Herkunftsnachweisverordnung – Neue Anforderungen für den Grünstromvertrieb und Wegbereiter für die EEG-Novelle 2014

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veröffentlicht am 1. März 2013

 

Von Joachim Held
  

Zum 01. Januar 2013 ist das neue Herkunftsnachweisregister (HKNR) mit einigen Anlaufschwierigkeiten in Betrieb gegangen. Scheitert die Stromkennzeichnung in der laufenden Nachweisperiode an einer fehlenden Funktionsfähigkeit des HKNR, sind erhebliche Schäden im Grünstromvertrieb zu erwarten. Grünstromvertriebe müssen deshalb jetzt ihre Vertriebskommunikation und Verträge an die neue Rechtslage anpassen, um die gesteigerten Risiken zu erfassen und möglichst weitgehend zu mindern. Dennoch ist schon jetzt absehbar, dass mit dem HKNR ein weitreichendes, qualitativ hochwertiges Nachweissystem geschaffen wurde, das über die Stromkennzeichnung hinaus sowohl im Grünstromhandel als auch bei der Fortentwicklung des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) zukünftig eine tragende Rolle spielen könnte. 
  
Die von der Kommission vorgeschlagene Fortentwicklung der europäischen Herkunftsnachweise für Strom aus Erneuerbaren Energien (sog. „guarantees of origin“) als Instrument eines einheitlichen europäischen Quoten- und Zertifikat-Fördersystems war einer der wesentlichen Streitpunkte der Novelle der Erneuerbaren Energien Richtlinie. Letztendlich setzten sich jedoch die nationalen Interessen der Einspeisevergütungs-Länder durch, indem die bisher weitgehend unbestimmte Funktion der Herkunftsnachweise mit der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie 2009/28/EG auf die Nachweisfunktion im Rahmen der Energiemixkennzeichnung beschränkt wurde. 
   
Der deutsche Gesetzgeber hat diese europäischen Vorgaben mit der Neufassung der Nachweispflicht für Grünstrom durch Herkunftsnachweise (§ 42 EnWG), der Definition des Herkunftsnachweises (§ 3 EEG 2011), der Einrichtung eines zentralen, elektronischen Herkunftsnachweisregisters beim Umweltbundesamt (UBA) (§ 55 EEG 2011) und der hierzu erlassenen Herkunftsnachweisverordnung (HKNV), Herkunftsnachweis- Durchführungsverordnung (HKNV-DV), Herkunftsnachweis- Gebührenverordnung (HKNVGebV) und den Bedingungen zur Nutzung des Herkunftsnachweisregisters (HKNR-Nutzungsbedingungen) unter erheblichem Zeitdruck eines drohenden Vertragsverletzungsverfahrens umgesetzt. Damit ist ein komplexer, umfangreicher Regulierungsrahmen für den Grünstromvertrieb entstanden: Stromvertriebe sind danach seit dem 01. Januar 2013 zur Ausweisung des Energieträger-Anteils aus „sonstigen Erneuerbaren Energien“ verpflichtet, ungeförderten Strom aus Erneuerbaren Energien durch die Entwertung von Herkunftsnachweisen bei dem zentralen Register nachzuweisen (§ 42 Abs. 5 Nr. 1 EnWG). Die neuen Nachweispflichten erfassen damit alle typischen Grünstromprodukte, für die bislang der Nachweis über die im Grünstrom-Großhandel oder für Grünstromlabel verwendeten EECS-Zertifikate ausreichend war.
 
Im Vergleich zu der bisherigen Rechtslage, insbesondere aber im Vergleich zu den niedrigeren Nachweisanforderungen für EEG-Strom, Import-Strom und Strom aus fossilen und nuklearen Energieträgern, schafft die neue Rechtslage damit einen erheblichen Mehraufwand für den Grünstromvertrieb. Dieser wird durch den – vorgeblich der Förderung des Grünstromabsatzes durch mehr Transparenz und Verbraucherinformation dienenden – Mehraufwand gegenüber fossilen Stromprodukten benachteiligt. 
 
Darüber hinaus schafft der Systemwechsel eine Vielzahl von Folgeproblemen: Zum einen muss die vertriebliche Kommunikation an die neue Rechtslage angepasst werden. Andernfalls drohen UWG-rechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren. Weiterhin müssen Beschaffenheitsvereinbarungen und -garantien in den Letztverbraucherverträgen, vor allem aber in den Grünstrom-Bezugsverträgen angepasst werden. Gerade ältere, langfristige Grünstrom-Import-Verträge knüpfen hier häufig noch an die inzwischen überholten, weitverbreiteten Zertifikate des Renewable Energy Certificate System (RECS) an. Dabei wird aufgrund der erheblichen IT-technischen Schwierigkeiten des HKNR, insbesondere bei der Anerkennung und elektronischen Übertragung ausländischer Herkunftsnachweise, damit gerechnet, dass sowohl die Stromkennzeichnung, vor allem aber die Übertragung von Herkunftsnachweisen als Nebenpflicht von Grünstromlieferpflichten, in der laufenden Nachweisperiode 2013 schwierig oder sogar scheitern werden. So musste die an sich zum 31. Januar 2013 ausgelaufene Registrierungspflicht für Stromerzeugungsanlagen bereits bis zum 31. März 2013 verlängert werden, da die Registrierung aufgrund IT-technischer Probleme zeitweise unmöglich war. 
   
Im HKNR ist die regenerative Erzeugungsqualität durch einen geschlossenen Lebenszyklus eines elektronischen Zertifikats nachzuweisen. Hierzu können EE-Anlagenbetreiber – teilweise unter Einbindung von Umweltgutachtern – die Ausstellung von Herkunftsnachweisen für eine bestimmte Menge Grünstrom beim UBA beantragen. Die Herkunftsnachweise können dann elektronisch auf die Konten anderer Marktteilnehmer übertragen werden, um von Energieversorgungsunternehmen bei der Belieferung von Letztverbrauchern durch Entwertung bei der Stromkennzeichnung verwendet zu werden. Dabei kommt den Netzbetreibern eine zentrale Funktion bei der Bereitstellung der Informationen über die Grünstromeinspeisung, die Direktvermarktungsart und -dauer und den Verbrauch des Grünstroms zu. 
  
Der deutsche Gesetzgeber ist mit dem neuen Herkunftsnachweisregistersystem weit über die europarechtlichen Vorgaben hinausgeschossen. Insbesondere erfordert das HKNR eine umfassende qualitative Differenzierung über die unterschiedlichen Umweltauswirkungen regenerativer Stromerzeugung und übertrifft damit den Differenzierungs-Mehrwert bestehender Zertifikats- und Grünstromlabelsysteme. Insofern wäre es naheliegend, die neuen Herkunftsnachweise auch im Grünstromhandel zu verwenden. Danach wäre es nur noch ein kleiner Schritt, die Herkunftsnachweise zur Ablösung des Einspeisevergütungssystems des EEG 2013 als Grundlage eines neuen Quoten- und Zertifikatehandelssystems verfügbar zu machen. Die aktuelle Gesetzesinitiative Sachsens weist bereits in diese Richtung. Damit hat die umfassende Ausgestaltung des HKNR durch das UBA unter Umständen doch – quasi durch die nationale, umweltschutzmotivierte Hintertür – den europäischen Bestrebungen zur Vereinheitlichung der EE-Förderung den Boden bereitet.

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Joachim Held

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