Spanien: Status der laufenden Investitionsschutzverfahren im Bereich Solarenergie

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Bis zum 5. Oktober 2016 sind uns 32 Investitionsschutzverfahren gegen Spanien bekannt geworden, in denen sich internationale Investoren über Rechtsänderungen im Bereich der Solarenergie beklagen, die 2010 begonnen haben und ihre Investitionen schädigen. 
 


Die ersten dieser Rechtsänderungen haben die Einspeisevergütung für die schon im Betrieb befindlichen Solaranlagen wesentlich eingeschränkt und somit die Rentabilität bestehender Solaranlagen betroffen. Die darauf folgenden Gesetzesänderungen umfassten weitere Reduktionen der Einspeise-Tarife, die Einführung einer 7 Prozent Steuer auf Einnahmen von Energieerzeugern, die de facto als indirektes Mittel des Staates beim weiteren Abbau der Einspeisevergütung gilt, sowie die finale Abschaffung des Systems der Einspeisevergütung. Im Ergebnis sind mehrere Solarinvestitionen pleite gegangen. 
 
27 von den „solaren” Schiedsverfahren laufen vor dem ICSID (engl.: International Centre for Settlement of Investment Disputes), 4 gem. der Schiedsregelung der Stockholmer Handelskammer, ein Verfahren wurde als ein UNCITRAL ad hoc Schiedsverfahren eingeleitet.
 

Die Mehrheit der Verfahren ist vertraulich. Man weiß jedoch, dass:
  • die Verfahren zwischen 2011 und 2016 eingeleitet und
  • in 2 von den Verfahren die Klagen der Investoren zugunsten Spaniens entschieden worden sind.


Sieg Spaniens gegen Charanne and Construction Investment

Das 2012 eingeleitete Verfahren wurde mit dem Erlass des finalen Schiedsurteils vom 21. Januar 2016 beendet. Damit wurden alle von den Investoren geltend gemachten Ansprüche als unbegründet abgewiesen. Der Grund für die Abweisung kann jedoch sein, dass die Investoren sich in ihrer Klage nur über 2 Regelungen Spaniens im Bereich der Solarenergie beklagt haben, d.h. Königsdekret 1565/2010 vom 19. November („RD 1565/2010”) und Königsdekret-Gesetz 14/2010 vom 23. Dezember („RDL 14/2010”). Alle späteren Änderungen des rechtlichen Rahmens für die Investitionen im Bereich der Solarenergie – insbesondere diejenigen, die 2012 bis 2013 stattgefunden haben – unterlagen somit nicht der Kontrolle des Schiedsgerichts.
 

Keine indirekte Enteignung der Anteile an der Spanischen Tochtergesellschaft der Investoren

Erstens konnte das Tribunal keine indirekte Enteignung der Anteile an der T-Solar erkennen. Es gab zwar zu, dass die Einführung der RD 1565/2010 und RDL 14/2010 die Rentabilität der T-Solar wesentlich hat einschränken können, aber diese Einschränkung der Rentabilität kommt nach Auffassung des Tribunals nicht einer Enteignung der Anteile gleich.
 

Keine Verletzung des Rechts auf effektive Rechtsbehelfe gegen staatliche Maßnahmen

Zweitens beschwerten sich die Investoren über den Mangel an effektiven Rechtsbehelfen in der spanischen Rechtsordnung, die gegen RDL 14/2010 eingelegt werden könnten. Das Schiedsgericht erkannte jedoch keine Verletzung, zumal RDL 14/2010 vor einem ordentlichen Gericht beanstandet werden kann, das sich seinerseits in Fragen potenzieller Verfassungswidrigkeit an das Verfassungsgericht wenden kann. Jeder Investor kann auch nach Erfüllung bestimmter gesetzlicher Bedingungen Spanien auf Schadenersatz verklagen.
 

Keine Verletzung des Gebots der Schaffung stabiler, gerechter, günstiger und transparenter Bedingungen im Bereich der Solarenergie und keine Verletzung des Prinzips einer fairen und gerechten Behandlung

Drittens fand das Schiedsgericht, dass die beanstandeten Regelungen von RD 1565/2010 und RDL 14/2010 nicht gegen das Gebot verstoßen haben, im Energiebereich stabile, gerechte, günstige und transparente Bedingungen für Investoren zu schaffen. Die Frage, ob dieses Gebot verletzt wurde, könne nur nach einer gründlichen Überprüfung aller bis heute erfolgten Eingriffe in den rechtlichen Rahmen der Solarenergieinvestitionen beantwortet werden. Die Regelungen der RD-1565/2010 und RDL 14/2010 alleine verstießen nicht gegen das Gebot.
 
Viertens und letztens warfen die Investoren Spanien vor, das Prinzip der gerechten und billigen Behandlung verletzt zu haben. Das Schiedsgericht hat alle Behauptungen der Investoren, eine nach der anderen, abgewiesen.
 
Das Schiedsgericht stellte fest, dass die Investoren keine legitimierten Erwartungen hätten haben können, da der relevante rechtliche Rahmen sich nicht zu Ungunsten ihrer Solarinvestitionen ändern werde. Es gebe keine spezifischen Versprechen des spanischen Staates, auf die man sich habe verlassen können. Ein sorgfältig handelnder Investor, der eine Due Diligence der relevanten spanischen Regelungen durchgeführt hätte, hätte feststellen müssen, dass die Änderungen des Einspeisesystems vorhersehbar waren.
 
