Erfolgreich investieren in der Schweiz

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zuletzt aktualisiert am 16. Juni 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten


 

 

​Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in der Schweiz ein?

Nach dem pandemiebedingten Einbruch hat sich die Schweizer Wirtschaft im Jahr 2022 weiter erholt. Das BIP entwickelte sich wie erwartet und die Arbeitslosenquote erreichte den tiefsten Wert seit 20 Jahren. Im Vergleich zu anderen Ländern hielt sich die Teuerung in Grenzen (rund 3,5 Prozent). Für das Jahr 2023 wird mit einem BIP-Wachstum von einem Prozent gerechnet. Das BIP im vierten Quartal 2022 lag bei 0 Prozent. Im ersten Quartal 2023 wurde ein Wert von 0,5 Prozent erreicht. Ein ähnliches Wachstum zeigen Italien und Spanien. 
 
Die Wertschöpfung in der chemisch-pharmazeutischen Industrie ging gegenüber den zwei letzten Quartalen um 0,6 Prozent zurück, blieb jedoch alles in allem auf hohem Niveau. Im verarbeitenden Gewerbe nahm die Wert­schöpfung um 0,3 Prozent zu. Die übrigen zur Industrie zählenden Branchen konnten erfreulicherweise eine Wertschöpfung von +0,8 Prozent verzeichnen – nach drei vorausgehenden negativen Quartalen. 
 
Im ersten Quartal 2023 verzeichneten sowohl der Bausektor (+0,8 Prozent) als auch die Energiebranche (+1,5 Prozent) einen Anstieg der Wertschöpfung. Die Transport- und Kommunikationsbranche wuchs mit 0,7 Prozent überdurchschnittlich. Es wurden wieder mehr Personentransporte registriert, nicht nur, aber insbesondere bei den Flugpassagieren. Durch die erhöhte Reisetätigkeit stieg auch die Wertschöpfung im Gastgewerbe (+1 Prozent). 
 
Der Handel verzeichnete insgesamt ein Wachstum von 2,1 Prozent. Die Umsätze im Food- und Non-Food-Bereich waren im ersten Quartal 2023 stabil, jene mit Treibstoffen rückläufig. Die Detailhändler haben insge­samt positive Erwartungen für die kommenden Monate. 
 
Im vierten Quartal 2022 lag das Wachstum im privaten Konsum bei 0,2 Prozent, im ersten Quartal 2023 stiegen die Ausgaben auf 0,6 Prozent. 
 
Deutlich mehr wurde für Gesundheit, Wohnen und Energie ausgegeben. Angestiegen sind ebenfalls Ausgaben für Restaurantbesuche und Beherbergung, was sich auf die erhöhte Wertschöpfung im Gastgewerbe zeigte.
 
Investitionen in der Baubranche sind auf tiefem Niveau, obwohl das Problem von Lieferengpässen zurückging, die Witterung günstig war und der Preisdruck abgenommen hat. Nach wie vor leidet die Baubranche an einem Fachkräftemangel, wodurch keine Steigerung der Bauaktivitäten zu erwarten ist, trotz guter Auftragslage. 
Sowohl die Warenexporte als auch die Warenimporte stiegen im ersten Quartal 2023 deutlich. Die Waren­ex­porte verzeichneten ein Plus von 5,5 Prozent, die Warenimporte wuchsen mit 5,4 Prozent. Zu Jahresbeginn betrug die Inflation bis zu 3,4 Prozent, aufgrund der höheren Stromtarife. Im April ging sie auf 2,6 Prozent zurück. 
 
Insbesondere im Bereich von Dienstleistungen hat die Teuerung zugelegt, d.h. es gab Preisanpassungen im Gastgewerbe, bei Pauschalreisen und Transportdienstleistungen.
 
Saisonbedingt nahm die Arbeitslosigkeit im ersten Quartal 2023 zu. Mit 1,9 Prozent sie ist jedoch nach wie vor auf einem sehr tiefen Niveau. 
    

Wie würden Sie das Investitionsklima in der Schweiz beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Die weltweiten Bestrebungen zur Bekämpfung des Klimawandels stellen eine gute Ausgangslage dar für Unter­nehmen im Bereich der Energie- und Umwelttechnik. Gefragt sind ebenfalls Produkte und Dienstleistungen im Bereich Infrastruktur und Ingenieurwesen. Potential bieten Unternehmen im Bereich Ausrüstung, wie in der EDV-Branche. Aufgrund der fortschreitenden digitalen Wirtschaft sind Produkte und Dienstleistungen nach wie vor gefragt. 
    

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in der Schweiz gegenüber?

