Änderung des chinesischen Markenrechts

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zuletzt aktualisiert am 7. August 2019 | Lesedauer ca. 4 Minuten

von Christina Gigler

 

Der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses hat am 23. April 2019 die vierte Änderung des Markengesetzes der Volksrepublik China (nachfolgend „TML”) beschlossen, die am 1. November 2019 in Kraft treten wird.

 

  

Wesentliche Änderung des Markenrechts

Die Neuregelung des TML bietet neue Instrumente gegen Verletzungen des geistigen Eigentums (Intellectual Property), die von ausländischen sowie inländischen Unternehmen und Markeninhabern seit langem erwartet werden.

 

 

Bösgläubige Anträge

Die bahnbrechendste Änderung ist wahrscheinlich die Ergänzung von Art. 4 Abs. 1 TML, die ausdrücklich besagt, dass ein Antrag auf Eintragung einer bösgläubigen Marke, die nicht für die tatsächliche Benutzung bestimmt ist, abgelehnt wird. Basierend auf Art. 19 Abs. 3 TML kann eine Markenagentur bereits in der Prüfungsphase proaktive Maßnahmen ergreifen und darf solche bösgläubigen Marken nicht akzeptieren, wenn sie weiß oder hätte wissen müssen, dass die Marke nicht zur Benutzung bestimmt ist.

 

Dementsprechend wurde in Art. 33 und 44 TML ein neuer Grund für den nachträglichen Widerspruch und die Ungültigkeitserklärung hinzugefügt. Jede Partei (nicht nur ein Inhaber früherer Rechte oder ein Interessent), die der Ansicht ist, dass eine Marke eine solche Verletzung darstellt, kann innerhalb von drei Monaten nach der Vorankündigung der Marke Einwände gegen das China Trademark Office (nachfolgend „CTMO”) erheben, was für nicht eingetragene Markeninhaber eine Klagegrundlage darstellt. Darüber hinaus wird eine eingetragene Marke von der CTMO für ungültig erklärt, wenn sie eine bösgläubige Marke darstellt.

 
Doch damit nicht genug – auch die Haftung der Markenagenturen für die Unterstützung bösgläubiger Markenanmeldungen und -eintragungen wird verstärkt. Wer böswillig die Markeneintragung beantragt, wird unter Berücksichtigung der Umstände mit einer Verwarnung, einer Geldstrafe oder einer anderen Verwaltungsstrafe belegt.

 

Darüber hinaus unterliegen böswillige Prozessparteien eines markenrechtlichen Verfahrens der Bestrafung durch das Volksgericht. Obwohl vage formuliert, bezieht sich diese Bestimmung wahrscheinlich auf die bestehende Praxis, dass Markenbesetzer Verfahren gegen Markeninhaber führen, um hohe Lizenzgebühren einzuziehen oder lukrative Vergleiche abzuschließen.

  

Höhere Schadenssumme

Nach dem neuen Art. 63 Abs. 1 und 3 TML erhöht sich der direkte Schadenersatz für böswillige Verletzungen von „nicht weniger als einmal, aber nicht mehr als dreimal...” auf „nicht weniger als einmal, aber nicht mehr als fünfmal”. Die Bestimmung des Betrags richtet sich entweder nach dem tatsächlichen Verlust des Rechts­inhabers, nach dem Gewinn des Rechteverletzers oder nach einem Vielfachen der Markenlizenzgebühren. Darüber hinaus erhöht sich auch der gesetzliche Schadenersatz den das Volks­gericht verhängen kann von „bis zu drei Millionen RMB” (rund 390.000 EUR) auf „bis zu fünf Millionen RMB” (rund 650.000 Euro). 

 

Vernichtung von gefälschten Waren, Materialien und Werkzeugen

Schließlich befasst sich das überarbeitete TML mit einem Thema, das in der Vergangenheit kontrovers diskutiert wurde. Nach dem neuen Art. 63 Abs. 4 TML ordnet das Volksgericht auf Antrag des Marken­inhabers den Mar­ken­ver­letzer an, die Waren sowie die Materialien und Werkzeuge, die hauptsächlich für die Herstellung der gefälschten (Marken-)Ware verwendet wurden, zu vernichten. Eine Entschädigung für den Marken­verletzer wird nicht gezahlt.

