Erfolgreich investieren in Südafrika

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zuletzt aktualisiert am 20. Juni 2022 | Lesedauer ca. 4 Minuten


 

 

​​Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in Südafrika ein?

Südafrikas Wirtschaft erholt sich zunehmend von der Covid-19-Krise. Negative Folgen zeigten sich in vielen Wirtschaftsbereichen, insbesondere in der Reise- und Touristikbranche. Aber auch die Sektoren Energie, Infra­struktur und Industrie haben nicht nur unter Covid-19 gelitten, sondern auch unter der anhaltenden Korruption und Misswirtschaft. 
 
Der Energiesektor war und ist ein wichtiger Bereich für Fördermaßnahmen der Regierung. Verstärktes Augen­merk gilt den Erneuerbare Energien (EE), die im Land deutlich gestärkt werden sollen. Südafrika bietet auf­grund seiner klimatischen Lage sehr gute Voraussetzungen, die zu einer umweltfreundlichen Energieversorgung und positiven Wirtschaftsentwicklung beitragen können.
 
Zugleich ist zu beobachten, dass der Impfprozess innerhalb des Landes sehr langsam voranschreitet. Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass es noch eine gewisse Zeit brauchen wird, bis in Südafrika die notwendige Menschenmenge geimpft worden ist, um eine Herdenimmunität zu erreichen – und das, obwohl Impfstoff in ausreichender Menge für die Bevölkerung zur Verfügung steht. Eine ähnliche Sachlage kann in diversen afrikanischen Ländern, insbesondere in Kenia, beobachtet werden.


Wie würden Sie das Investitions­klima in Südafrika beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Für deutsche Unternehmen, die in der Subsahara-Region investieren wollen, ist Südafrika nach wie vor mit seinem hoch entwickeltem Finanz- und Rechtssektor sowie seiner Infrastruktur ein attraktiver Unternehmens­standort. Das könnte künftig auch weitere Länder der panafrikanischen Freihandelszone umfassen, die am 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist. Die Ratifizierung dieses Abkommens schreitet in den Mitgliedsländern voran.
 
Der traditionell bedeutende Bergbau bietet sehr gute Aussichten für ausländische Unternehmen. Besonders die ansteigenden Rohstoffpreise, u.a. aufgrund der starken Nachfrage aus der Volksrepublik China und das zu­nehmende Interesse an dem Edelmetall Platin (das ein wichtiger Bestandteil für die Antriebstechnologie auf Wasserstoffbasis ist) sagen dem Bergbausektor gute wirtschaftliche Aussichten voraus. Damit dürfte die Roh­stoffindustrie weiter wachsen. Allerdings könnte der Anstieg der Energiepreise infolge des Kriegs in der Ukraine auch die Konjunkturentwicklung in Südafrika dämpfen. Weitere große Potenziale für deutsche Unter­nehmen weisen v.a. die Branchen EE, besonders in der Wind- und Solarenergie als Lösung für den steigenden Energiebedarf (deutsche Technologie), sowie die Sektoren Verarbeitende Industrie (u.a. Nahrungs­mittel­ver­arbeitung und -verpackung, Getränkeindustrie, Düngemittelproduktion), Automobilherstellung, Petrochemie, Medizintechnik und Telekommunikation auf. 
 
Potentielle Zukunftsmärkte werden vor allem in den Bereichen E-Mobilität, Herstellung von „Smart Textiles“, IT-Dienstleistungen (bspw. „Business Process Outsourcing“), Agrobusiness, EE, Kreislaufwirtschaft (Recycling), nachhaltiges Bauen und die Herstellung von Biokraftstoffen vorausgesagt.
 
Hinzu kommt die stark voranschreitende Digitalisierung, vor allem in den Bereichen Agrobusiness, Gesundheit, Bildung, Informations- und Kommunikationstechnik (Mobilfunknetze, Cloudlösungen), Handel und E-Logistik. Demgegenüber entwickeln sich Infrastrukturprojekte von ausländischen Investitionen nach Südafrika noch immer zu langsam, die aufgrund von Corona in 2020 zurückgegangen sind.
 
