Due Diligence durch den Verkäufer (Sell Side Due Diligence)

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zuletzt aktualisiert am 2. Februar 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Im Transaktionsprozess kostet die seitens der Kaufinteressenten durchgeführte Due Diligence (Buy Side DD) häufig wertvolle Zeit. Um den Verkaufsprozess zu optimieren, bietet sich eine vom Verkäufer beauftragte Due Diligence (Sell Side DD) bei seinem eigenen Unternehmen an. Sie ermöglicht es, den potenziellen Käufern frühzeitig nach der Kontaktaufnahme umfassend entscheidungsrelevante Unter­nehmens­informa­tionen zur Verfügung zu stellen. Ferner hilft sie dabei, Überraschungen im Trans­ak­tions­prozess zu vermeiden. Die Sell Side DD bietet darüber hinaus eine Reihe von weiteren Vorteilen:



Kontrolle über den Verkaufsprozess

Insbesondere bei mittelständischen Unternehmen sind die Informationssysteme und Kapazitäten oft nicht darauf eingestellt, den umfangreichen Informationsanforderungen (ggf. mehrerer) potenzieller Käufer in angemessener Zeit ohne Störung der Betriebsabläufe gerecht zu werden. Die mittels einer Sell Side Due Diligence ermöglichte Kontrolle des Verkaufsprozesses hinsichtlich des Zeitplans und den Kontakten zwischen den Kaufinteressenten und dem Verkaufsobjekt entlastet die Unternehmensorganisation durch die Einbeziehung externer Berater/Prüfer.


Bei Verkaufsrisiken agieren statt reagieren

Die im Rahmen einer Sell Side DD gewonnenen Erkenntnisse können im Vorfeld der Ansprache potenzieller Käufer mit den Verkäufern und der Geschäftsführung des zu verkaufenden Unternehmens erörtert werden. Der Verkäufer erfährt somit frühzeitig kaufrelevante, insbesondere kaufpreisrelevante Faktoren und kann agieren, statt im Falle eines späten Bekanntwerdens im Rahmen einer Buy Side DD hierauf kurzfristig reagieren zu müssen. Dadurch verbleibt genügend Zeit, um:

  • Probleme zu beseitigen (z.B. Berichtigung aktueller Finanzkennzahlen),
  • Mängel zu heilen (z.B. Einholung behördlicher Genehmigungen, Sicherung des gewerblichen Rechtsschutzes),
  • zusätzliche Informationen zu beschaffen (z.B. Wertgutachten zu Grundstücken), die Darstellung von Sachverhalten zu optimieren und
  • ggf. bei besonders gravierenden Problemen die weiteren Schritte im Verkaufsprozess (d.h. zunächst die Ansprache potenzieller Käufer) zu verschieben.


Sicherstellung einer überdurchschnittlichen Datenqualität

Durch die Untersuchungen im Rahmen der Sell Side Due Diligence wird sichergestellt, dass die kaufrelevanten Daten vollständig und fehlerfrei präsentiert werden können. Infolgedessen vereinfachen sich die Unter­suchungen nachfolgender Buy Side DD, da den Kaufinteressenten – je nach Inhalt der Beauftragung des Sell Side DD-Dienstleisters – verlässliche und ausreichende Informationsmemoranden bzw. Datenrauminhalte sowie ein Fact Book oder Vendor DD-Bericht vorgelegt werden können.


Verringerung der Kosten für den Käufer

Da der Verkäufer die Kosten der Sell Side DD trägt und demnach die Kosten der käuferseitigen Informations­gewinnung und -beurteilung reduziert werden, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit der positiven (Vor-)Auswahl des Verkaufsobjekts durch die Kaufinteressenten deutlich.


Arten der verkäuferseitigen Due Diligence

Die verkäuferseitige Due Diligence kann als Pre Sale DD (auch „Reverse DD” genannt) oder als Vendor DD, jeweils mit variablem Umfang, durchgeführt werden. Beiden gemein ist der Zeitpunkt ihrer Durchführung vor der Kontaktaufnahme zu Kaufinteressenten.


