BGH kippt Preisänderungsklauseln in Energieverträgen / Versorgern droht Rückforderungswelle

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Nürnberg, 31.07.2013: Die bisher weit verbreiteten Klauseln für Preisanpassungen in Verträgen zur Energieversorgung, die lediglich auf das für Tarifkunden geltende gesetzliche Preisänderungsrecht Bezug nehmen, sind unwirksam. Erhöhungen der Energiepreise, die Versorger auf der Basis solcher Verträge vorgenommen haben, waren daher nicht rechtmäßig. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem heute veröffentlichten Grundsatzurteil entschieden (Az.: VIII ZR 162/09). Energieversorgern droht damit eine Welle von Rückforderungen.

Ausgangspunkt des Verfahrens ist eine Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen im Namen von 25 Verbrauchern gegen Gaspreiserhöhungen des Energieversorgers RWE in den Jahren 2003 bis 2005. Der BGH hatte die Frage, ob die im konkreten Fall verwendeten Klauseln mit europäischem Recht vereinbar sind, dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt. Die Luxemburger Richter hatten daraufhin festgestellt, dass bestimmte Preisänderungsklauseln in Sonderkundenverträgen nicht den europäischen Vorgaben an Treu und Glauben, Ausgewogenheit und Transparenz entsprechen, und damit unwirksam sind (Az.: C-92/11). Preisänderungen, die auf die Klauseln gestützt wurden, können daher angefochten werden. Vor diesem Hintergrund musste der BGH seine in vielen Entscheidungen entwickelte so genannte „Leitbildrechtsprechung“ aufgeben, nach der die inhaltsgleiche Übernahme des für Tarifkunden geltenden gesetzlichen Preisänderungsrechts in Sonderkundenverträge eine wirksame vertragliche Vorgehensweise für Energieversorger begründet.

„Die BGH-Entscheidung ist eine Hiobsbotschaft für die Energieversorger”, erklärt Christian Marthol, Leiter der Energierechtspraxis von Rödl & Partner. „Der BGH erklärt die Preisänderungsklauseln für unwirksam, die er selbst als Lösung vorgeschlagen hatte, um die seit Jahren bestehenden Rechtsunsicherheiten zu beseitigen. Praktisch alle neueren Sonderkundenverträge enthalten solche Klauseln, die nun plötzlich unzulässig sind. Die Versorger werden laufende Verträge anpassen oder neue Verträge mit ihren Kunden abschließen müssen.”

Heike Viole, Rechtsanwältin im Bereich Energie bei Rödl & Partner ergänzt: „Die Versorger müssen sich auf eine Welle an Rückforderungen von Energiekunden einstellen. Allerdings muss genau geprüft werden, welche Ansprüche überhaupt noch berechtigt sind, da nach der BGH-Rechtsprechung zumindest in zeitlicher Hinsicht klare Einschränkungen bestehen. Das Urteil muss nun genau darauf hin analysiert werden, welche Möglichkeiten Energieversorgern zukünftig überhaupt noch verbleiben, um die Preise in laufenden Vertragsverhältnissen ändern zu können”, betont Viole.

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