Markt für Direktvermarktungsleistungen im Umbruch – Chancen durch Ausschreibung nutzen!

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Von Joachim Held

Gerade in Zeiten eines neuen Energiemarktdesigns scheint die Direktvermarktung eine der wenigen Konstanten im Erneuerbare-Energien-Markt zu sein. Dabei befindet sich der Markt der Direktvermarktungsdienstleistungen aufgrund abschmelzender Förderung und zunehmender Marktsättigung gleichwohl in einem wirtschaftlichen Umbruch. Die sich hieraus ergebenden Chancen können Anlagenbetreiber vor allem durch strukturierte Ausschreibung von Direktvermarktungsverträgen mithilfe externer Beratung realisieren. Dabei ist eine kurzfristige Umstellung auf alternative Vermarktungsstrategien, unabhängig von der kurzfristigen wirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit aufgrund der aktuellen energiepolitischen Weichenstellungen, von langfristiger strategischer Bedeutung.
 
Die Förderung der Direktvermarktung durch die Marktprämie (§ 33g EEG 2012) hat zu einem steilen Anstieg der direkt vermarkteten Erzeugungskapazität und zur Entstehung eines eigenständigen Markts der Direktvermarktungsdienstleister geführt. Dieser Markt ist durch ein hohes Informationsungleichgewicht zwischen den Anlagenbetreibern als Dienstleistungskunden und den Direktvermarktungsdienstleistern geprägt. Sowohl in Bezug auf die rechtliche Komplexität der Direktvermarktung in §§ 33a ff. EEG 2012 als auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Chancen und Risiken des Handels mit Strom aus regenerativen Erzeugungsanlagen verfügen Letztere über einen erheblichen Wissensvorsprung. Dabei bot die großzügig bemessene Managementprämie den Anlagenbetreibern gerade in der Anfangsphase der Marktprämienvermarktung einen hohen wirtschaftlichen Anreiz, kurzfristig weitgehend unverhandelte Direktvermarktungsverträge abzuschließen. Insofern verwundert es nicht, dass die wirtschaftlichen und vertragsrechtlichen Bedingungen der Direktvermarktung gerade in der Anfangszeit der Marktprämienvermarktung häufig einseitig die Interessenlage der Direktvermarktungsdienstleister widerspiegelten.
 
Inzwischen befindet sich der Markt der Direktvermarktungsdienstleistungen in einem Umbruch. Die zeitlich gestaffelte Absenkung der Managementprämie durch die Managementprämienverordnung verengt zunehmend den wirtschaftlichen Spielraum für Direktvermarktungsdienstleistungen. Insofern können nur noch Direktvermarktungsdienstleister mit effizienten Strukturen kostendeckende Dienstleistungen anbieten und einen Anteil der Direktvermarktungserlöse an die Anlagenbetreiber weiterreichen. Darüber hinaus ist der Markt für Direktvermarktungsdienstleistungen vor allem durch die Zahl der Anlagenbetreiber inzwischen weitgehend besetzt, sodass ein zunehmender Verdrängungswettbewerb um Neuanlagen und die wenigen verbliebenen Bestandsanlagen eingesetzt hat. Schließlich haben Anlagenbetreiber inzwischen erste Erfahrungen mit der Direktvermarktung, Regelenergievermarktung und Eigenstromnutzung gesammelt und bringen diesbezüglich eigene Vorstellungen über die Direktvermarktungsdienstleistungen ein.
 
Dabei lassen sich die Anlagenbetreiberinteressen vor allem über Ausschreibungen durchsetzen. So lässt sich über die Festlegung von Ausschreibungskriterien und die Auswahl eines begrenzten Bieterkreises eine interessengerechte Vorauswahl treffen. Dabei ermöglicht eine Mischung von wirtschaftlichen, rechtlichen und technischen Kriterien eine umfassende Bewertung und Vergleichbarkeit der Gebote. Zwar erfordert die Gestaltung und Auswertung einer derartigen Ausschreibung für Anlagenbetreiber regelmäßig die Inanspruchnahme externen Know-hows, die wirtschaftlichen Ergebnisse und der im Ausschreibungsverfahren gewonnene Marktüberblick kompensieren aber regelmäßig den hiermit verbundenen zusätzlichen Aufwand.
 
