Besondere Ausgleichsregelung: BAFA kündigt Kulanz bei Ausschlussfrist aufgrund von Coronavirus-Krise an

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​veröffentlicht am 01. April 2020

 

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat einen Hinweis zur materiellen Ausschlussfrist erteilt. Tritt aufgrund der Coronavirus-Krise der Fall ein, dass eine vollständige Antragsstellung mit allen fristrelevanten Unterlagen bis zum 30.06.2020 nicht erfolgen kann, wird das BAFA dies als sogenannte „höhere Gewalt” werten und Nachsicht gewähren. Das BAFA wird dies aber nicht zeitlich unbegrenzt tun und die Umstände hinterfragen.

 

Worum geht es?

Das BAFA hat am 20.03.2020 einen Hinweis zur materiellen Ausschlussfrist für das laufende Antragsjahr 2020 erteilt. Danach ist sich das BAFA bewusst, dass die Auswirkungen der Coronavirus-Krise die Einhaltung der materiellen Ausschlussfrist am 30.06.2020 unmöglich machen könnten. Sollte eine ordnungsgemäße Antragsstellung nicht innerhalb der Frist möglich sein, so werde das BAFA diese Umstände als sog. „höhere Gewalt” werten und Nachsicht gewähren.

 

Was gilt im Regelfall?

Stromkostenintensive Unternehmen haben gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 EEG 2017 den Antrag auf Begrenzung der EEG-Umlage im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung nach §§ 63ff. EEG 2017 im aktuellen Antragsjahr bis zum 31.06.2020 zu stellen. Hierbei handelt es sich um eine sog. „materielle Ausschlussfrist”. Dies bedeutet, dass stromkostenintensive Unternehmen ihren Anspruch auf Begrenzung der EEG-Umlage trotz Erfüllung aller übrigen Voraussetzungen der Besonderen Ausgleichsregelung verlieren, wenn sie den Antrag nicht fristgerecht oder nicht ordnungsgemäß stellen.


Zur ordnungsgemäßen Antragsstellung gehören u.a. die Einreichung eines Wirtschaftsprüfervermerks und einer Zertifizierungsbescheinigung über ein Energiemanagementsystem. Hierbei handelt es sich um sog. „fristrelevante Unterlagen”.

 

Wann wird Nachsicht gewährt?

Dennoch gibt es ausnahmsweise die Möglichkeit der sog. „Nachsichtgewährung”, sollte der Antrag nicht fristgerecht oder nicht ordnungsgemäß gestellt werden können. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind hierfür folgende Fälle anerkannt worden:

 

  • Fristversäumnis ist auf staatliches Fehlverhalten bei der Anwendung von Rechtsvorschriften zurückzuführen, ohne deren korrekte Beachtung das betroffene Unternehmen seine Rechte nicht wahren kann und wenn darüber hinaus durch die Berücksichtigung der verspäteten Handlung der Zweck des Gesetzes nicht verfehlt würde;
  • Fristversäumnis aufgrund von sog. „höherer Gewalt”.

 

Anforderungen der Rechtsprechung

Eine mit der derzeitigen Coronavirus-Krise vergleichbare Situation hatte die bundesdeutsche und damit auch die EEG-spezifische Rechtsprechung noch nicht zu beurteilen. Bisher hatte sich das Bundesverwaltungsgericht in diesem Kontext lediglich mit Fragen zur rechtzeitigen Zustellung zu beschäftigen (u.a. BVerwG, Urt. v. 10.12.2013, 8 C 24/12).


Unter „höherer Gewalt” wird ein Ereignis verstanden, das unter den gegebenen Umständen auch durch die größte nach den Umständen des konkreten Falles vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe – namentlich unter Berücksichtigung seiner Lage, Bildung und Erfahrung – zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte (BVerfG, Beschl. v. 16.10.2007, 2 BvR 51/05).


Nach diesem Maßstab handelt es sich für stromkostenintensive Unternehmen bei der Coronavirus-Krise in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des BAFA um „höhere Gewalt”.

 

Das BAFA macht Einschränkungen

Die Rechtsprechung macht aber auch deutlich, dass es bei „höherer Gewalt” immer auf die Umstände des Einzelfalles ankommt. So schränkt auch das BAFA in seiner Mitteilung vom 20.03.2020 die Nachsichtgewährung ein.


Die ordnungsgemäße Antragsstellung muss unverzüglich durch das stromkostenintensive Unternehmen nachgeholt werden und das Unternehmen muss dem BAFA die Umstände mitteilen, warum die Auswirkungen der Coronavirus-Krise die fristgerechte Antragsstellung unmöglich machten.
Insofern müssen stromkostenintensive Unternehmen den Kausalzusammenhang zwischen Verzögerung bei der Erstellung der Wirtschaftsprüferbescheinigung oder Zertifizierung und Corona-Pandemie dokumentieren bzw. ihre Wirtschaftsprüfer und Zertifizierer hierzu anhalten. Krankheitsatteste, unternehmensinterne Weisungen oder behördliche Verfügungen können hier geeignete Nachweismittel sein. Der ohnehin schon bürokratische Aufwand und die mit der fehlenden Bestimmtheit der Begriffe „unverzüglich” und „Kausalzusammenhang” verbundene Rechtsunsicherheit wird deshalb nochmals erhöht. Mit einer pauschalen Fristverlängerung wäre der Branche deshalb zweckmäßiger geholfen worden – aber hier ist sicherlich auch noch nicht das letzte Wort der Corona-Hilfsmaßnahmen gesprochen worden.

 

Fazit

Die Coronavirus-Krise ist in der Geschichte der Bundesrepublik eine bisher einmalige Sondersituation. Das BAFA handelt mit seiner Mitteilung richtig und weist stromkostenintensive Unternehmen auf die Möglichkeit der Nachsichtgewähr hin.


Hierbei handelt es sich aber nicht um einen „Blanko-Scheck” zur Versäumung der materiellen Ausschlussfrist. Die Umstände einer jeden Fristversäumnis muss das einzelne stromkostenintensive Unternehmen dem BAFA mitteilen und im Streitfall darlegen und beweisen können. Zudem muss alles daran getan werden, die eventuell fehlende Wirtschaftsprüferbescheinigung und Zertifizierungsbescheinigung schnellstmöglich nachzureichen.


Unerwähnt lässt das BAFA im Übrigen die materielle Ausschlussfrist für neu gegründete Unternehmen gemäß § 66 Abs. 3 EEG 2017.

 

 


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