Veranstaltungsbericht: Anreizregulierung 2021: Aktuelle Entwicklungen und Aufgaben für Netzbetreiber

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Am 16.09.2021 hat im Rahmen des Netzwerks Regulierte Netze das Webinar „Anreizregulierung 2021: Aktuelle Entwicklungen und Aufgaben für Netzbetreiber” stattgefunden. Im ersten Teil hat Christoph Beer (Rödl & Partner) den aktuellen Stand zur Festlegung der EK-Zinssätze Strom und Gas dargestellt. Hierbei haben sich insbesondere fünf Kritikpunkte an den geplanten Festlegungen gezeigt:

 

  • Mit den geplanten Zinssätzen wir der in § 21 Abs. 2 EnWG postulierte Grundsatz einer angemessenen, wettbewerbsfähigen und risikoangepassten Verzinsung des eingesetzten Kapitals nicht mehr erfüllt.
  • Die Verhältnisse auf den nationalen und internationalen Finanzmärkten werden nicht angemessen reflektiert.
  • Der Wagniszuschlag hält einem internationalen Vergleich nicht stand.
  • Die Energiewende als wesentliches unternehmerisches Wagnis wird nicht berücksichtigt.
  • Die nicht sachgerechte Ableitung der der Zinssätze gefährdet die Finanzierungsfähigkeit der Netzbetreiber.

 

Der zweite Teil von Dr. Thomas Wolf (Rödl & Partner) hatte aktuelle rechtliche Entwicklungen im Regulierungsrecht zum Inhalt. Hierbei wurden auf die WasserstoffNEV des Bundeswirtschaftsministeriums eingegangen, die die Grundsätze zur Ermittlung von Netzentgelten in Wasserstoffnetzen regelt, eingegangen, der bisher allerdings nur als Referentenentwurf vorliegt. Weitere Schwerpunkte des zweiten Teils waren:

  • Neue Vorgaben für die Errichtung von Ladepunkten für Elektrofahrzeuge (§ 7c EnWG)
  • Neue Vorgaben zur Erstellung von Netzausbauplänen (§ 14d EnWG)
  • Neue Vorgaben zu Veröffentlichungspflichten der Regulierungsbehörden und Netzbetreiber (§ 23c EnWG)
  • Anpassungen im MsbG (§ 2 Nr. 7, § 19 Abs. 6, § 21).

Im dritten Teil von Jürgen Dobler (Rödl & Partner) wurde die „neue” Übergangsregelung nach § 34a ARegV vorgestellt. Diese sieht vor, dass der sogenannte Sockeleffekt unter bestimmten Voraussetzungen, wenn auch mit Abstrichen (stufenweise Abschmelzung), für die Dauer der vierten Regulierungsperiode verlängert wird. Um von der Verlängerung des Sockeleffekts profitieren zu können, ist allerdings der Nachweis einer besonderen Härte zu erbringen. Diese ist gegeben, wenn die Investitionshöhe der Jahre 2009 bis 2016 zumindest in einem Jahr größer war als 4 Prozent des Bruttoanlagevermögens. Die Bewertung des Bruttoanlagevermögens wird hierbei unter Verwendung der Indexreihen nach § 6a Gas/StromNEV bestimmt. Das Bruttoanlagevermögen umfasst den gesamten noch in Betrieb befindlichen Bestand. Die Antragstellung hat zum 30.06.2022 für das Gasverteilernetz bzw. zum 30.06.2023 für das Stromverteilernetz zu erfolgen. 
 

Nur ein kleiner Teil der Unternehmen hat sich bisher mit den Anforderungen nach § 34a ARegV beschäftigt. Unter den Teilnehmern des Webinars hatten sich bisher nur 17 Prozent damit auseinandergesetzt. 39 Prozent hatten sich damit noch nicht beschäftigt, für 44 Prozent der Teilnehmer war dies nicht bekannt.

 

Hat Ihr Unternehmen die Antragsvoraussetzungen nach § 34a ARegV bereits geprüft?

 

 

Antragsvoraussetzungen nach § 34a ARegV

 

 

Nur die Minderheit der Teilnehmer erwartet, dass die Antragsvoraussetzungen erfüllt werden. 17 Prozent gehen davon aus. Demgegenüber erwarten 25 Prozent der Teilnehmer, dass die Voraussetzungen nicht erfüllt werden. 58 Prozent hatten hier noch keine Einschätzung.

 

Geht Ihr Unternehmen davon aus, dass die Antragsvoraussetzungen erfüllt sind?