Nachdem die Vergütung des Direktvermarktungsdienstleisters bisher in der Regel auf eine Beteiligung an der Managementprämie beschränkt war, gerät mit abschmelzender Managementprämie zunehmend der Erlös aus der Direktvermarktung in den Fokus der Vergütungsverhandlungen. Dabei spielt vor allem auch eine Rolle, welche Vermarktungsarten und -strategien der Direktvermarkter verfolgt und inwieweit der Anlagenbetreiber Einblick in oder gar Kontrolle über die Vermarktungstätigkeit des Dienstleisters erlangt. Auch Nebenleistungen wie die Entschädigung des Anlagenbetreibers bei Regeleingriffen des Direktvermarkters und die Besicherung erlangen zunehmende wirtschaftliche Bedeutung. Gerade in Zeiten eines zunehmenden Wettbewerbs unter den Direktvermarktern ist auch das Ausfallrisiko gestiegen. Dabei werden Bürgschaften regelmäßig zu spät und für einen zu geringen Liefer- und Sanktionszeitraum vereinbart. Neben diesen wirtschaftlichen Kriterien ist die Qualität und Transparenz der Direktvermarktungsdienstleistung ein wesentliches Differenzierungsmerkmal. Voraussetzung hierfür ist vor allem eine genaue Regelung der Pflichten des Direktvermarktungsdienstleisters und eine vertragliche Sanktionierung von Pflichtverstößen über pauschalierte Schadensersatzansprüche, Vertragsstrafen, Zurückbehaltungs- und Sonderkündigungsrechte. Aber auch die Pflichten des Anlagenbetreibers, insbesondere in Bezug auf den Umfang von Meldepflichten, -fristen und -formen für Anlagenausfälle, können gerade für kleinere Anlagenbetreiber wichtige Differenzierungskriterien darstellen. Dabei gewinnt ein Anlagenbetreiber in der Ausschreibung regelmäßig einen guten Überblick, welche anlagenbetreiberfreundlichen Regelungen möglich sind, und kann dieses Wissen für die Nachverhandlung des ersten Standardangebots nutzen.
 
Die Vermarktung des Stroms aus EEG-Anlagen ist in hohem Maße von den politisch-gesetzlichen Rahmenbedingungen abhängig. Wie lange die aktuellen Gegebenheiten und die hiervon abhängigen Direktvermarktungsverträge noch Bestand haben, ist fraglich, wobei aber die Konzepte aller politischen Akteure eine Fortsetzung oder Stärkung des Instruments der Direktvermarktung vorsehen. Damit ist die Direktvermarktung voraussichtlich eine der wenigen Konstanten in der sich gravierend verändernden Welt der Erneuerbare-Energien-Förderung. Die Gewinnung von Erfahrungen mit Direktvermarktungsdienstleistern ist deshalb – über voraussichtlich kurzfristigere wirtschaftliche Aspekte hinaus – bereits heute von langfristiger strategischer Bedeutung. Mit umfassenden Direktvermarktungsdienstleistungen wie z. B. der Zusammenfassung von Eigenstromnutzung, Reserve- oder Zusatzstrombeschaffung und Überschussstromvermarktung oder lokaler Direktvermarktung werden bereits gegenwärtig zukunftsfähige Direktvermarktungsdienstleistungen für ein neues Marktdesign entwickelt. Direktvermarktungsdienstleister und Anlagenbetreiber, die angesichts härteren Wettbewerbs und neuer Marktbedingungen bestehen wollen, müssen sich deshalb bereits heute mit diesen Herausforderungen auseinandersetzen.

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Joachim Held

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