Die Rekrutierung von Fachkräften stellt weiterhin eine Herausforderung dar. Die Zahl der jungen in den Arbeits­markt eintretenden Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen kann die Zahl der den Arbeitsmarkt verlassenden Personen aufgrund von Pensionierung nicht ausgleichen. Die Situation hat sich seit dem letzten Bericht noch­mals verschärft. Per Ende 2022 waren gemäss Zahlen des Bundesamts für Statistik mehr als 120.000 unbe­setzt. Betroffen sind insbesondere die Branchen der verarbeitenden Industrie, das Gesundheitswesen, das Gast- und Baugewerbe sowie der Bereich Informatik. 
  
Von erhöhten Preisen für Energie, Rohstoffe und Logistik ist die Schweiz ebenfalls betroffen. Auch die durch die Pandemie ausgelösten Unterbrüche in Produktions- und Lieferketten stellen nach wie vor eine Unsicherheit dar, welche durch den Ukraine-Krieg verschärft wurden. 
 
Deutschen Unternehmern, welche grenzüberschreitend tätig werden, empfehlen wir, sich frühzeitig mit dem Thema Bewilligungen (einschliesslich Meldepflicht) und sowohl Mindestlohnanforderungen als auch mit umsatzsteuerlichen Unterschieden zwischen der EU und dem Schweizer Zollgebiet (einschließlich Liechtenstein) auseinander zu setzen. 
 
Die Schweiz bietet Unternehmern nach wie vor interessante Möglichkeiten, weil die Wirtschaft aufgrund von Diversifizierung resilient ist.  
 

Die Schweiz ist in Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen zwischen den Efta-Staaten und Indien Weshalb sind Freihandelsabkommen für die Schweiz generell wichtig und weshalb Indien?

Für die Schweiz als rohstoffarmes Land ist das Exportgeschäft einer der wichtigsten Pfeiler der Wirtschaft. 
 
Das internationale Handelsumfeld hat sich über die letzten Jahrzehnte stark verändert. Der Protektionismus in Form von Straf- und Schutzzöllen, Exportbeschränkungen und sonstigen Handelshürden nimmt stetig zu. Für die Schweiz als kleines exportorientiertes Land, wird es immer schwieriger konkurrenzfähig zu bleiben. Schweizer Firmen haben durch die Frankenstärke auf dem Markt zu kämpfen.
 
Der Handel zwischen der EFTA und Indien belief sich im Jahr 2022 auf rund USD 6.5 Mio. Während den vergan­genen fünf Jahren nahmen die Importe aus Indien in die EFTA um 16,4 Prozent zu, die Exporte nach Indien erhöhten sich um 7,4 Prozent. Exportiert wurden insbesondere Maschinen und chemische Produkte. Auf der Import-Seite sind organische Chemikalien, Textilien und Metalle. 
 
Mit Abschluss des Abkommens werden Nachteile beseitigt, die aktuell gegenüber anderen Staaten bestehen, die bereits ein Abkommen mit Indien haben. 
 
Zuletzt trafen sich die Delegationen am 14. Mai 2023 in Brüssel. Sowohl die EFTA als auch Indien erhoffen sich neue Möglichkeiten für Unternehmen und Einzelpersonen, welche u.a. Handels- und Investitionsflüsse verstär­ken würden und beidseitig zu einem Wirtschaftswachstum führen könnte. 
 

Wie wird sich aus Ihrer Sicht die Schweiz weiterentwickeln?

Die Expertengruppe des Bundes prognostizierte für 2023 ein unterdurchschnittliches Wachstum von 1 Prozent. Die Entwicklungen im ersten Quartal bestätigen diese Einschätzung. 
 
Die Schweiz wird ihren bisherigen Kurs fortsetzen, indem sie die Zusammenarbeit mit bestehenden Handels­part­nern einerseits weiter vertieft und stärkt und andererseits neue Freihandelsabkommen verhandelt. Aktuell sind u.a. Verhandlungen mit Indien, Vietnam, Malaysia und der Republik Moldova am Laufen. 
 
Die EU ist und bleibt die wichtigste Handelspartnerin für die Schweiz. Insofern beeinflusst die wirtschaftliche Situation der EU-Länder auch den Wirtschaftsstandort Schweiz. Im Jahr 2021 machte das Handelsvolumen zwischen der Schweiz und der EU 51 Prozent am gesamten Schweizer Waren- und Dienstleistungshandel aus. Die Schweiz legt viel Wert auf diese Beziehung, weil ihr eine besondere Bedeutung zukommt. 
 
Die Schweiz bleibt ein interessanter Wirtschaftsstandort. Sie liegt geografisch im Zentrum von Europa, bietet gute Infrastrukturen, attraktive Steuersysteme und stabile politische Rahmenbedingungen für Unternehmen und verfügt über einen hohen Lebensstandard.

Kontakt

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Sebastian Repetz

Dipl. Wirtschaftsprüfer (Schweiz), Geschäftsführer Niederlassung Schweiz

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