Ein weiterer – für Südafrika – förderlicher Aspekt ist die weltweit gestiegene Nachfrage nach Kohle, durch die kriegsbedingte Verknappung der Lieferungen aus Russland. Weitere Rohstoffe, die ursprünglich aus Russland auf den Weltmarkt gelangten, könnten teilweise aus Südafrika geliefert werden. Der Rohstoffreichtum von Südafrika könnte zur Stabilisierung der Weltmarktpreise beitragen und sich für Südafrikas Wirtschaftsbilanz positiv auswirken.


Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in Südafrika gegenüber?

Die Herausforderungen für deutsche Unternehmen in Südafrika sind weiterhin die permanenten Veränderungen und die Verschärfung der Kriterien für das „Broad-Based Black Economic Empowerment” (BEE). Dazu gehören bspw. die Auflagen zur Eigentumsbeteiligung farbiger Bevölkerungsschichten, die ein Hindernis für aus­län­di­sche Unternehmen bedeuten können. Aus dem Grund ist es für den deutschen Investor unerlässlich, sich mit dem gesetzlichen Rahmenwerk bzw. der BEE-Gesetze auseinander zu setzen. Für den Fall wäre es unabdingbar, mit einem südafrikanischen Partner zu agieren, der die entsprechenden BEE-Kriterien erfüllt. Wie stark BEE als Hindernis für die unternehmerische Geschäftstätigkeit gesehen wird, wird sich im konkreten Einzelfall zeigen. Die aktuellen politischen Entwicklungen deuten nicht auf eine Abschwächung der BEE-Handhabung hin.
 
Auch die Rechtslage im Bereich des Einwanderungsrechts bleibt weiterhin unsicher und Entsendungen von Mitarbeitern aus Deutschland müssen langfristig sowie gut geplant und organisiert werden.
 
Weitere Herausforderungen sind die volatile Währung des Landes und die Erhöhung der Strompreise. Von den kontrollierten Stromabschaltungen („load shedding”) sind v.a. die Bergbaubranche sowie die energieintensiven Industrien betroffen.
 
Eine Herausforderung für die Automobil­industrie ist es, sich den Marktentwicklungen und den Absatzmärkten anzupassen und mehr in die Elektromobilität zu investieren. Gleichzeitig ist der Mangel an qualifizierten – aus­ländischen – Fachkräften insbesondere im Automobilsektor spürbar. Der notwendige Know-how-Transfer aus den u.a. in Deutschland befindlichen Zentralen der Unternehmen erfolgt nur sehr eingeschränkt.
 
Ausländische Investoren könnten aufgrund der Corona-Pandemie gewisse Risiken scheuen. Mögliche Kapital­abflüsse hätten sodann eine Abwertung des südafrikanischen Rands (Währungsverlust) zur Folge. Gleichzeitig ist nicht davon auszugehen, dass sich die ausländischen Unternehmen, die sich als verlässliche Partner auch in schweren Zeiten erwiesen haben, aus Südafrika zurück ziehen werden. Denn sie sind bereits „sturmerprobt” und aufgrund ihrer Risikoplanung auf Krisen vorbereitet. Vom derzeitigen Standpunkt aus betrachtet ist vor­stellbar, dass sich solche Unternehmer nicht durch die Corona-Krise oder andere politische Turbulenzen ab­schrecken lassen und somit weiterhin unternehmerisch im Land tätig bleiben werden. Afrika ist ein Chancen­kontinent – das deckt sich auch mit dem Ergebnis einer Umfrage der AHK Südliches Afrika im August 2020.
 
Ziel der südafrikanischen Regierung ist es, weitreichende Reformen umzusetzen, die sich teilweise bereits im Umsetzungsprozess befinden. Zu den wesentlichen Zielen gehören die Energiesicherheit des Landes, die Kriminalitätsbekämpfung, der Bürokratie-Abbau, die notwendige Sanierung/Privatisierung von staatlichen Unternehmen, die Schaffung von Arbeitsplätzen und letztendlich auch die Schaffung von Anreizen für aus­ländische Investitionen.
 