 

 Antragsvoraussetzungen

 

Im vierten Teil erläuterte Dr. Matthias Koch die aktuellen Entwicklungen zu Wasserstoff und zur Wasserstoffnetzentgelt-VO. Nach der Aufnahme des Wasserstoff-Abschnitts im EnWG steht nun die Ausgestaltung der zugehörigen Verordnungen an. Als Erstes wurde nun die Wasserstoffnetzentgelt-VO als Referentenentwurf vorgelegt. Grundsätzlich orientiert sich die Wasserstoffnetzentgelt-VO an die Gas-NEV vor Einführung der Anreizregulierung. Besonderheiten sind die Vorgaben zur Berücksichtigung von Fördermitteln, da davon auszugehen ist, dass Wasserstoffnetzinvestitionen am Anfang nur mit Förderung wirtschaftlich umgesetzt werden können. Zu der entscheidenden Frage, welche Verzinsung für Wasserstoffnetze vorgesehen ist, gibt es noch keine Antwort. Es werden noch keine konkreten Zinssätze genannt. Abweichend vorgesehen ist auch, dass Plankosten und Erlöse anerkannt werden und anschließend ein Plan-Ist-Abgleich erfolgt, der aber im Gegensatz zum Regulierungskonto aber über einen Zeitraum von bis zu 10 Jahren ausgeglichen werden muss.

Auf die Frage, in welchen Bereichen geplant ist, Wasserstoffprojekte umzusetzen. Die Mehrheit (62 Prozent) plant keine Wasserstoffprojekte, 20 Prozent Wasserstoffbeimischung, 9 Prozent Erzeugungsprojekte, 6 Prozent reine Wasserstoffnetze, 3 Prozent Vertriebsprojekte.

 

Umsetzung Wasserstoffprojekte

 


Im fünften Teil ging Christoph Spier (Rödl & Partner) auf nachhaltige Investitionsstrategien für Strom- und Gasnetze ein. Durch die neuen Anforderungen der Dekarbonisierung müssen die Investitionsplanungen für die Strom- und Gasnetze auf den Prüfstand gestellt werden. Der Ausbaubedarf bei den Stromnetzen für Elektromobilität und Elektrifizierung der Wärme wird den Finanzbedarf der Netzbetreiber stark belasten. Demgegenüber werden Investitionen in Gasnetze aufgrund der Unsicherheiten in Bezug auf die langfristige Nutzung für Wasserstoff und grüne Gase infrage gestellt. Hier gilt es, langfristige Szenarien für die Investitionen in Versorgungsnetze zu entwickeln, um die nachhaltigen Effekte auf Finanzkennzahlen und die Ertragslage im Netzbereich zu bewerten.

Im sechsten Teil von Dr. Thomas Wolf (Rödl & Partner) wurde aktuelle Rechtsprechung zum Regulierungsrecht, insbesondere

  • zur Entscheidung des EuGH über die Unabhängigkeit der BNetzA, 
  • zum Effizienzvergleich Gas der 3. Regulierungsperiode, 
  • zu den Anforderungen an die Ermittlung des betriebsnotwendigen Umlaufvermögens und 
  • zur Korrektur von Datenlieferungen dargestellt. 

 

Auf die Frage, wie sich die Entscheidung des EuGH in Bezug auf die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden in Deutschland auswirkt, äußerte sich die Mehrheit der Unternehmen negativ. 64 Prozent der Teilnehmer/innen erwartet durch die größere Unabhängigkeit der Behörden negative Auswirkungen, 14 Prozent erwartet keine wesentlichen Veränderungen, 0 Prozent positive Auswirkungen und 22 Prozent antwortete mit „weiß nicht”.

Abschließend wurde ein Ausblick auf anstehende Entscheidungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf (zum Regulierungskonto, zu Vorbereitungskosten des Roll-out und zu der Behandlung des sog. Kommunalrabatts) gegeben.

Insgesamt zeigte sich auch im Webinar des Netzwerks Regulierte Netze für das 3. Quartal 2021, dass den Netzbetreibern durch eine Vielzahl von neuen Entwicklungen und Anforderungen nicht langweilig wird und die Herausforderungen und die Komplexität nicht ab, sondern weiter zunimmt. Wir freuen uns, wenn auch Sie Mitglied im Netzwerk Regulierte Netze werden und wir uns weiter über aktuelle Themen zu Strom- und Gasnetzen austauschen. 

Kontakt

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Dr. Matthias Koch

Dr. Ing., MBA, CVA

Partner

+49 221 9499 092 16

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Dr. Thomas Wolf, LL.M. oec.

Rechtsanwalt

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+49 911 9193 3518

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Profil

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Jürgen Dobler

Diplom-Betriebswirt (FH), Steuerberater

Partner

+49 911 9193 3617

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