Während die Pre Sale DD eine Art Testlauf für etwaige Buy Side DDs ist und sich daher ausschließlich an den Verkäufer als Berichtsadressaten richtet, ist die Vendor DD direkt an Kaufinteressenten gerichtet. Als Untersuchungsfelder der Pre Sale DD kommen grundsätzlich sämtliche denkbaren Bereiche einer (Buy Side) Due Diligence in Frage. In der Praxis beschränkt sie sich regelmäßig auf aus­gewähl­te, ggf. punktuelle Untersuchungen, über deren Ergebnisse ein Kurzbericht erstattet wird.


Dem gegenüber konzentriert sich die Vendor DD i.d.R. auf:

  • die finanzwirtschaftliche Analyse (Entwicklung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, Vermögens- und Bestandsrisiken, Prognosen/Unternehmensplanung),
  • steuerliche Analyse,
  • ggf. ergänzt durch Untersuchungen des Markt- und Wettbewerbsumfelds, der IT- und Managementinformationssysteme sowie von Umweltsachverhalten.


Der Vendor DD-Bericht ist meist umfassend und klärt über den konkreten Untersuchungsumfang und die zugrundeliegenden Informationen auf.


Weitere Vorteile einer Vendor Due Diligence

Die Vendor DD entfaltet sowohl die allgemeinen Vorteile einer Sell Side gegenüber einer Buy Side DD als auch ihre spezifischen Vorteile gegenüber der Pre Sale DD am stärksten im Rahmen von Bieterverfahren, soweit der Verkäufer eine Vielzahl von Kaufinteressenten hat. Der Transaktionsprozess wird deutlich beschleunigt, da mit dem Vendor DD-Bericht bereits eine zielgruppengerecht fokussierte Informationszusammenstellung vorliegt. Da alle Kaufinteressenten eine vergleichbare Informationsbasis haben, lassen sich deren Kaufpreisangebote und Wünsche bezüglich des Unternehmenskaufvertrags (SPA) besser miteinander vergleichen. Bestenfalls bereits in der ersten Bieterrunde, jedenfalls noch vor Beginn exklusiver Verhandlungen, werden die ernsthaften Kaufinteressenten die wesentlichen Risiken und Probleme, aber auch Chancen im Zusammenhang mit dem Verkaufsobjekt bei Abgabe ihrer Kaufpreisangebote berücksichtigen. Eine ggf. nachfolgende Buy Side DD sollte keine wesentlichen neuen Erkenntnisse mehr ergeben, sodass der Verhandlungsspielraum zur Reduzierung eines ursprünglichen Kaufpreisangebots beschränkt ist. Zudem dürften sich nachvollziehbare Wünsche nach inhaltlich und zeitlich weitgefassten Garantien und Freistellungen verringern und auf spezifische Risiken beschränken. Damit erhöht sich die (Rechts-)Sicherheit des Verkäufers.

Bis zum Zeitpunkt einer eigenen Informationssammlung durch den Kaufinteressenten trägt der Kaufinteressent kein Risiko aus ggf. vergeblichen DD-Kosten. Daher können auch zunächst weniger attraktiv eingeschätzte Kaufobjekte in die (Vor-)Auswahl der potenziellen Käufer gelangen. Aus dem Auftragsverhältnis zwischen Veräußerer und Vendor DD-Dienstleister könnten sich Zweifel an dessen Unabhängigkeit ergeben. Bei Beauftragung eines Wirtschaftsprüfers führt bereits die rechtlich in den Berufsgrundsätzen verankerte Unabhängigkeit zu einer Entschärfung dieses Konflikts. Darüber hinaus sollte das Vertrauen in die Unabhängigkeit des DD-Dienstleisters durch das Angebot einer direkten Präsentation der Ergebnisse vor dem Kaufinteressenten, verbunden mit der Möglichkeit von Fragen, erhöht werden.

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