Das Inkrafttreten des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) zum 1. Januar 2023 bedeutet eine weitere Hausforderung für die betreffenden deutschen Unternehmen, die in Afrika aktiv sind. Denn sie müssen ihre globalen Lieferketten überdenken und sich neu aufstellen (Reorganisation). Dies bedeutet, dass sie u.a. ihre Produktionsverfahren und Arbeitsbedingungen in ihren Lieferketten zurückverfolgen und Maßnahmen ergreifen müssen, um eventuelle Verstöße/Missstände beseitigen zu können. Das gilt v.a. für die anfällige Textil- und Automobilbranche. 


Wie entwickelt sich der Markt für Erneuerbare Energien (EE) in Südafrika?

Der Markt für EE in Südafrika entwickelt sich positiv, wenn auch sehr langsam. Mit einer dreijährigen Ver­spä­tung ging das öffentliche Ausschreibungsprogramm für EE-Projekte („Renewable Energy Independent Power Production Procurement Program”, kurz: REIPPP) im April 2021 in die fünfte Runde. Daneben verbessern sich die regulatorischen Rahmenbedingungen für Stromeigenerzeugungsanlagen für Erneuerbare Energien und PPAs kontinuierlich weiter. Die Nachfrage nach Eigenerzeugung steigt insbesondere aufgrund der zunehmend stark ansteigenden Strompreise. Ein weiterer Aspekt ist, sich von dem staatlichen Energieversorgungskonzern Eskom unabhängiger zu machen. Ein bedeutender Schritt ist, dass es für Stromerzeugungsanlagen für Erneuerbare Energien bis zu 100 MW nunmehr keine Stromerzeugungserlaubnis mehr bedarf.   
  
Das stellt bedeutende Weichen für die Energieversorgung des Landes dar, vor allem für die Bergbaubranche und die Industrie. Für deutsche Unternehmen resultieren daraus vor allem in der Energie-Technik große Geschäftschancen (Anlagetechnik einschließlich Supportleistungen, Projektentwickler). Zugleich bedeutet dies auch für die weitere Entwicklung der südafrikanischen Wirtschaft. 


Wie wird sich aus Ihrer Sicht Südafrika weiterentwickeln?

Es ist absehbar, dass sich die Lage der Pandemie durch weiter sinkenden Infektionszahlen bei einer erfolg­reichen Durchführung der Impfungen kontinuierlich stabilisieren wird. Unter dieser Voraussetzung ist davon auszugehen, dass Südafrikas Wirtschaftswachstum langsam wieder ansteigen wird. Sollte sich der Strommarkt weiter positiv entwickeln (hohe private Investitionen in den Erneuerbaren Energien werden erwartet), wird dieser Sektor sicherlich dazu beitragen, das Wirtschaftswachstum mit anzukurbeln. Letztlich wird die künftige Entwicklung der Wirtschaft in Südafrika auch vom weiteren Verlauf der Corona-Pandemie maßgeblich ab­hängen. Die zum Jahresende aufkommende Sommer- und Reisezeit in Südafrika und die damit verbundene weitere wirt­schaft­liche Belebung u.a. durch den Tourismus, wird sich auf Südafrika positiv auswirken.
 
Die panafrikanische Freihandelszone eröffnet Chancen für die afrikanischen sowie europäischen Länder und somit auch für Südafrika als Drehscheibe für deutsche Investoren. 
 
Abzuwarten bleiben etwaige politische Maßnahmen und weitere Impulse zur Wirtschaftsbelebung im Hinblick auf die nächsten Wahlen. Präsident Ramaphosa wird sich bemühen, zum Ende seiner aktuellen Amtszeit eine positive Bilanz im Hinblick auf die wirtschaftlichen Entwicklungen vorzuweisen. Insbesondere mit Blick auf das konkurrierende politische Lager wird dieser Aspekt ausschlaggebend sein, ob Ramaphosa seinen aktuellen Kurs zur weiteren Entwicklung von Südafrika beibehalten kann. Förderlich wäre in jedem Fall eine Öffnung des südafrikanischen Marktes für qualifizierte ausländische Arbeitnehmer und weitere regulatorische Erleich­te­rungen für den Energie- und Infrastruktursektor. 

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Dieter Sommer

Chartered Accountant (Südafrika)

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