Des Weiteren ist das Schiedsgericht zu der Schlussfolgerung gekommen, dass Spanien den rechtlichen Rahmen für die Solarinvestitionen nicht auf eine unangemessene, disproportionale, gegen öffentliches Interesse verstoßende Art und Weise geändert habe. Die Gesetzesänderungen seien nicht willkürlich gewesen. Die Hauptelemente der Einspeisevergütung seien durch die Regelungen von RD 1565/2010 und RDL 14/2010 nicht abgeschafft worden.
 

Sieg Spaniens gegen Isolux Infrastructure

Das 2013 durch Isolux Infrastructure eingeleitete Schiedsverfahren ist vertraulich und somit sind jegliche Entscheidungen in der Sache nicht öffentlich zugänglich. In der spanischen Presse wird jedoch berichtet, dass auch die Klage dieses Investors gegen Spanien abgewiesen wurde. Gemäß der Tageszeitung El Confidencial habe Isolux in seiner Klage im Unterschied zu Charanne and Construction Investment auch zusätzlich die Rechtsmäßigkeit der von Spanien eingeführten 7 Prozent Steuer auf Einnahmen von Energieerzeugern beanstandet1. In beiden Fällen handelt es sich um eine und dieselbe Kapitalgruppe, wahrscheinlich auch um dieselbe Investition in Spanien. Da es hierzu jedoch zu wenige öffentlich zugängliche Informationen gibt, kann man über die Gründe für die Abweisung der Klage nur mehr oder weniger zutreffend spekulieren.
 

Zuständigkeitsentscheidung des Schiedsgerichts im Fall RREEF Infrastructure gegen Spanien

Das Schiedsgericht in dem Verfahren hat am 6. Juni 2016 eine Zuständigkeitsentscheidung erlassen. Darin bejahte es seine Zuständigkeit, über die Ansprüche des Investors zu entscheiden. Wie in allen öffentlich bekannten Investitionsschutzverfahren wurde das Argument des Gaststaates abgewiesen, dass das Schiedsgericht aufgrund der Energiecharta nicht zuständig sei, über Investitionsstreitigkeiten zwischen EU-Investoren und EU-Mitgliedsländern zu entscheiden. Das finale Schiedsurteil in der Sache ist noch abzuwarten.
 

Ergangene Urteile als Richtungsentscheidungen für übrige Solarschiedsverfahren?

Die Schiedsgerichte in den übrigen Solarverfahren sind nicht an die bereits ergangenen Entscheidungen anderer Schiedsgerichte gebunden. In der Praxis beruft man sich aber auf solche Entscheidungen, um seine eigene Meinung zu begründen. Das bedeutet jedoch nicht, dass es keine Abweichungen von den bisherigen Schiedsurteilen geben kann.
 
Zuerst ist sinnvollerweise zu erwarten, dass die übrigen Schiedsgerichte in den spanischen Solarverfahren das Argument von Spanien, die auf der Energiecharta gestützten Klagen von EU-Investoren gegen das EU-Mitgliedstaat Spanien seien abzulehnen, nicht anerkennen wird. Das ergibt sich daraus, dass das Argument einfach rechtlich nicht nachvollziehbar ist. Zweitens gibt es keine öffentlich zugänglichen Schiedsentscheidungen, die diesem Argument gefolgt sind.
 
Diejenigen Investoren, die ihre Schiedsverfahren nach 2012 eingeleitet haben, haben potenziell viel bessere Chancen nachzuweisen, dass die Gesetzesänderungen im Bereich der Solarenergie ihre Investitionen permanent unrentabel gemacht haben, so dass ihre Solarinvestitionen ihren Wert verloren haben und als enteignet gelten.
 
Des Weiteren haben dieselben Investoren es auch viel einfacher, nachzuweisen, dass die seit 2010 erfolgten Gesetzesänderungen gegen das Gebot der Schaffung stabiler, gerechter, günstiger und transparenter Bedingungen für die Investitionen im Energie Bereich verstoßen. Das Schiedsgericht hat in Sachen Charanne and Construction Investment nur die 2010 erlassenen Änderungen des Einspeisesystems überprüft. Die späteren Änderungen unterlagen nicht der Kontrolle des Schiedsgerichts.
 
Drittens lässt sich bei den späteren staatlichen Eingriffen in die Einspeisevergütung viel leichter argumentieren, dass sie nicht angemessen und disproportional gewesen sind und damit das Gebot einer fairen und gerechten Behandlung von Investitionen verletzt haben.
 
Viertens ist es nicht ausgeschlossen, dass ein oder mehrere Schiedsgerichte entgegen der Meinung des Schiedsgerichts im Charanne and Construction Investment Fall zu der Schlussfolgerung gelangen, dass Spanien durch seine Änderungen des Einspeisesystems die legitimierten Erwartungen ausländischer Investoren verletzt hat. Es gibt Beispiele in der Jurisprudenz der Investitionsschutzgerichte sowie in der Doktrin, die anerkennen, dass legitimierte Erwartungen auch durch die staatliche Rechtsordnung geschafft werden können, die im Moment der Investitionstätigung in Kraft war2. Der Meinung hat sich auch Schiedsrichter Tawil in seinem Sondervotum zu dem Mehrheitsurteil in Sachen Charanne and Construction Investment angeschlossen.
  



1 http://www.elconfidencial.com/empresas/2016-07-13/laudo-espana-arbitraje-internacional-recorte-renovable_1232050/

2 UNCTAD Fair and Equitable Treatment, 2010, S. 69; Total v. Argentina, ICSID No. ARB/04/01, Zuständigkeitsentscheidung vom 27. Dezember 2010, Rdnr. 119-121; Rudolph Dolzer und Christoph Christoph Schreuer „Principles of International Investment Law”, OUP 2012 S. 145.  

 

zuletzt aktualisiert am 20.10.2016

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