Rechte-Tasche-linke-Tasche oder europarechtliches Hütchenspiel: EuGH entscheidet zum Vorsteuerabzug auf BHKW-Investitionen

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Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Vorlagefrage gestellt, ob die in § 4 Nr. 13 UStG normierte Umsatzsteuerbefreiung der Lieferung von Wärme durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft an die Wohnungseigentümer mit der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vereinbar ist.

 

Der Vorlagefrage liegt die Klage einer Wohnungseigentümergemeinschaft gegen das Finanzamt vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg (Aktenzeichen 14 K 3709/16) zugrunde. Die Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaft, bestehend aus einer GmbH, einer staatlichen Behörde und einer Gemeinde, machte für das Jahr 2012 in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen Vorsteuerbeträge in Höhe von 19.765,17 € für die Anschaffung und den Betrieb eines Blockheizkraftwerkes auf ihrem Anwesen geltend. Der in dem Blockheizkraftwerk erzeugte Strom wird gegen Zahlung der gesetzlichen Vergütung und Förderung nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) in das Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist und vom Netzbetreiber weiter vermarktet. Dagegen wird die gleichzeitig vom BHKW erzeugte Wärme von der Wohnungseigentümergemeinschaft im Rahmen der miet- und WEG-rechtlichen Wärmelieferpflicht an die Wohnungseigentümer bzw. deren Mieter geliefert. Das Finanzamt akzeptierte in seinem Umsatzsteuerbescheid nur die Vorsteuerbeträge, die dem Anteil der vorsteuerbelasteten Kosten in Bezug auf die Stromerzeugung (28 %) entsprachen, nicht jedoch den Anteil, der auf die Wärmeproduktion (72 %) entfällt. Dagegen wandte sich die Wohnungseigentümergemeinschaft nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit einer entsprechenden Klage.


Zwar handelt es ich bei der Umsatzsteuer an sich um eine durchlaufende Position in der Wertschöpfungskette. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Empfänger der Leistung selbst umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze tätigt. Erbringt der Unternehmer hingegen nur teilweise umsatzsteuerpflichtige Ausgangsleistungen, so ist dessen Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 4 UStG entsprechend aufzuteilen. Aufgrund der Gewinnneutralität der WEG- und mietrechtlichen Nebenkostenabrechnung besteht für diesen Teilaspekt an sich kein wirtschaftlicher Unterschied, ob der Wohnungseigentümergemeinschaft ein Vorsteuerabzug zusteht oder nicht. Werden jedoch die Investitionskosten für eine Erzeugungsanlage über das Hausgeld oder die Grundmiete refinanziert, kommt der Vorsteuerabzugsberechtigung erhebliches Potential zu, sodass hier die Steuerlast zutreffend einkalkuliert werden muss.


Hat der Produzent – wie zum Beispiel für Miet- und Pachtzahlungen – keine Möglichkeit zum Vorsteuerabzug, so muss er seine Steuerbelastung entsprechend bei der Preiskalkulation seines Produktpreises – zum Beispiel beim Miet- oder Pachtzins – in Ansatz bringen. Hat er hier seine Steuerbelastung unzutreffend prognostiziert, entsteht ihm durch den verweigerten Vorsteuerabzug möglicherweise ein Schaden.

 

Ist § 4 Nr. 13 UstG mit dem Unionsrecht vereinbar?

Das Finanzamt vertritt den Standpunkt, dass aufgrund der Regelung in § 4 Nr. 13 UStG die Belieferung von Wärme an Wohnungseigentümer steuerfrei und deshalb kein Vorsteuerabzug möglich sei. Die Klägerin hingegen wendet ein, § 4 Nr. 13 UStG sei mit der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) nicht vereinbar und daher komme letzterer ein Anwendungsvorrang zu. Sie führt zur Begründung aus, dass die MwStSystRL keine Ermächtigungsgrundlage für die Steuerbefreiung in solchen Konstellationen enthalte. Das vorlegende Finanzgericht kommt in seiner Vorlage zu dem Schluss, dass die Entscheidung des EuGH über diese Frage entscheidungserheblich ist. Es hat erhebliche Zweifel daran, ob § 4 Nr. 13 UStG europarechtskonform ist. Denn ein Mitgliedstaat verstößt laut dem EuGH gegen Unionsrecht, wenn er eine vom Unionsrecht nicht gedeckte Steuerbefreiung einführt und beibehält.

 

Europarechtliches Hütchenspiel

Angesichts des offenen Streitstands in der Literatur und den wärme- und mietrechtlich anspruchsvollen Hintergründen ist kaum zu prognostizieren, wie der EuGH entscheiden wird. Damit gleicht das Verfahren einem europarechtlichen Hütchenspiel, bei dem die betroffene Wohnungseigentümergemeinschaft im Fall einer Ablehnung des Vorsteuerabzugs am Ende der Dumme sein könnte. Immobilienunternehmen als Vermieter und WEG-Verwalter als maßgebliche Akteure der Wohnungseigentümergemeinschaften sind deshalb gut beraten, den fehlenden Vorsteuerabzug für Wärmelieferungen und entsprechende Investitionskostenbestandteile konservativ anzunehmen. Denn sollte der EuGH doch den Vorsteuerabzug ermöglichen, lässt sich eine Senkung von Hausgeld oder Miete immer noch zur Zufriedenheit der Wohnungseigentümer und Mieter umsetzen.

 

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