 

Darüber hinaus darf keine der mit gefälschten Marken versehenen Waren nach der reinen Entfernung dieser in den Handel gelangen. Das ist in der Tat eine bedeutende Änderung und Verbesserung für die Opfer von Ver­stößen, denn nach dem bisherigen Recht konnten Waren, die als verletzend oder nachgeahmt galten, wieder in den Markt gelangen, wenn die verletzenden Marken von den Waren entfernt wurden. Das wiederum führte durch den weiteren Verkauf der Produkte zu anhaltenden Gewinnen für den Marken­verletzter.

 

Noch ungewiss

Da die Durchführungsbestimmungen für das neue TML noch nicht veröffentlicht sind, bleiben einige Aspekte der Auslegung und praktischen Umsetzung bis auf weiteres unklar. So ist es beispielsweise bei der Be­kämpfung bös­gläubiger Marken noch ungewiss, ob es sich bei den beiden im neuen TML genannten Aspek­ten „bösgläubige Marke” und „nicht zur Benutzung bestimmt” um kumulative Bedingungen handelt oder ob „nicht zur Benutzung bestimmt” nur ein Beispiel für eine bösgläubige Marke ist.

 

Interessanterweise hat die China National Intellectual Property Administration am 12. Februar 2019 die Bestimmungen zur Regelung der Anmeldung und Registrierung von Marken (im Folgenden „Entwurf”) veröffentlicht, die darauf abzielen, konkrete Rechtsgrundlagen und Normen zur Eindämmung bösgläubiger Marken zu schaffen. Insb. Art. 3 des Entwurfs listet eine Reihe von Rechtsakten auf, die als „abnor­male Anmeldung zur Markeneintragung” angesehen werden. Einer der gelisteten Punkte lautet: „Der An­meldung zur Markeneintragung fehlt eine tatsächliche Absicht, die Marke zu benutzen, und es besteht keine tatsächliche Notwendigkeit, das Recht auf ausschließliche Nutzung der Marke für eine Ware oder Dienst-leistung zu er­halten.”

 

Jedoch ist das Verhältnis zwischen dem neuen TML und dem Entwurf nicht ganz klar. Wird der Entwurf zu Vergleichs- und Auslegungszwecken verwendet, könnten u.a. folgende weitere – in Art. 3 des Entwurfs genannten – Punkte als Beispiele für „Bösgläubigkeit” angesehen werden:
  • Im Voraus die Eintragung einer Marke ersuchen, die von anderen benutzt wird oder wurde und einen gewissen Einfluss hat, und den guten Willen anderer missbrauchen;
  • oder die wiederholte Anmeldung einer Marke beantragen, offensichtlich mit unzulässigen Zwecken.
Darüber hinaus ist ungewiss, inwieweit die CTMO den Nachweis von Bösgläubigkeit oder der beabsichtigten Benutzung der Marke verlangt, insb. welche Beweise erforderlich sind und wie hoch die Hürde für aus­reichende Beweise sein wird. Es ist jedoch davon auszugehen, dass das „Horten” von Marken höchst­wahrscheinlich als bösgläubige Marken­anmeldung bzw. -registrierung angesehen wird.

 

Fazit

Trotz der an sich positiven Entwicklung bleiben einige Unsicherheiten bei der Durchsetzung der neuen Be­stimmungen bestehen. Wir werden die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen und gehen davon aus, dass die Durchführungs­bestimmungen vor dem Inkrafttreten des neuen TML Licht ins Dunkel bringen und einige der oben genannten Aspekte klären werden.
 
Allerdings muss auch damit gerechnet werden, dass die Durchführungsbestimmungen nicht zur Klärung bei­tragen, da diese oft vage oder bruchstückhaft formuliert sind. Das bedeutet, dass in der Praxis oft nur die Um­setzung der neuen Bestimmungen durch die lokalen Behörden von Bedeutung ist, die sich erst nach einem ge­wissen Anpassungszeitraum verfestigen und konsolidieren.

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