Oberstes Gericht zum Thema Vorabausschüttung

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Wenn Sie planen, Vorabgewinne auszuschütten, oder Sie in den letzten Jahren über die Vornahme einer Vorabausschüttung entschieden haben, oder von einer solchen Entscheidung betroffen waren, sollten Sie nun auch die jüngste Rechtsprechung des Obersten Gerichts berücksichtigen.


Am 9. März 2022 erließ das Oberste Gericht der Tschechischen Republik unter dem Aktenzeichen 27 Cdo 3330/2020 eine Entscheidung, in der es sich mit den rechtlichen Aspekten von Vorabausschüttungen in einer Aktiengesellschaft befasste.
Die Entscheidung, dass eine Gesellschaft an Aktionäre Vorabgewinne auszahlt, muss von dem dafür zuständigen Organ getroffen werden. Das Gesetz überträgt diese Entscheidung jedoch keinem konkreten Organ ausdrücklich, so dass in Fällen, in denen die Satzung „schweigt“, der Vorstand (bei einem dualistischen System) oder der Verwaltungsrat (bei einem monistischen System) zuständig ist. Das oberste Gericht hat bereits früher entschieden, dass die Entscheidung einer Gesellschaft, eine Vorabausschüttung vorzunehmen, nicht zum Aufgabenbereich der Geschäftsführung gehört und daher das Verbot nicht greift, dass die Hauptversammlung Weisungen betreffend die Geschäftsführung erteilt. Daraus folgt, dass die Hauptversammlung den Vorstand (Verwaltungsrat) anweisen kann, die Vornahme einer Vorabausschüttung zu beschließen. Vorabgewinne können erst zur Auszahlung kommen, wenn Eröffnungsgründe einer Insolvenz und Ausschüttungssperren geprüft wurden.

Vor dieser Entscheidung herrschte Unklarheit darüber, ob die Organe einer Aktiengesellschaft befugt sind, über eine Vorabausschüttung zu entscheiden. Das oberste Gericht stellte fest, dass die Entscheidung über eine Vorabausschüttung dem obersten Organ der Gesellschaft übertragen werden kann, ließ aber die Frage offen, ob eine solche Lösung praktisch ist. Ferner führte das Oberste Gericht aus, dass der Vorstand trotz der Zuständigkeit der Hauptversammlung für die Entscheidung über eine Vorabausschüttung verpflichtet bleibt, zu prüfen, ob die Entscheidung über die Vorabausschüttung rechtmäßig und durchführbar ist, d.h. ob ein Vorabgewinn ausgezahlt werden kann, insbesondere im Hinblick auf die Prüfung von Eröffnungsgründen und Ausschüttungssperren.

Das Oberste Gericht bestätigte, dass es für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Vorstandes (Verwaltungsrates) über eine Vorabausschüttung nicht darauf ankommt, ob die Aktiengesellschaft über freie Mittel für die Ausschüttung eines Vorabgewinns verfügt oder nicht. Ausschlaggebend für diese Entscheidung ist der auf Grundlage einer Prüfung von Eröffnungsgründen und Ausschüttungssperren berechnete und in einem Zwischenabschluss ausgewiesene Betrag der Mittel. Dieser Betrag stellt die Obergrenze für die mögliche Vorabausschüttung dar.

Unklarheit herrschte auch in Bezug auf den Charakter des Beschlusses der Hauptversammlung über eine Vorabausschüttung, wenn die Satzung der Hauptversammlung diese Befugnis nicht einräumt. Dabei kann es sich entweder um eine Anweisung der Hauptversammlung an den Vorstand, oder um eine Entscheidung außerhalb der Zuständigkeit der Hauptversammlung oder um eine einmalige „Verletzung“ der Satzung handeln. Wenn der Beschluss der Hauptversammlung über eine Vorabausschüttung den Charakter eines Beschlusses über eine Angelegenheit hat, die nicht in die Zuständigkeit der Hauptversammlung fällt, würde er als nicht gefasst gelten. Nach Auffassung des Obersten Gerichts ist der Charakter des Beschlusses der Hauptversammlung der Gesellschaft über eine Vorabausschüttung in jedem Einzelfall zu prüfen. Das Oberste Gericht führt weiter aus, dass die Voraussetzungen für einen Beschluss der Hauptversammlung, der einen einmaligen „Bruch“ der Satzung darstellt, darin bestehen, dass der Beschluss notariell beurkundet wird und dass der Beschluss mit der für eine entsprechende Satzungsänderung erforderlichen Stimmenmehrheit gefasst wird.

In Anbetracht der vorstehenden Schlussfolgerungen des Obersten Gerichts erachten wir es als angezeigt, auch dessen Schlussfolgerungen zur Art der Vorabausschüttung zu erwähnen. Liegen die gesetzlichen (oder auch satzungsmäßigen) Voraussetzungen vor, haben die Aktionäre einen Anspruch auf einen Vorabgewinn, der zum einen eine Forderung bzw. einen Anspruch des Aktionärs gegen die Gesellschaft und zum anderen eine entsprechende Verpflichtung der Gesellschaft zur Auszahlung des Vorabgewinns darstellt. Zu diesen Voraussetzungen gehört auch die Entscheidung des zuständigen Organs der Aktiengesellschaft über die Vorabausschüttung. Dieser Beschluss stellt (als Rechtshandlung der Gesellschaft) die Rechtsgrundlage dar, auf der ein Schuldverhältnis entsteht, deren Inhalt das Recht des Aktionärs (als des Gläubigers) auf den Erhalt eines Vorabgewinns (Forderung) und die Verpflichtung der Gesellschaft (als des Schuldners) zur Zahlung des Vorabgewinns (Schuld) ist. Das Oberste Gericht wies die Rechtsauffassung zurück, wonach die Entscheidung des zuständigen Organs der Gesellschaft über die Vornahme einer Vorabausschüttung kein Schuldverhältnis begründet und es allein im Ermessen des Vorstands liegt, ob, in welcher Höhe und an welchen Aktionär ein Vorabgewinn gezahlt wird.

Wenn Sie von diesem Thema betroffen sind und mehr darüber erfahren möchten, insbesondere über die Möglichkeiten der Beschlussfassung über eine Vorabausschüttung, über eine Änderung der Satzung oder des Gesellschaftsvertrages und über eine Überprüfung früherer Beschlüsse über eine Vorabausschüttung, können Sie sich vertrauensvoll an uns wenden. Mit unseren Kollegen aus der Wirtschaftsprüfung können wir Sie gerne auch bei der Prüfung von Eröffnungsgründen und Ausschüttungssperren unterstützen.

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JUDr. Petra Budíková, LL.M.

Attorney at Law (Tschechische Rep.)

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