Der Brexit und seine Auswirkungen auf IP-Rechte

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zuletzt aktualisiert am 20. Januar 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten

von Daniela Jochim

Bereits im Juni 2016 hat Großbritannien für einen Austritt aus der EU gestimmt. Mitt­lerweile ist der Brexit vollzogen und auch der zwischen Großbritannien und der EU vereinbarte Übergangszeitraum endete am 31. Dezember 2020. Seitdem findet das EU-Recht in seiner Gesamtheit im Vereinigten Königreich keine Anwendung mehr. Viel­mehr gilt das Vereinigte Königreich nach Ablauf des Übergangszeitraums in Bezug auf die Umsetzung und die Anwendung des Unionsrechts in den Mitgliedstaaten der EU als Drittland.
 


 
Im Bereich der gewerblichen Schutzrechte konnten die EU und Großbritannien eine Einigung finden, wie mit bereits bestehenden Schutzrechten nach dem Brexit umgegangen wird. Für Unionsmarken, Gemeinschafts­geschmacksmuster oder europäische Patente greifen nach dem Brexit folgende Änderungen:
 

 

Unionsmarken (umgangssprachlich: EU-Marke)

Eine Unionsmarke gewährt ihrem Inhaber Schutz im gesamten Gebiet der EU, d.h. in allen 27 Mitgliedsstaaten. Tritt ein Staat neu der EU bei, so umfasst der Schutz der Unionsmarke automatisch auch das neue Mitglieds­land. Was passiert, wenn ein Mitgliedsstaat aus der EU austritt, ist hingegen nicht ausdrücklich geregelt.

 

Der europaweite Markenschutz einer Unionsmarke erstreckt sich nach dem Wortlaut der Unionsmarken­ver­ordnung (Verordnung (EU) 2017/1001, geändert durch Verordnung (EU) 2015/2424) jedoch nur auf EU-Mit­glie­der. Entsprechend genießen Unionsmarken nach dem Austritt eines Mitgliedsstaates dort keinen Schutz mehr.

 

Für bereits eingetragene EU-Marken ändert sich auch nach Ablauf des Übergangszeitraums wenig. Die EU-Marke behält in allen 27 verbleibenden Mitgliedsstaaten ihre Gültigkeit. Die Marke wird zudem identisch in Großbritannien als nationale Marke weitergeführt. Diese erhält den gleichen Schutzumfang wie die EU-Marke (identische Schutzdauer und Schutzumfang), ist aber eine zusätzliche, eigenständige Marke und muss somit auch unabhängig von der EU-Marke verlängert werden (hierdurch entstehen dem Inhaber höhere Kosten, da sich die Kosten für die Verlängerung der EU-Marke nicht verändert haben).

 

EU-Markenanmeldungen, die bis zum 1. Januar 2021 noch nicht eingetragen sind, können innerhalb von neun Monaten in Großbritannien unter Beanspruchung des früheren Schutzdatums der Unionsmarke als nationale Marken angemeldet werden. Diese „Nach-Anmeldungen“ sind aber nur möglich, wenn 

  • sich der Antrag auf dieselbe Marke bezieht, die Gegenstand der EU-Anmeldung war und
  • die Waren und Dienstleistungen identisch mit der entsprechenden EU-Anmeldung sind.

 

Die Unionsmarkenanmeldung behält selbstverständlich weiterhin ihre Gültigkeit (ohne Schutz in UK), die nationale UK-Anmeldung wird eine „Spiegelung“ hiervon. Sie erhält das frühere Anmeldedatum bzw. das Prioritätsdatum der anhängigen Unionsmarke.

 

Nachteilig ist, dass der Antrag nach UK-Markenrecht erneut geprüft wird, auch wenn die anhängige Unions­marke das amtliche Prüfungsverfahren des EUIPO bereits durchlaufen hat, aber noch nicht eingetragen ist.

 

Vergleichbare Regelungen wurden auch für UK-Benennungen von IR-Marken getroffen.

 

Gemeinschaftsgeschmacksmuster (umgangssprachlich: EU-Design)

Ähnlich wie Unionsmarken gewährt auch ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster mit nur einer Registrierung Schutz für ein Design innerhalb der gesamten EU. Auch die Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung (Verordnung (EG) Nr. 6/2002) stellt für den Schutzumfang auf die Mitgliedschaft zur EU ab. Folglich haben auch Gemeinschaftsgeschmacksmuster seit Vollzug des BREXIT in Großbritannien keinen Schutz mehr.

 

In Artikel 57 des Austrittsabkommens ist ausdrücklich geregelt, dass sich die Fortgeltung der Rechte auch auf nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster bezieht, wenn diese vor dem Ablauf des Übergangs­zeitraums gemäß der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 entstandenen sind.

 

Die Gemeinschaftsgeschmacksmuster-Anmeldungen, die derzeit noch im EU-System anhängig sind, können parallel zu dem markenrechtlichen Verfahren innerhalb von neun Monaten auf Antrag in ein nationales UK-Geschmacksmuster umgewandelt werden.

 

Europäisches Patent

Für Europäische Patente wird sich nach dem BREXIT wenig ändern, da Patente nationale Schutzrechte sind, auf die der Brexit keine unmittelbaren Auswirkungen hat.

 

Anders als bei Marken und Designs existiert aktuell noch kein EU-Patent in Form eines „Einheitspatents”, das als einheitliches Schutzrecht das gesamte EU-Gebiet umfasst. Vielmehr ist ein Europäisches Patent ein Bündel aus nationalen Schutzrechten, das gemäß dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) vom Europäischen Patentamt (EPA) erteilt wird.

 

Der Schutz bezieht sich dabei nicht auf die gesamte EU, sondern nur auf diejenigen Länder, die in der Anmeldung benannt wurden und für die die jeweiligen nationalen Phasen eingeleitet wurden (sog. Validierung). Dabei können auch Länder umfasst sein, die zwar keine Mitglieder der EU sind, aber Mitglieder des EPÜ (z.B. Schweiz, Türkei).

 

Großbritannien wird auch nach dem BREXIT weiterhin Mitglied des EPÜ sein. Entsprechend hat der BREXIT für Europäische Patente keine Auswirkungen. Erstreckt sich ein Europäisches Patent auf Großbritannien, bleibt dieser Schutz unabhängig von einer EU-Mitgliedschaft Großbritanniens bestehen.

 

Fazit für Marken und Geschmacksmuster

Nach Ablauf der Übergangsfrist wurden zum 1. Januar 2021 alle bestehenden Gemeinschaftsgeschmacksmuster (eingetragen und nicht eingetragen), eingetragene Unionsmarken sowie internationale Geschmacksmuster und Marken (jeweils mit Schutzerstreckung auf die EU) mit Schutz in UK in nationale UK-Rechte umgewandelt.

 

Bei Marken, die zum Ende der Übergangszeit noch nicht eingetragen waren, müssen die Inhaber aktiv werden und ihre Marken selbständig auf UK erstrecken, wenn der Schutz aufrecht erhalten werden soll.

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