Steuerliche Entwicklungen auf EU-Ebene – Was neben dem Brexit sonst noch passiert…

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veröffentlicht am 23. April 2019
  

Täglich erscheinen neue Meldungen über den Brexit, sodass viele andere EU-Themen untergehen – auch interessante steuerliche Vorschläge, die teilweise schon lange, teilweise erst seit kurzem diskutiert werden. Neben der Frage, ob steuerliche Vorhaben nicht mehr einstimmig beschlossen werden müssen, der Einführung einer Finanztransaktionssteuer und einer gemeinsamen kon­solidierten Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage steht v.a. die Besteuerung der digitalen Wirtschaft im Fokus.

 

  

Anders als bei der deutschen Gesetzgebung fallen Gesetzesentwürfe auf europäischer Ebene nach einer Wahl nicht dem Diskontinuitätsprinzip anheim, d.h. bestehende Vorhaben behalten auch nach der Europawahl Bestand. Somit lohnt es sich, auch ältere Vorschläge weiterhin im Blick zu haben, wie etwa die Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer. Während einige Staaten, z.B. Frankreich, sie am liebsten sofort einführen würden, verhält sich Deutschland eher abwartend. Es ist nicht davon auszugehen, dass es zu einer EU-weit einheitlichen Regelung kommen wird. Wahrscheinlicher ist, dass sich einzelne Mitgliedstaaten zusammen­schließen und gemeinsam in ihren Ländern eine solche Steuer einführen werden. Ein einheitliches Vorgehen auf europäischer Ebene ist hingegen bei der Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung unabdingbar. Ziel der Europäischen Kommission ist es, durch die Einführung einer „Gemeinsamen Konsolidierten Körperschaftsteuer­bemessungs­grundlage” (GKKB) den Binnenmarkt für Unternehmen zu verbessern sowie Steuervermeidung zu bekämpfen. Um die politische Entscheidungsfindung zu beschleunigen, sollen zunächst lediglich Regeln für eine gemeinsame Bemessungsgrundlage implementiert werden. Die Konsolidierung soll später angegangen werden; ein Zeitplan steht noch nicht fest.

 

Besteuerung der digitalen Wirtschaft

Ein neueres Vorhaben beschäftigt sich mit der Besteuerung der digitalen Wirtschaft: Die Europäische Kommission ist der Meinung, dass das derzeitige Steuersystem in Teilen nicht zur modernen globalen Wirt­schaft passt. Es erfasst nämlich nicht die Geschäftsmodelle, bei denen ohne eine physische Präsenz in einem Land Gewinne erzielt werden. Insbesondere in der digitalen Wirtschaft tragen die Nutzer selbst zur Wert­schöpfung bei. Die so erzielten Gewinne werden allerdings häufig nicht dort besteuert, wo die Nutzer leben.

 

Deshalb hat die Europäische Kommission im März 2018 zwei Gesetzgebungsvorschläge veröffentlicht: Der erste Vorschlag zielt darauf ab, die Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer so zu verändern, dass auch eine sog. „signifikante digitale Präsenz” bzw. eine virtuelle Betriebsstätte in einem Staat der Besteuerung unterliegt. Anknüpfungspunkte sollen 17die Höhe der Erträge sowie die Zahl der Nutzer und der Geschäfts­verträge sein. In Anbetracht der OECD-weiten Bestrebungen, die Besteuerung der digitalen Wirtschaft neu zu regeln, sind die Diskussionen um den Vorschlag der Kommission ins Stocken geraten. Es wird mittlerweile eine internationale Lösung angestrebt.

 

Der zweite Vorschlag beinhaltet die Einführung einer sog. „Übergangssteuer” auf bestimmte Erträge aus digitalen Tätigkeiten. Es soll sich um eine Steuer „mit Verfallsdatum” handeln: Sobald die Besteuerung der digitalen Wirtschaft auf Ebene der OECD geregelt ist, wird die europäische „Digitalsteuer” nicht mehr benötigt. Trotz eines zwischenzeitlich vorgelegten Kompromissvorschlags bzw. einer deutsch-französischen Position konnte bisher im Rat der Europäischen Union keine Einigung erzielt werden. Vielmehr wird auch hier auf eine internationale, OECD-weite Lösung verwiesen. Einige europäische Mitgliedstaaten, wie Frankreich, Österreich und Spanien, wollen nicht bis zu einer internationalen Einigung warten und planen, nationale Digitalsteuern einzuführen.

 

Einstimmigkeit abschaffen

Aktuell müssen auf Ebene der Europäischen Union Entscheidungen im Bereich der Steuern einstimmig beschlossen werden. Das bedeutet, dass jeder Mitgliedstaat zustimmen muss – andernfalls kann eine Maßnahme nicht umgesetzt werden. Ein einzelner Staat kann somit eine Maßnahme gegen alle anderen Mitgliedstaaten blockieren.

 

Die Europäische Kommission hat nun einen Vorschlag zum schrittweisen Übergang vom Abstimmungsverfahren der Einstimmigkeit zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Dann würde eine qualifizierte Mehrheit zur Annahme ausreichen. Das bedeutet, dass 55 Prozent der Mitgliedstaaten für den Vorschlag stimmen und er von Mitgliedstaaten unterstützt werden muss, die zusammen mindestens 65 Prozent der Bevölkerung der EU repräsentieren.

 

Mehrere deutsche Politiker haben den Schritt bereits befürwortet. Dadurch soll die EU flexibler und schneller – auch bei steuerpolitischen Fragestellungen – reagieren können. 
 

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