Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers in Deutschland in Zeiten des Coronavirus

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zuletzt aktualisiert am 6. Februar 2020 | Lesedauer ca. 2 Minuten

  

In der globalisierten Arbeitswelt gehören Auslandstätigkeiten für viele Beschäftigte inzwischen zum Alltag. Eine Verunsicherung tritt bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern dann auf, wenn Krankheitsausbrüche in bestimmten Ländern die Sicherheit am Arbeitsplatz und das allgemeine Wohl des Arbeitnehmers in Frage stellen.
 

 

 
Unabhängig davon, ob es sich um eine Dienstreise von wenigen Tagen handelt oder um eine längerfristig ge­plante Auslandstätigkeit, die Fürsorgepflicht des Arbeit­gebers sollte in diesem Zusammenhang bedacht werden.
 

Unter Fürsorgepflicht im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB wird in diesem Zusammenhang eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis verstanden, wonach der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen hat, dass die körperliche Integrität, die Vermögensinteressen und das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers sowie seine in den Betrieb eingebrachten Eigentümer nicht verletzt werden. Geschieht dies nicht, kann ein Zurück­behal­tungs­recht des Arbeitnehmers an seiner Arbeitsleistung in Betracht kommen und auch Schadenersatzansprüche gegen den Arbeitgeber können hieraus resultieren.
 

Auch während einer Entsendung, hier synonym für eine längerfristige Auslandstätigkeit verwendet, und bei Dienstreisen besteht weiterhin eine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Diese kann abgeschwächt sein, der konkrete Rahmen muss aber in jedem Einzelfall sorgfältig bedacht und erfüllt werden.
 
Im Rahmen internationaler Mitarbeitereinsätze werden deutsche Arbeitsverhältnisse häufig ruhend gestellt und lokale Arbeitsverhältnisse nach ausländischem Recht abgeschlossen. Auch im Rahmen eines ruhend gestellten Arbeitsverhältnisses bestehen Fürsorgepflichten. Fraglich ist jedoch, wie sich diese sich zu etwaig kollidierenden Pflichten aus dem ausländischen Arbeitsverhältnis verhalten. Ein Rückruf in einer solchen Konstellation könnte als Verleitung zum Vertragsbruch gesehen werden, wenn der Arbeitnehmer diesem Folge leistet, obwohl er aus dem ausländischen Arbeitsverhältnis zur Arbeitsleistung verpflichtet ist.
 

Auswirkungen in Zeiten von Coronavirus

In vielen Fällen werden sich mit Blick auf das Coronavirus gerade verschiedene Fragestellungen ergeben: Sollten Mitarbeiter aus China zurückgeholt werden? Und falls ja, kann man diese Mitarbeiter bedenkenlos in den deutschen Betrieb integrieren oder verletzt man damit eine Fürsorgepflicht gegenüber den anderen Mitarbeitern, wenn man diese einem möglichen Ansteckungsrisiko aussetzt? Ist es noch vertretbar, Dienstreisen und Entsendungen nach oder aus China anzusetzen?
 

Aktuell besteht nur eine Teilreisewarnung für die Provinz Hubei, nicht aber eine Reisewarnung für China an sich. Diverse Fluggesellschaften haben Flüge nach China aber bereits ausgesetzt.
 

Grundsätzlich sind Warnungen des Auswärtigen Amtes für Arbeitgeber ein guter Anhaltspunkt: Einen Mit­arbeiter trotz ausdrücklicher Reisewarnung in ein betroffenes Gebiet zu schicken, ist unter Fürsorgegesichtspunkten nicht vertretbar.
 

Sind Leib oder Leben im Gastland konkret in Gefahr, ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber dem Mitarbeiter die Rückkehr nach Deutschland ermöglichen sollte.
 

Zudem sehen Entsendevereinbarungen und Expat Policies Warnungen des Auswärtigen Amtes im Rahmen von Rückrufrechten als Indikator heran und räumen betroffenen Mitarbeitern auch in diesem Fall ein Rückkehrrecht ein.
 

Hinsichtlich jetzt geplanter Einsätze nach China sollte eine sorgfältige Abwägung stattfinden und zwar mit Blick auf die Einsatzregion und die Möglichkeit, die Tätigkeit zeitlich nach hinten zu verschieben. Zudem sollte die Lage überwacht und mit bereits vor Ort tätigen Mitarbeitern Rücksprache gehalten werden, insbesondere wie sich die medizinischen Versorgung am Einsatzort darstellt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang ein ausreichender Krankenversicherungsschutz, der alle Behandlungskosten abdeckt und ggf. auch (medizinisch notwendige) Rücktransporte ins Heimatland mit absichert.
 

Jeder Einzelfall muss sorg­fältig geprüft werden. Weder sollten hier voreilig Ent­scheidungen getroffen werden, noch zu lange abgewartet werden, wenn die Rahmen­umstände des Einzelfalls ein Handeln erforderlich machen. 

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