Arbeitnehmerüberlassungsgesetz: Haftungsrisiken beim Fremdpersonaleinsatz

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zuletzt aktualisiert am 6. Februar 2019


Die Arbeitnehmerüberlassung ist eine „Dauerbaustelle” im nationalen wie im internationalen Recht. Insbesondere die europarechtlichen Anforderungen der Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG werfen Fragen im Hinblick auf die Zulässigkeit nationalen Rechts auf.

 


Entwicklung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG)

Innerhalb der AÜG-Reform 2011 wurde das Tatbestandsmerkmal „vorübergehend” eingefügt, um den durch die Leiharbeitsrichtlinie vorgegebenen Charakter der Arbeitnehmerüberlassung zum Ausdruck zu bringen. Die zeitliche Komponente des Merkmals „vorübergehend” hat dabei für den Rechtsanwender Schwierig­keiten aufgeworfen, die bisher weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene geklärt werden konnten.
 
Das beruhte zum einen darauf, dass sich das Bundesarbeitsgericht bisher nicht veranlasst sah, aus­drück­lich Stellung zu beziehen oder gar den EuGH anzurufen. Zum 1. April 2017 ist das „Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze” in Kraft getreten. Eine wesentliche Änderung ist die Begrenzung der Überlassung auf 18 Monate. Abweichungen sind nur durch Tarifverträge der Einsatzbranche möglich.
 

„Scheinwerkverträge” und illegale Arbeitnehmerüberlassung

Doch auch unabhängig von der zeitlichen Komponente birgt das AÜG erhebliche – insbesondere finanzielle – Risiken für den Entleiher:
 
Schließt ein Unternehmen mit einem anderen Unternehmen etwa Dienst- oder Werkverträge ab, ist zunächst sicherzustellen, dass diese die rechtlichen Anforderungen des Vertragstyps erfüllt. Ist das nicht der Fall und stellt sich der Fremdpersonaleinsatz also tatsächlich als Arbeitnehmerüberlassung heraus, so ist zunächst abzuklären, ob es dafür einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis bedurfte: Fehlt es an einer solchen Erlaubnis, spricht man von einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung. Rechtsfolge ist neben der Fiktion eines Arbeits­ver­hält­nisses zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher die Gesamtschuldnerschaft von Verleiher und Entleiher in Hinblick auf die Zahlungspflicht gegenüber dem Arbeitnehmer. Im Zuge der Gesetzesänderung zum 1. April 2017 ist es auch nicht mehr möglich, eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis für den Fall vorzuhalten, dass ein ursprünglich als Dienst-/Werkvertrag geplanter Einsatz nachträglich als erlaubnispflichtige Arbeit­nehmer­überlassung eingestuft wird. Das Gesetz verlangt die ausdrückliche Bezeichnung als Arbeit­nehmer­überlassung im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag.
  
Zusätzlich zu den im AÜG geregelten Rechtsfolgen hat eine (illegale) Arbeitnehmerüberlassung nicht nur arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen, sondern kann gar strafrechtliche Relevanz (§ 266a StGB) haben, mind. aber eine Ordnungswidrigkeit darstellen.
 
Den beteiligten Parteien werden solche Rechtsfolgen häufig erst bei sozialversicherungsrechtlichen und steuerlichen Betriebsprüfungen, in denen illegale Arbeitnehmerüberlassungen aufgedeckt werden, bewusst. Hohe Nachforderungen können für das entleihende Unternehmen existenzbedrohende Ausmaße erreichen, insbesondere dann, wenn der Verleiher seinen Pflichten in der Vergangenheit nicht nachgekommen ist.
 

Arbeitnehmerüberlassung im internationalen Kontext

Eine zusätzliche Dimension erhält diese Thematik, wenn der Fremdpersonaleinsatz im internationalen Kontext steht. Risikobehaftet sind hier insbesondere Konstellationen, bei denen Fremdpersonal aus dem Ausland in Deutschland beschäftigt wird und den ausländischen Verleihern die Notwendigkeit mind. einer deutschen Arbeit­nehmer­über­lassungs­erlaubnis nicht bekannt ist oder diese fälschlicherweise für nicht erforderlich gehalten wird. Aber auch Fremdpersonaleinsätze im Ausland können je nach Fallgestaltung nicht nur das deutsche AÜG, sondern auch ausländische Vorschriften zur Arbeitnehmerüberlassung berühren.
 
Nicht selten stehen sowohl deutsche als auch ausländische Unternehmen vor dem Problem, nicht nur deutschen sondern auch ausländischen Anforderungen, die sich häufig nicht miteinander vereinbaren lassen, nachkommen zu müssen.
 

Risikominimierung und Gestaltungsmöglichkeiten

Zur Risikominimierung sollten sämtliche Vertragsgestaltungen, die auf einen Fremdpersonaleinsatz abzielen, sorgfältig auf das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung untersucht werden. Nur durch eine umfassende Prüfung des Sachverhalts können Haftungsfallen vermieden werden, die andernfalls die unternehmerische Existenz bedrohen können.

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