, dass die innerhalb der letzten 10 Jahre erhaltenen Vorschenkungen mit deren Wert anzugeben sind, andernfalls fehlt in der Erb­schaftsteuer ein wichtiger Aspekt, der bei der Festsetzung der Steuer von nicht unerheblichem Einfluss ist. Bei Verschweigen oder Unterlassen von Angaben zu Vorschenkungen gehen die Finanzbehörden erfahrungsgemäß von einem vorsätzlichen Handeln des Erklärenden aus.

 

Steuerhinterziehung des Erblassers

Grundsätzlich haften Dritte, d.h. auch Erben, zwar nicht für die Straftaten von anderen Personen. Aller­dings besteht für Erben, sollte im Nachhinein festgestellt werden, dass der Verstorbene seinen steuer­lichen (Erklärungs-)Pflichten nicht oder nur unzureichend nachgekommen ist, dringender Handlungsbedarf. Der Erbe tritt nämlich in die Fußstapfen des Erblassers und damit in dessen Rechte, aber auch Pflichten ein!


Erfahren Erben also z.B. nach dem Tod des Erblassers erstmals von einem Konto des Erblassers im Ausland und stellen zudem fest, dass die daraus resultierenden Erträge dem Finanzamt nicht mitgeteilt wurden, sind die Erben nach § 153 AO verpflichtet, vom Erblasser bisher unrichtig abgegebene Steuererklärungen bei dem zuständigen Finanzamt zu berichtigen.


Kommen die Erben der Berichtigungspflicht nicht nach, machen sie sich die Steuerhinterziehung des Erblassers zu eigen und begehen zum Zeitpunkt der Unterlassung der Berichtigung eine eigene Steuer­hinterziehung als Rechtsnachfolger für den Erblasser. Sie „haften”dann nicht nur steuerlich für die zu Lebzeiten des Erblassers begangene Steuerhinterziehung, sondern auch für die sich nach dem Erbfall fortsetzende Steuerhinterziehung.


Darüber hinaus haften die Erben – sowohl steuerlich als auch steuerstrafrechtlich – zudem in eigener Person, wenn die Einkünfte aus Kapitalvermögen, das aus dem nicht offengelegten Vermögen des Erblassers, also weiterhin auf dem Auslandskonto befindlich, in den Veranlagungszeiträumen nach dem Eintritt des Erbfalls nicht in die eigene Steuererklärung aufgenommen werden. Erbschaftsteuerliche Sachverhalte sollten bei Über­legungen zur Offenlegung von Sachverhalten keinesfalls unterschätzt werden!


Vermögensübertragung zwischen Familienangehörigen und Gemeinschaftskonten

Aber nicht nur Erbfälle spielen steuer(-strafrechtlich) eine Rolle, auch Schenkungen sollten in dem Zusammenhang nicht außer Acht gelassen werden.


Insbesondere bei Kontoeröffnung und Kontoführung haben sich die wenigsten Kunden ausländischer Banken darüber Gedanken gemacht, welche steuerrechtlichen, insbesondere schenkungssteuerrechtlichen Konsequenzen die Gestaltung der vertraglichen Bankbeziehungen haben können. Das betrifft insbesondere Fälle, bei denen mehrere Familienangehörige gemeinsam Inhaber eines ausländischen Bankkontos sind bzw. waren oder bei denen es zu Vermögensübertragungen zwischen Familienangehörigen gekommen ist.


Beispiele:
  • Wird aus rein formalen Aspekten ein Bankkonto von einem Inhaber auf einen anderen umgeschrieben, wird i.d.R. auch ein schenkungssteuerlicher Sachverhalt verwirklicht. Ggf. abhängig von der Höhe der Zuwendung wird sogar Schenkungsteuer fällig. Sofern die schenkungssteuerlichen Freibeträge überschritten sind, löst die Übertragung von Vermögenswerten Schenkungsteuer aus, und zwar am Wohnsitz der Betroffene, d.h. in Deutschland.
  • Äußerten Eheleuten gegenüber ausländischen Banken den Wunsch, dass das angelegte Geld demjenigen Ehegatten zur Verfügung stehen soll, der den anderen überlebt und/oder dass die Kinder Zugriff auf das im Ausland angelegte Geld haben sollen, wenn beide Eltern verstorben sind, wurden nicht selten beide Eheleute und ggf. auch die Kinder als Mitinhaber des Kontos ausgewiesen.


Die Mitinhaberschaft führt nach deutschem Zivilrecht gemäß der Vermutung des § 430 BGB bei Gemein­schaftskonten jedoch dazu, dass jeder Mitinhaber zu gleichen Teilen berechtigt ist.


Stammt das dort angelegte Kapital vom Familienvater, führt das dann zu einer Vermögensübertragung an Frau und ggf. Kinder. Sofern die schenkungssteuerlichen Freibeträge auch in dem Fall überschritten sind, löst diese Übertragung von Vermögenswerten wiederum Schenkungssteuer am Wohnsitz der Betroffenen aus. Kommt es dann zu einer Änderung der Entscheidung der Kontoführung oder einem Kontoübertrag auf Einzelkonten z.B. des angesprochenen Familienvaters, dann gehen die Finanzbehörden von anteiligen Rückschenkungen aus. Die in der Praxis üblichen Sachverhaltskonstellationen zeigen, welche detaillierte Sachvehaltsaufklärung vor Abgabe einer Selbstanzeige erfolgen muss.

 

Verjährung

Eine Besonderheit bei der Schenkungsteuer ist zudem, dass die – i.d.R. 10-jährige Frist der steuerlichen Festsetzungsverjährung nicht vor Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat. Das kann bei Schenkungen zu einer erheblich längeren, in manchen Fällen sogar zu einer über 10-jährigen Verjährungsfrist von steuerlichen Nachforderungsansprüchen der Finanzbehörden und zu erheblichen finanziellen Belastungen führen.

 

Zinsen

Aufgrund der langen steuerlichen Verjährungsfristen ist zudem ebenfalls an die zu entrichtenden Hinterziehungszinsen zu denken. Sie betragen 6 Prozent des hinterzogenen Steuerbetrages pro Jahr. Angesichts der häufig erheblich verlängerten Verjährungsfrist können hierbei hohe Nachzahlungsbeträge entstehen.

 

Fazit

Stellen Erben fest, dass der Erblasser zu Lebzeiten seinen steuerlichen Pflichten nicht oder nur zum Teil nachgekommen ist, besteht dringender Handlungsbedarf. Pokert der Erbe an der Stelle und bleibt untätig, dann schwebt über ihm allzeit das Damoklesschwert eines Steuerstrafverfahrens. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass der Tatbestand der Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen mit einer Freiheits­strafe von bis zu 10 Jahren sanktioniert werden kann.


Gerade im Hinblick auf die vorgenannten Rechtsfolgen ist in dem Zusammenhang eine umfassend und kompetente Beratung über alle erforderlichen Maßnahmen und die besten Handlungsoptionen erforderlich.

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